Von seinem Hoch bei 893 am 14.1.2021 war der Siebentages-Durchschnitt der täglichen Todesfälle bis 7. April – völlig unbeeindruckt vom starken Anstieg der PCR-Meldeinzidenz seit Mitte Februar -auf 158 pro Tag zurückgegangen. Vermutlich wurde der Rückgang durch Meldeverzögerungen an Ostern (2.-5. April) verlängert und verstärkt. Von 8.4. bis 13.4. stieg der Durchschnitt vermutlich verstärkt durch Nachmeldungen bis 13.4. auf 240 und verharrte dort am 14.4. Es folgten vier Tage Rückgang bis auf 220 am Sonntag 18.4, danach ein leichtes Auf und Ab und ein Wert von 237 am Sonntag 25.4.
Mitte Januar waren viermal so viele Menschen pro Tag an oder mit Covid gestorben. Dagegen liegt die Anzahl der gemeldeten PCR-Positiven bereits wieder bei vier Fünfteln des Hochs zu Weihnachten. Entweder die Krankheit ist viel weniger tödlich geworden, oder die steigende Anzahl der Positiven ist überwiegend eine Folge der stark erhöhten Anzahl von Test, einschließlich Schnelltests und Selbsttests.
Irreführende Beurteilung durch des RKI
Wie jeden Dienstag enthält der tägliche Situationsbericht des RKI am 20.4. gegen Ende einen aktualisierten Wochenvergleich der Sterbefälle an oder mit Corona. Auf der Grafik ist deutlich ein starker Rückgang dieser Sterbefälle seit Jahresanfang bis zur 15 Woche (Mitte April) zu beobachten, ganz im Gegensatz zur 3. Meldeinzidenzwelle. Dort hinten bei der Grafik wird das auch kurz im Text erwähnt. Irgendwelche Bedeutung kommt dem für das RKI aber offenbar nicht zu, denn vorne bei der „Zusammenfassung der aktuellen Lage“ steht nichts dazu. Dort heißt es einleitend:
„Das RKI schätzt aufgrund der anhaltend hohen Fallzahlen und des aktuell beschleunigten Wiederanstiegs der Inzidenz die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein.“
In der ganzen ziemlich ausführlichen Zusammenfassung ist kein Wort über den Trend der Sterbefälle enthalten. Lediglich eine Sterbefallzahl des Vortags wird ohne Kontext berichtet. Ansonsten erfahren wir in der Zusammenfassung von neuen Fällen, Fällen je 100.000 Einwohnern, regionaler Verteilung dieser Meldeinzidenz auf Länder- und auf Kreisebene, Meldeinzidenz nach Alter, Meldeinzidenz-Schwerpunkte, Intensivpatienten und Neuaufnahmen, sowie Impfungen. Aber eben kein beurteilendes Wort zu der inzwischen sehr niedrigen Sterblichkeit der laut PCR-Tests angeblich Infizierten.
Wie gesagt, ich will nicht behaupten, dass es ausschließlich hierauf ankomme. Aber diese Entwicklung – außer ganz kurz, ganz hinten – überhaupt nicht in den Blick zu nehmen, und dafür jede mögliche Zerlegung einer im zeitlichen Vergleich völlig verzerrten Melde-Inzidenz breit auszuwalzen und zum alleinigen Maßstab der Gefährdungsbeurteilung zu nehmen, ist bewusste Irreführung der Öffentlichkeit im Amt.
Was ist mit dem Intensivbetten-Notstand?
Ständig hört man Klagen, auch der Intensivmediziner und Intensivmediziner-Funktionäre darüber, dass man mit der Versorgung von Covid-Patienten am Limit sei und bald Triage drohe, also dass manche nicht mehr behandelt werden können. Ich habe dem nie richtig getraut und sehe mich durch einen sehr erhellenden Beitrag eines (anonymen) Arztes auf reitschuster.de bestätigt.
