26. 11. 2020 | Die Regierungsparteien SPD und CDU dementieren, dass ihnen daran gelegen sein könnte, das Bargeld zurückzudrängen oder abzuschaffen. Die CSU geriert sich sogar als aktive Verteidigerin des Bargelds. Ende 2018 erklärte die Regierung, sie plane nicht, der Better Than Cash Alliance weiter Geld zu geben. Schon 2019 änderte sie stillschweigend ihre Pläne, wie sie nun bestätigt.
Am 24. Oktober 2018 antwortete die Bundesregierung auf eine kleine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Anton Friesen nach ihrem Verhältnis zur Better Than Cash Alliance (Besser-als-Bargeld-Allianz):
„Die Bundesregierung hat die „Better Than Cash Alliance“ in den Jahren 2016 – 2018 mit insgesamt 500.000 Euro (aus Mitteln des Einzelplans 23) unterstützt. Eine weiterführende Unterstützung ist derzeit nicht geplant.
Der Einzelplan 23 ist der des Entwicklungshilfeministeriums (BMZ).
Umso mehr wunderte ich mich, als ich kürzlich auf Twitter einen Dank der Better Than Cash Alliance an ihr „Kernmitglied“ @BMZ_Bund für die fortdauernde finanzielle Unterstützung sah. Ein Blick auf die Website der Better Than Cash Alliance und die dort aufgeführten neun oder zehn (je nach Zählweise) Funding Partners schien das zu bestätigen, was eigentlich nicht sein sollte. Gleich an zweiter Stelle, zwischen Gates Foundation und Mastercard ist das Entwicklungshilfeministerium aufgeführt, das ausgerechnet auch noch von der Pro-Bargeld-Partei CSU geführt wird.
Die Better Than Cash Alliance ist eine 2011/12 gegründete Organisation zur menschenfreundlich verbrämten Fortführung und Verbreiterung der Kampagne zur globalen Beseitigung des Bargelds. Bis 2010 hatten Mastercard und Visa diese Kampagne mit offen kommerzieller Motivation unter dem Stichwort „War on Cash“ geführt. Gründungsmitglieder waren neben den beiden Kreditkartenanbietern die Bill and Melinda Gates Foundation, das Omidyar Network, die US-Großbank Citigroup, das US-Außenministerium und der United Nations Capital Development Fund, der die Büroräume in New York zur Verfügung stellt und der Anti-Bargeld-Allianz so die Möglichkeit gibt, sich irreführend UN-basiert zu nennen – eine Möglichkeit, von der sie intensiven Gebrauch macht.
Aktuelles Motto auf der Webseite der Organisation ist: „Moving from cash to digital payments to improve peoples lives.“ (Von Bargeld zu digitalem Bezahlen umschwenken, um das Leben der Menschen zu verbessern.) Nutzung von Bargeld bedeutet also, dass das Leben der Menschen schlecht ist, wird hier suggeriert. Als die indische Regierung 2016 unter großem Applaus von Bill Gates und der Better Than Cash Alliance das Bargeld vorübergehend weitgehend abschaffte, haben die vielen armen Inder im Gegenteil erfahren, wie schlecht das Leben ohne Zugang zu Bargeld ist.
Etwas ausführlicher heißt es auf der Website:
„“We promote the transition from cash to digital payments in a way that improves lives and expands responsible digital financial services.“ (Wir fördern die Umstellung von Bargeld zu digitalem Bezahlen auf eine Weise, die das Leben der Menschen verbessert und verantwortungsvolle digitale Finanzdienste ausdehnt.“
Der Zusatz „verantwortungsvoll“, der seit einigen Jahren immer vor „digitales Bezahlen“ gesetzt wird, ist eine Reaktion darauf, dass die Ausweitung des digitalen Zahlens, verbunden mit teuren Finanzdienstleistungen, durch profitorientierte und oft skrupellose Unternehmen bisher weitaus mehr Menschen in noch tiefere Armut gestürzt als sie daraus befreit hat.
