Die Young Global Leaders des WEF von 2023 verbessern die Welt – diesmal bestimmt

Hören18. 03. 2023 | Die frisch zusammengestellte Klasse von 2023 der Young Global Leaders des Weltwirtschaftsforums (WEF) legt laut ihrem Anführer größeren Wert auf Sinnhaftigkeit ihres Tuns und einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft und die Umwelt als ihre Vorgänger. Sie werden die Welt nachhaltig verbessern, ist er sich sicher. Ein Blick auf diese bunte Elite-Truppe erlaubt ein recht sicheres Urteil, ob es diesmal klappen wird mit der Weltverbesserung.

In einem Beitrag auf der Netzseite des Weltwirtschaftsforums und beim kooptierten Magazin Forbes, äußert sich Wadia Ait Hamza, der Vorsitzende des Forum of Young Global Leaders des Weltwirtschaftsforums. Gleich zu Anfang seines Textes stößt man auf einen Widerspruch. Er beginnt mit:

„Wir leben in einer zunehmend turbulenten und polarisierten Welt, und inspirierte junge Führungskräfte, die dazu beitragen können, Gräben zu überbrücken und echte Veränderungen in der Welt herbeizuführen, werden heute mehr denn je gebraucht.“

Dann lernen wir, dass das Forum of Young Global Leaders (YGL) 2004 mit dem Ziel gegründet wurde, „die Welt bei der Bewältigung zunehmend komplexer und voneinander abhängiger Probleme zu unterstützen und:

„Fast 20 Jahre später arbeitet unsere vielfältige Gemeinschaft junger Führungskräfte immer noch daran, eine integrativere und nachhaltigere Zukunft über Grenzen und Sektoren hinweg zu gestalten.“

Seit fast 20 Jahren arbeiten also diese geförderten High-Potentials in hohen Ämtern daran, die Welt integrativer und nachhaltiger zu machen, nimmt man das Vorgängerprogramm Global Leaders of Tomorrow dazu, sind es sogar 30 Jahre, und das Weltwirtschaftsforum arbeitet sogar schon seit 50 Jahren (angeblich) an der Verbesserung der Welt. Und das Ergebnis ist, dass die Welt „zunehmend turbulent und polarisiert“ ist. Das wäre nicht gerade ein Erfolgsausweis, wenn man die Sonntagsreden der YGL und des WEF ernst nehmen wollte.

Vielleicht liegt es ja daran, wie Ali Hamza uns glauben machen will, dass die früheren Jahrgänge der YGL einfach nicht genug engagiert und am Gemeinschaftsinteresse orientiert waren. Dazu gehörten unter anderem Angela Merkel, Jens Spahn, Annalena Baerbock, Emmanuel Macron, Victor Orban und, wenn man Klaus Schwab glauben will, auch Vladimir Putin. Das glauben wir also gern, dass es da mit der Gemeinwohlorientierung hier und da haperte.

Weniger leicht fällt es zu glauben, dass die neue Generation ganz anders ist, und sie die Welt nun wirklich, echt, endlich besser machen wird, versprochen:

„Die neue Generation von Führungskräften unterscheidet sich stark von ihren Vorgängern, denn sie legen mehr Wert auf Sinnhaftigkeit und einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft und die Umwelt.“

Diese neue Generation wird endlich „alles tun was nötig ist, um die Welt besser zu machen“. Sie werden die alten und neuen Probleme der Welt erfolgreich angehen, also „die Lebenshaltungskostenkrise, soziale Unruhen und Handelskriege sowie der Krieg in der Ukraine, eine neue Ära niedrigen Wachstums, die rasche Entwicklung von Technologien mit doppeltem Verwendungszweck (zivil und militärisch) und die zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels“. Diese Probleme sollen gelöst werden, und zwar ausschließlich im Wege der öffentlich-privaten Partnerschaft (also im Sinne der Konzerne).

Was kann da schon schief gehen, außer dass das Weltwirtschaftsforum auch in einigen Jahren wieder besorgt feststellen wird, dass die gesellschaftliche Spaltung in arm (die Massen) und reich (die YGL oder ihre Freunde und Förderer) noch schlimmer geworden ist.

