Die wichtigsten Strippenzieher der globalen Kampagne gegen das Bargeld

16. 08. 2018 | Hören | Im Jahr 2010 haben die Regierungen der 20 wirtschaftsstärksten Länder (G20) eine Globale Partnerschaft für finanzielle Inklusion (GPFI) gegründet. Finanzielle Inklusion ist, wie ich zeige, ein Tarnwort für Bargeldbeseitigung. Seit 2012 gibt es eine Better Than Cash Alliance, zu Deutsch: Besser-als-Bargeld-Allianz. Sie ist zentraler Umsetzungspartner der G20 Partnerschaft gegen das Bargeld. Kernmitglieder sind unter anderem die US-Kreditkartenanbieter Mastercard und Visa. Doch das Netzwerk der Bargeldfeinde hat noch einige Mitglieder und Knoten mehr.

Die Kampagnenmitglieder sprechen nicht von Bargeldbekämpfung, auch wenn sie das meinen, sondern von Förderung der finanziellen Inklusion oder Kampf gegen den finanziellen Ausschluss. „Finanziell Ausgeschlossene“, das sind die Bargeldnutzer. Das wird schnell deutlich, wenn man sich auf den Webseiten der Besser-als-Bargeld-Allianz und der Global Partnership for Financial Inclusion der G20 umtut.

Die handelnden Institutionen sind, in hierarchischer Ordnung von unten nach oben:

Ebene 5 Regierungen und Notenbanken

Bundesregierung und Bundesbank: Sie verteidigen öffentlich das Bargeld; arbeiten aber gleichzeitig im Hintergrund ohne erkennbaren Widerstand in Allianzen und Gruppen an der Abschaffung des Bargelds mit. Diese Gruppen sind u.a. Global Partnership for Financial Inclusion (GPFI) der G20, Financial Action Task Force (FATF) und die Alliance for Financial Inclusion. Regierung und Bundesbank setzen bargeldfeindliche internationale Standards im Inland um (siehe unten).

Regierungen armer Länder. Von ihnen haben Dutzende sich feierlich dem Ziel verschrieben, das Bargeld abzuschaffen. Damit sie das taten floss im Hintergrund Geld und wurde massiver Druck ausgeübt, insbesondere von den Institutionen der Ebene 4 und Ebene 3 (siehe unten).

Europäische Union: Die EU-Kommission hat sich früh dem Kampf gegen das Bargeld verschrieben und arbeitet im Hintergrund emsig daran. Die Europäische Zentralbank akzeptiert problemlos alle (europarechtswidrigen) Bargeldbegrenzungen, fördert bargeldloses Bezahlen und schaffte auf Anregung aus den USA (Larry Summers, Ken Rogoff) prompt den 500-Euro-Schein ab.

Ebene 4 Internationale Standardsetzer (Die Schattenmächte)

Financial Action Task Force (FATF): Informelles, extrem mächtiges Gremium aus Behörden- und Notenbankvertretern der wichtigsten Länder (auch Deutschland), das globale Standards für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung erlässt. Grundannahme dabei: von Bargeldnutzung geht die größte Gefahr aus und alle Finanztransaktionen müssen lückenlos überwacht und dauerhaft gespeichert werden. Ohne Beteiligung von Volksvertretern von den Standardsetzern erlassene „informelle“ Regeln werden wegen der Sanktionsmacht der FATF und Erpressung durch Weltbank und Internationalem Währungsfonds weltweit von fast allen Ländern fast eins zu eins umgesetzt und in nationale Gesetze oder EU-Regeln gegossen.

Baseler Ausschuss für Bankaufsicht und Ausschuss für Zahlungsverkehr und Marktinfrastruktur (CPMI): Zwei informelle und ebenfalls sehr mächtige Gremien aus Vertretern von Bankaufsichtsbehörden und Zentralbanken einiger wichtiger Länder (auch Deutschland), bzw. Zahlungsverkehrsexperten der Zentralbanken. Beide Ausschüsse sind angesiedelt bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel. Im Baseler Ausschuss werden die bargeldfeindlchen und extrem überwachungsfreundlichen FATF-Standards tief in die Regelbücher zur Bankaufsicht eingegraben, sodass die Parlamente nichts daran ändern können und nie Gelegenheit haben, darüber zu diskutieren. Im CPMI verabreden die Zentralbanker mit dem erklärten Ziel der Bargeldverdrängung kostenlose Infrastrukturen für den schnellen digitalen Zahlungsverkehr, damit dieser für alle Beteiligten schneller und billiger wird als der Bargeldverkehr, der gleichzeitig verteuert und unbequemer gemacht wird.

