Die Unterhändler von EU-Parlament und EU-Rat haben sich darauf geeinigt, dass künftig Barzahlung von Rechnungen über 10.000 Euro in der ganzen EU illegal sein soll. Das gesetzliche Zahlungsmittel, das von der Notenbank der Währungsunion herausgegeben wird, wird also teilweise für illegal erklärt, zugunsten des digitalen Geldes, das private Banken herausgeben.
Den Unterschied zwischen den beiden Geldarten und die Privilegien, die die Privatbanken zugeschanzt bekommen, habe ich vor genau zehn Jahren in einem meiner ersten Beiträge auf diesem Blog erklärt.
Eine Obergrenze von 10.000 Euro mag vielen sehr hoch und deshalb harmlos erscheinen. Wenn es dabei bleiben sollte und bliebe, wäre das vielleicht auch so. Aber das ist nur der Einstieg. In einem Papier von 2017, „The Macroeconomics of De-Cashing“, hat der Internationale Währungsfonds (IWF) das aufgeschrieben, in Form einer Anleitung für Regierungen, die das Bargeld beseitigen wollen, auch wenn ihre Bürger daran hängen.
Dort heißt es (in meiner Übersetzung):
„Die Behörden vieler Länder haben bereits erste Schritte unternommen, um Bargeldtransaktionen zu begrenzen. (…) Auch der Privatsektor scheint Bargeld am liebsten loswerden zu wollen.“
Und weiter hinten dann:
„Auch wenn einige Länder das Bargeld höchstwahrscheinlich in einigen Jahren weitgehend verdrängt haben werden, sollte der Übergang zum bargeldlosen Zahlungsverkehr in mehreren Schritten erfolgen. Der Prozess der Bargeldbeseitigung (de-cashing) könnte auf den ersten und weitgehend unumstrittenen Schritten aufbauen, wie z. B. der schrittweisen Abschaffung großer Banknotenstückelungen, der Festlegung von Obergrenzen für Bargeldtransaktionen und der Meldung von Bargeldbewegungen über die Grenzen hinweg. Weitere Schritte könnten die Schaffung wirtschaftlicher Anreize zur Verringerung der Verwendung von Bargeld bei Transaktionen, die Vereinfachung der Eröffnung und Verwendung übertragbarer Einlagen und die weitere Digitalisierung des Finanzsystems umfassen.“
Passend zu der nun beschlossenen einheitlichen Obergrenze in der EU empfiehlt das Papier:
„Koordinierte Bemühungen um das De-Cashing könnten dazu beitragen, die positiven Auswirkungen zu verstärken und potenzielle Kosten zu senken. Solche koordinierten Bemühungen sind insbesondere bei den Entscheidungen über die schrittweise Abschaffung von Banknoten in großen Stückelungen für alle wichtigen Währungen, über Obergrenzen und andere Beschränkungen für Bargeldtransaktionen wichtig. Für Währungsgebiete wäre eine einheitliche Bargeldabschaffungspolitik (decashing policy) eindeutig einer nationalen vorzuziehen.“
Dieses IWF-Papier war kein einmaliger Ausrutscher. In den Jahren danach haben der IWF und verschiedene Zentralbanken, einschließlich der Europäischen, noch mehrere solcher Papiere veröffentlicht.
Die in vielen EU-Ländern bereits eingeführten niedrigen Barzahlungsobergrenzen dürfen übrigens laut Ministerrat bestehen bleiben. Hakan von Holst hat in einem aktuellen Beitrag für Bargeldverbot,.info gezeigt, dass diese Länder jeweils mit einer hohen Obergrenze angefangen haben und diese dann nach und nach und zum Teil sehr weit abgesenkt haben. Ausnahmen wie Italien mit dem Wechsel zu einer bargeldfreundlichen Regierung, bestätigen die Regel. (Dieser Absatz am 3.2. eingefügt.)
Empfehlungen
Das Gute ist, dass die Ampelparteien, die so etwas mitmachen, ohnehin auf dem Weg in die (verdiente) Bedeutungslosigkeit sind. Die FDP hat zwar ein paar Leute wie Wolfgang Kubicki, die mit forschen Reden bargeld- und freiheitsaffine Wähler bespaßen dürfen, aber sie tun nichts. Ähnlich die CSU. Die Union hat in ihrer Regierungszeit genauso mitgemacht und von dem früheren Blackrock-Spitzenmanager Merz ist auch in Zukunft ganz sicher nichts anderes zu erwarten.
Briefe, Anrufe und E-Mails an die Abgeordneten könnten helfen, diese hinsichtlich ihrer Wiederwahl nervös zu machen. Viele haben ja Grund zur Nervosität.
Ansonsten hilft Barzahlen, wann immer es mit vertretbarem Aufwand geht, um die Bargeldverdrängung zu bremsen, bis hoffentlich irgendwann der politische Wind dreht. Das kommt durchaus vor. In Italien etwa hat eine neue Regierung die Barzahlungsobergrenze auf 2.000 Euro verdoppelt und verschiedene andere Anti-Bargeld-Maßnahmen beendet. Die Slowakei hat ein (leider eher schwaches) Recht auf Barzahlung in der Verfassung verankert, Norwegen die Annahme von Bargeld verpflichtend gemacht.