Aber mindestens die Diversität wird gefördert. Die meisten der YGL des Jahres 2023 sind weiblich, so jedenfalls der Eindruck ohne nachgezählt zu haben, und die Mehrheit ist nichtweiß. Das Weltwirtschaftsforum geht mit dem Zeitgeist. Ohnehin sinken die Möglichkeiten (halbwegs) junger weißer Männer rapide, etwas zu bewegen (im Sinne der Konzerne).

Bankmanger als Weltverbesserer

Die Liste der 2023 neu in das Elite-Förderpgrogramm aufgenommenen High-Potentials zeigt, in welchen Funktionen diese ihr starkes Streben, die drängendsten Probleme der Welt zu lösen, in die Tat umsetzen wollen. Es sind dies zum Beispiel:

  • CEO, ila Bank, Bahrain,
  • Chief Investment Officer, Alpha Capital, Saudi Arabien,
  • Partner, PricewaterhouseCoopers, VAE,
  • Executive Producer, Netflix, Ghana,
  • Chief Executive Officer, Börse Angola,
  • Executive Director,, East West Banking Corporation, Philippinen,
  • Editor-in-Chief, Asia Pacific, Vice News, Australien,
  • Managing Partner, Pictet & Cie, Schweiz,
  • Global Chief Investment Strategist, BlackRock, UK,
  • Chief Executive Officer, Wingcopter, Deutschland,
  • Head of Group Risks and Analytics, Swiss Re Management, Schweiz,
  • North Asia Head of Strategic Advisory and Private Asset Group, Credit Suisse, Hongkong,
  • Editor-in-Chief, Vogue China,
  • Managing Director for Latin America, Meta, Argentinien,
  • Chief Financial Officer, Grupo Mexico (Kupfer-Konzern),
  • Senior Vice President of Digital Partnerships, Retail & Commerce, Mastercard, USA,
  • Chief Investment Officer Emerging Markets Americas, UBS AG, USA,
  • Deputy Chief Executive Officer, Bridgewater Associates, USA,
  • Research Scientist and Quantum Electronics Engineer, Google, USA,
  • Senior Partner, McKinsey & Company, USA,
  • Chief Executive Officer Communications, Verizon Communications, USA,

Es mag sich geändert haben, aber als ich jung war, hatten die besonders engagierten jungen Menschen nicht das Ziel, vor dem vierzigsten Geburtstag Managing Direktor einer Bank, Senior Partner einer großen Wirtschaftsberatungsgesellschaft, oder Senior Vice President von Mastercard zu werden, weil sie darin die beste Gelegenheit sahen, die Welt besser zu machen. Solche jungen Leute waren vielmehr diejenigen, die außer intelligent auch sehr bis krankhaft ehrgeizig und geldgierig waren.

Penetration der Kabinette

In einem als Youtube-Video verfügbaren Podiumsgespräch an der Harvard Universität, wohl aus dem Jahr 2017, rühmt sich Klaus Schwab, dass das Weltwirtschaftsforum mit seinen Young Global Leaders die Kabinette, also die Regierungsmannschaften „penetriert“. Das leuchtet ein. Denn öffentlich-private Partnerschaften zu errichten, um die Agenda der Konzerne voranzubringen, geht viel besser, wenn auf beiden Seiten Menschen sind, die dem Weltwirtschaftsforum verpflichtet sind.

Im Jahr 2022 legte das Forum bei der Auswahl der YGL aus dem Regierungsbereich einen Schwerpunkt auf die Digitalisierungsministerien.

Das Weltwirtschaftsforum stellt seine neuen Einflussagenten vor – Schwerpunkt sind 2022 Digitalisierungsministerien
23. 04. 2022 | Der Chef des Weltwirtschaftsforums, Klaus Schwab, ist stolz auf die „Penetration“ der Regierungen, insbesondere der kanadischen. Mit der Klasse 2022 der Young Global Leaders fügt das Forum der Liste seiner Einflussagenten einen weiteren kanadischen Minister und gleich sechs Digitalisierungsminister hinzu. In Deutschland gehört seit 2020 die Außenministerin zu den Azubis der Großkonzernelobby.