Ebene 3 Internationale, öffentlich-private Anti-Bargeld Allianzen

Better Than Cash Alliance, New York: Die US-Regierung bildete 2012 zusammen mit global führenden Großkonzernen der Branchen IT, Zahlungsverkehr und Banken, bzw. deren Stiftungen diese „Besser als Bargeld Allianz“. Ziel ist die Zurückdrängung des Bargelds und die verlässlichere Überwachung des digitalen Zahlungsverkehrs, vor allem durch (zwangsweise) Nutzung biometrisch-digitaler „Identitäten“ für Finanzgeschäfte.

Consultative Group to Assist the Poor (CGAP), Washington: Das ist eine ältere Gruppe, die sich sehr stark mit der Better Than Cash Alliance überschneidet, mit Weltbank statt der US-Behörde USAID als wichtigstem Mitglied. Ursprüngliches Ziel: Integration der Armen in armen Ländern in den formalen Finanzsektor durch Mikrokredite. Zielsetzung heute: Integration der Armen in den formalen Finanzsektor durch Zurückdrängung der Bargeldnutzung und Schaffung biometrisch-digitaler Identitäten für alle.

Alliance für Financial Inclusion (AFI), Kuala Lumpur: Von der Bill & Melinda Gates gegründetes und hauptsächlich finanziertes Netzwerk für Notenbanker armer Länder mit dem Ziel, deren Bürger in den formalen Finanzsektor einzugliedern. Die Bundesregierung ist einer von wenigen weiteren Geldgebern. Die bundeseigene Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit stellt das Sekretariat. 92 Länder machen mit, fast die gesamte noch nicht entwickelte Welt. Mitglieder werden ermutigt, sich auf das Ziel der Bargeldfreiheit zu verpflichten. Dafür bekommen sie Geld und technische Hilfe von US-Kreditkartenfirmen für den Ausbau des digitalen Zahlungsverkehrs.

Global Partnership for Financial Inclusion (GPFI) der G20: Auf US-Initiative gegründete, globale öffentlich-private Partnerschaft mit dem Ziel, mehr Menschen zur Nutzung formaler Finanzdienste zu bringen, insbesondere durch Zurückdrängung der Bargeldnutzung und Schaffung biometrisch-digitaler Identitäten. Die Bundesregierung ist Mitglied in diesem Anti-Bargeld-Club. Die CGAP hat die GPFI-Strategie geschrieben. Sie ist zusammen mit der Better Than Cash Alliance und der AFI Umsetzungspartnerin der GPFI. Konzerne mit großem Interesse an digitalem Zahlungsverkehr und biometrischen Bevölkerungsdatenbanken machen mit. Die internationalen Standardsetzer (Ebene 4) sind eingebunden und haben sich gegenüber der GPFI verpflichtet, ihre Standards bargeldfeindlich auszugestalten.

MM4P, ID4Africa, J-Pal, IPA u.v.m.: Weltbank, Gates Foundation und die übrigen Mitglieder der Anti-Bargeld-Bewegung managen oder unterstützen darüber hinaus noch eine Vielzahl von Initiativen wie Mobile Money for the Poor, die die Ausbreitung von mobilem Geld in armen Ländern fördern, ID for Africa, die die Erfassung aller Afrikaner in großen biometrischen Regierungsdatenbanken vorantreibt, sowie Dutzenden Instituten wie J-Pal und IPA an den führenden US-Universitäten. Letztere  bekommen sehr viel Geld dafür, dass sie Forschungsergebnisse hervorbringen, wonach die Verdrängung von Bargeld bei der Bekämpfung der Armut Wunder wirkt.