Der Name der „Besser-als-Bargeld-Allianz“ und verschiedene Aussagen ihrer Vertreter machen die vorrangige Absicht der Bargeldverdrängung sehr deutlich. So sagten auf dem „Forum Finanzielle Inklusion“, das 2015 vom US-Finanzministerium und USAID veranstaltet wurde, gleich drei Teilnehmer in leichter Abwandlung den Satz: „Bargeld ist unser Gegner, Bargeld wollen wir eliminieren.“ Es waren der Chef von PayPal, der Chef eines großen afrikanischen Telekom-Unternehmens und Königin Maxima der Niederlande, die UN-Beauftragte für Finanzielle Inklusion. Aber nach außen wird das Ziel „finanzielle Inklusion“ zur Armutsbekämpfung genannt.
Auf meine Anfrage bestätigte nun ein Sprecher des BMZ:
„Die Bundesregierung hat im Jahr 2019 beschlossen, die Better than Cash Alliance (BTCA ) im Jahr 2019 mit 200.000 Euro und im Jahr 2020 mit 200.000 Euro zu unterstützen und dies auch umgesetzt.
Das heißt, trotz der Verlautbarung der Regierung von Ende 2018, man plane keine weitere finanzielle Unterstützung wurde diese ohne Unterbrechung in etwa gleichem Volumen wie vorher fortgesetzt. Das Ministerium kommentierte dies sehr schnelle Planänderung nicht. Pläne können sich ja ändern, aber so ganz sauber sieht das in der zeitlichen Abfolge nicht aus. Mindestens lässt sich daraus schließen, dass der Regierung sehr bewusst ist, wie heikel und in der Bevölkerung unpopulär eine Finanzierung dieser zwielichtigen Organisation ist, und dass sie es in diesem Wissen trotzdem tut.
Der Ministeriumssprecher antwortete länglich, aber ebenfalls etwas ausweichend auf die Fragen:
„Die Better Than Cash Alliance hat das erklärte Ziel, die Bargeldnutzung weltweit zugunsten digitaler Bezahlverfahren zurückzudrängen. Verfolgt auch die Bundesregierung dieses Ziel?
Wenn nicht, warum unterstützt das BMZ die Better Than Cash Alliance?“
„Die Better than Cash Alliance (BTCA) hat zum Ziel, digitale Finanzdienstleistungen zu fördern, um damit die Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals – SDGs) zu unterstützen. Die BTCA berät ihre Mitglieder (u.a. Regierungen, Unternehmen) zur Nutzung der Potenziale digitaler Zahlungslösungen im jeweiligen Länder- oder Sektorkontext. Dies umfasst u.a. Forschungsarbeiten, Strategieentwicklungen und Beratungsleistungen bei der Umsetzung dieser. Zwischen 2011-2017 konnte die BTCA einen Beitrag dazu leisten, dass weltweit ca. 1,2 Milliarden Erwachsene erstmalig Zugang zu formellen Finanzdienstleistungen erhielten. Es gibt aber immer noch mehr als 1,7 Mrd. Menschen weltweit (ein Großteil davon Frauen), die derzeit keinen Zugang zu formellen Finanzdienstleistungen haben.
Die verantwortungsvolle Digitalisierung von Finanzdienstleistungen ist eine gute Möglichkeit, den Zugang zu Finanzdienstleistungen auch in entfernten Gegenden oder benachteiligten Bevölkerungsgruppen zu unterstützen. Das ermöglicht mehr soziale Absicherung und wirtschaftlicher Teilhabe. Dies wirkt sich auch förderlich auf Armutsreduzierung, Gleichberechtigung der Geschlechter, nachhaltige Wirtschaftsentwicklung aus und stärkt Agrarfinanzierung und Korruptionsbekämpfung (insbes. durch Vermeidung von Barzahlung staatlicher Leistungen). Die entwicklungsfördernder Wirkung von digitalen Zahlungen wird auch auf folgender Seite der BTCA beschrieben: https://www.betterthancash.org/why-digital-payments
Die Frage, ob auch die Bundesregierung das Ziel verfolgt, Bargeldnutzung zugunsten digitaler Bezahlverfahren zurückzudrängen bleibt ohne ausdrückliche Antwort. Ich lese die Antwort als ein implizites Ja.