In diesem Jahr geht es ihm offenbar stärker darum einen Fuß in die politischen Machtzentren möglichst vieler Regierungen zu bekommen. Diesmal gehören zum Programm:

  • Stellv. Kabinettssekretär im Weißen Haus, USA,
  • Generalsekretär im Büro des Staatschefs des Königreichs Marokko,
  • Chefjurist, Büro des Präsidenten, Ghana,
  • Außenminister, Mongolei,
  • Finanzminister der VAE,
  • Investitionsminister, Honduras,
  • Staatssekretär im Ministerium für Information und Kommunikation, Vietnam,
  • Prinz von Brunei,
  • Gouverneur, Nairobi City, Kenia,
  • Vizepräsident, Malaysian United Democratic Alliance, Malaysia,
  • Bürgermeister von Sarajevo, Bosnien-Herzegovina,
  • Mitglied der Knesset, Israel,
  • Kongressabgeordnete, Peru,
  • Yukon Regional Chief, Versammlung der Nationen (Ureinwohner), Kanada,
  • Bürgermeister von Cleveland, USA,
  • Mitglied des House of Commons, Kanada.

Weltverbesserer für das Feuilleton

Nun ist es allerdings ziemlich schwierig, herzerwärmende Geschichten darüber zu erzählen, wie ein Global Chief Investment Strategist von Blackrock oder ein Minister einer mittelalterlich-feudalistischen Monarchie ganz konkret die Welt verbessern und die Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich abbauen. Geschichten wie diese kann man über sie nicht schreiben:

„Victor Ochen wurde in einem Flüchtlingslager geboren und wuchs während des Bürgerkriegs in Uganda auf. Er gründete das African Youth Initiative Network, eine Menschenrechtsorganisation, die mehr als 21.000 Opfern von Vergewaltigung, Verstümmelung und anderer Gewalt während des Krieges wiederherstellende medizinische Versorgung und psychologische Hilfe angeboten hat.“

Deshalb ist in jedem Jahrgang auch eine Reihe von Menschen dabei, die tatsächlich sozial engagiert sind, oder sich als Künstler gut zum Geschichtenerzählen eignen. Diese Gruppen sind es fast ausschließlich, von denen uns auf den Netzseiten des Forums und auf den Podien erzählt wird und die dort zu Wort kommen.

Englische Version

Mehr

Davos bekommt endlich einen richtig schlechten Ruf, aber noch pilgern die Spitzenpolitiker hin
13. 01. 2023 | Am 16. Januar beginnt das Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums. Dutzende der wichtigsten Politiker und Chefs von internationalen Organisationen pilgern nach Davos, um den Herren des Geldes ihre Aufwartung zu machen. Doch die Zurschaustellung der wahren Machthierarchie kommt zunehmend in Verruf, wie das Bilderberg-Treffen zuvor.

Die Weltregierung der Konzerne im Spiegel des WEF-Kuratoriums
18. 12. 2022 | Die Global Governance ist ein sehr nebliges, kaum sichtbares Ding, das nur von Verschörungstheoretikern „Weltregierung“ genannt werden darf. Vor der Jahrestagung des World Economic Forum (WEF) in Davos hat die Großkonzernelobby nun den Blick auf ihr Kuratorium gelenkt. Im Spiegel dieser Namensliste wird die Struktur der Global Governance erkennbar.

Weltwirtschaftsforum, FTX, Ukraine: eine zu peinlich gewordene Verbindung
15. 11. 2022 | Die zusammengebrochene Kryptobörse FTX hat als Sammelstelle für Hilfsgelder in Kryptowährung für die Ukraine gedient. Manche vermuten auch, dass auf diesem Weg Geld für andere Empfänger gewaschen wurde. Durch den Zusammenbruch soll die Ukraine Milliarden Dollar verloren haben. Interessant ist, dass das zuständige ukrainische Digitalisierungsministerium und FTX beide eine enge Verbindung zum Weltwirtschaftsforum haben.

Print Friendly, PDF & Email