Ebene 2 Die Spinnen im Netz der Anti-Bargeld-Gruppen

Bill & Melinda Gates Foundation: Reichste Stiftung der Welt. Steuert allein die Alliance for Financial Inclusion und maßgeblich die Better Than Cash Alliance und die Consultative Group to Assist the Poor. Wichtige Rolle beim Ausbau des digitalen Zahlungsverkehrs und der (zwangsweisen) biometrischen Erfassung aller Bürger in Entwicklungs- und Schwellenländern, insbesondere auch in Indien, wo Bargeld zeitweise praktisch verboten wurde und die größte biometrische Datenbank der Welt aufgebaut wurde. Finanziert auch in vielen anderen Ländern entsprechende Initiativen.

Omidyar Network: Mischung aus Stiftung und kommerzieller Wagniskapitalfirma für Fintech des Gründers von PayPal-Mutter Ebay, Pierre Omidyar. Zusammen bei den meisten der in Ebene 3 genannten Gruppen als Mitglied oder Förderer dabei.

Weltbank und Internationaler Währungsfonds: Internationale Finanzorganisationen, gelenkt im Wesentlichen von der US-Regierung. Die Weltbank stellt das Sekretariat der CGAP und finanziert in großem Umfang die Einführung von Techniken der biometrisch-digitalen Erfassung und Überwachung der Bürger in armen Ländern. Sie sorgt zusammen mit dem IWF dafür, dass alle armen Länder die bargeldfeindlichen Standards umsetzen, die ein paar Dutzend reiche Länder in der informellen FATF beschlossen haben. Der IWF steuert gelegentlich machiavellistische Studien bei, die den Regierungen empfehlen, wie sie das Bargeld heimlich zurückdrängen können, ohne dass widerstrebende Bürger merken was gespielt wird.

MasterCard und Visa: Global führende US-Kreditkartenanbieter. Sie haben von 2005 bis ca. 2010 einen selbsterklärten kommerziellen „Krieg gegen das Bargeld“ geführt, bevor sie diesen Kampf als Mitglieder oder Partner von Better Than Cash Alliance, GPFI, CGAP und AFI weiterführten, umdeklariert zum Kampf gegen die Armut durch finanzielle Inklusion.

Citibank: Zeitweise weltgrößte Bank. Mitglied von CGAP und Better Than Cash Alliance. Förderin vieler Anti-Bargeld- und Pro-Überwachungsinitiativen. Prof. Wim Buiter eine der akademischen Galionsfiguren der Bargeldabschaffungsbewegung ist ihr Chefvolkswirt.

Ebene 1 Die Führungsmacht

Die US-Regierung (i.w.S. ) übt lenkenden Einfluss auf die allermeisten der obenstehenden Kampagnenmitglieder aus – meist direkt, manchmal indirekt, z.B. über die Weltbank. Im weiteren Sinne heißt hier, dass nicht die gegenwärtige Regierung gemeint ist, sondern der Apparat, der für Beständigkeit in der Wahrung von US-Interessen sorgt. Ihr erklärtes Interesse an Bargeldbeseitigung und biometrisch-digitaler Erfassung aller Weltbürger liegt in der Unterstützung der kommerziellen Interessen der beteiligten, global führenden US-Großkonzerne, in der Stärkung der Position des Dollars und der eigenen Sanktionsmacht und in der Ausdehnung der globalen Überwachung durch US-Geheimdienste zur Durchsetzung von US-Sicherheitsinteressen.

Wofür stehen Titel und Untertitel?

Wofür der Titel „Schönes neues Geld“ und der Untertitel „PayPal, WeChat, Amzon Go – Uns droht eine totalitäre Weltwährung“ stehen, habe ich in einem früheren Blogpost erläutert. Für alle, die es noch nicht gelesen haben, hier nochmal zum Abschluss die Kernpassagen.

Schönes neues Geld spielt auf die Schöne neue Welt von Aldous Huxley aus dem Jahr 1932 an, einen der einflussreichsten Science-Fiction-Romane des 20. Jahrhunderts. Fast alle sind glücklich in Huxleys schöner neuen Welt, in der eine wohlmeinende, technokratische Weltregierung alles so richtet, dass es keinen Streit, keine Unzufriedenheit und keine Revolution geben kann. Alle werden darauf konditioniert, mit ihrem Los und ihrem Platz in der Gesellschaft zufrieden zu sein, wenn nötig verdummt, auf Konsum und Genuss getrimmt und freizügig mit stimmungsaufhellenden Drogen versorgt. Eigenständiges Denken und Handeln ist darin nur für die oberste Schicht der Entscheidungsträger vorgesehen. Man muss statt der frühkindlichen, chemischen und suggestiven Konditionierung in Huxleys Utopie nur Facebook  und Cambridge-Analytica denken, und schon passt es auf heute.

Huxley hat seinem Roman ein Zitat des russischen Philosophen Nikolai Bordjajev vorangestellt:

„Utopien sind verwirklichbar. Das Leben strebt ihnen entgegen. Aber vielleicht wird ein neues Jahrhundert kommen, in dem Intellektuelle darüber nachdenken, wie man Utopien verhindern kann, und zu einer nicht-utopischen Gesellschaft zurückkehren, weniger perfekt und dafür freier.

Im Vorwort für eine Neuauflage schrieb Huxley 1949:

„Alles in allem sieht es ganz so aus, als wäre uns Utopia viel näher, als irgendjemand es sich vor nur fünfzehn Jahren hätte vorstellen können. Damals verlegte ich diese Utopie sechshundert Jahre in die Zukunft. Heute scheint es durchaus möglich, dass uns dieser Schrecken binnen eines einzigen Jahrhunderts auf den Hals kommt.

Huxley lag bemerkenswert gut mit dieser Prognose. 2032 scheint nach gegenwärtigen Trends kein unerreichbares Datum für seine Utopie. Ganz offenkundig ist das 21. Jahrhundert dasjenige, in dem wir verhindern müssen, dass eine bereits in Umrissen erkennbare Utopie zur Wirklichkeit gemacht wird. Welche das ist, soll der Untertitel andeuten.

Paypal wird darin aufgeführt, weil das Unternehmen Marktführer beim Zahlungsverkehr im Onlinegeschäft ist, weil Paypal-Chef Dan Schulman als Kronzeuge fungiert, der uns beschreibt, wie und warum wir „ins System“ gebracht werden sollen, und weil am Beispiel von dem was Paypal mit unseren Daten macht, beschrieben wird, was es bedeutet, in diesem System zu sein.

WeChat ist die chinesische Social-Media- und Bezahl-App mit über einer Milliarde Kunden. Sie arbeitet eng mit der chinesischen Regierung beim Aufbau eines totalitären Sozialpunktesystems zusammen in dem alles was jeder Chinese und jede Chinesin tut, aufgezeichnet, bewertet und belohnt oder bestraft wird.

Amazon Go  heißt das kassenlose Ladengeschäft des Mega-Konzerns Amazon, in dem alles an Überwachungstechnik eingesetzt wird, was es gibt, um jede Bewegung jedes Eintretenden so genau zu bewachen, dass die Abrechnung automatisiert geschehen kann. Die Technik vermarktet Amazon auch an Polizeibehörden. Ich zeige, dass die heraufziehende Pay-as-you-Go-Bezahlwelt, für die Amazon Go ein besonders gruseliges Beispiel ist, auf dem gleichen Totalüberwachungsprinzip beruht wie das chinesische Sozialpunktesystem und sich in gleicher Weise totalitär einsetzen lässt.

Die totalitäre Weltwährung, die uns droht, ist der Amazon-Dollar. Das kann der normale US-Dollar sein, nur statt von den US-Banken von Amazon hergestellt und weltweit verbreitet. Es kann aber auch eine eigene Amazon-Währung sein.

Totalitär wird die Weltwährung, wenn es der Besser-als-Bargeld-Allianz gelingt ihr erklärtes Ziel zu erreichen, Bargeld weltweit zu beseitigen und allen bis ins hinterste Dorf in Malawi oder Pakistan eine biometrisch unterlegte Nummer zuzuweisen, die sie eindeutig und automatisierbar identifiziert – bei allem, was sie tun. Diese Besser-als-Bargeld-Allianz ist keine Erfindung (einfach Better Than Cash Alliance in die Suchmaschine tippen). Sie besteht im Kern aus US-Regierung, großen US-Banken und Kreditkartenunternehmen und den großen US-Digitalkonzernen. Sie hat die G20-Gruppe der größten Industrienationen für ihrer Kampagne eingespannt, uns unentrinnbar ins System zu bringen. Verborgen wird das nur hinter einem dünnen Schleier aus schönfärberischen Tarnbegriffen wie „finanzielle Inklusion“, „Recht auf digitale Identität“, Geldwäsche- und Terrorbekämpfung.

[16.8.2018]

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