Lage auf Intensivstationen: „Die Klagen der Spitzenmediziner sind getrost zu ignorieren“
Es bleibt allerdings die Feststellung, dass die Anzahl der Patienten auf Intensivstationen steigt, auch der beatmeten Intensivpatienten. Könnte ersteres noch leicht damit erklärt werden, dass Krankenhäuser freie Intensivbetten mit Covid-Patienten belegen, weil das vielleicht sehr lukrativ ist, auch wenn es nicht unbedingt nötig wäre, so hoffe ich doch, dass niemand beatmet wird, der das nicht unbedingt braucht. Das deutet doch auf so etwa wie eine dritte Welle hin.
Es soll niemand sagen, man hätte nicht wissen können, dass die massive Testausweitung durch Schnell- und Selbsttests zu einem kräftigen Anstieg der sogenannten Inzidenz führen würde, und dass man mit einer Lockdown-Politik, die sich stur nach Melde-Inzidenzwerten ohne Berücksichtigung der Testanzahl richtet, den Dauerlockdown unausweichlich gemacht hat. Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass das nicht Absicht gewesen sein könnte, das war zu offensichtlich und wird schon zu lange diskutiert.
Mit Schnelltests droht die deutsche Corona-Politik vollends in den Wahnsinn abzugleiten
Schockierend ist, mit welcher Kaltschnäuzigkeit RKI und Tagesschau es hinnehmen, wie sie den letzten Rest von Glaubwürdigkeit verlieren. Mehr als eine Woche lang nach Ostern betonten beide, die sogenannte Inzidenz wäre nach unten verzerrt, weil über Ostern weniger getestet worden sei. Aber als die Tests ausgeweitet wurden, haben sie immer behauptet, die Inzidenz werde dadurch nicht nennenswert verzerrt. Da müssen doch irgendwann selbst die gutwilligsten Zeugen Coronas vom Glauben abfallen.
Die Sterblichkeit lag unterdessen bis Kalenderwoche 13 (Anfang April) etwa auf dem Niveau des um diese Jahreszeit Üblichen.
Trotz 3. Welle: Sterbefälle Anfang April 6% unter Vorjahren, im März 11% weniger
Quelle für die Statistik der Todesfälle ist der täglich aktualisierte Bericht von ntv.de „Epidemie-Lage in Deutschland Alle Daten, alle Fakten zum Coronavirus„. Als Quellen sind dort Behörden der Länder und RKI angegeben. Werte der letzten Tage werden manchmal nach oben revidiert. Ich will mich keinesfalls für die Quelle verbürgen. Es wäre Aufgabe des RKI und der Regierung die Öffentlichkeit über diesen zentralen Aspekt der Gesundheitslage in der Pandemie zu informieren und die Bedeutung einzuordnen. Sie tun es nicht. Nur deshalb will ich wenigstens zur Verbreitung der Grundinformation beitragen.
Das RKI schrieb am 18.3. zur Zeitverzögerung der Todesfälle:
„Zeit von Symptombeginn bis zum Tod in einer multinationalen Fallserie wird die mittlere Dauer (Median) von Symptombeginn bis zum Tod mit 18 Tagen (173) und in einer Übersichtsarbeit mit 16 Tagen angeben (174). Während der ersten COVID-19-Welle in Deutschland betrug diese Zeitspanne im Mittel (Median) 11 Tage (166).“
Wir sollten also von eineinhalb bis zweieinhalb Wochen Nachlauf der Todesfälle gegenüber Symptombeginn bei Erkrankten rechnen. Bei einigen unsymptomatisch positiv Getesteten könnten noch wenige Tage dazukommen, sodass man drei Woche als Obergrenze des Nachlaufs ansehen darf.
Die 7-Tage-Meldeinzidenz steigt seit etwa dem 19.2., kräftig wurde der Anstieg ab 1.3. Ausgehend vom ersten Datum hätte man einen Anstieg der Sterbefälle an und mit Covid vor Mitte März sehen sollen, ausgehend vom zweiten Datum spätestens ab 22.3.
Anmerkung: Ich schreibe von sogenannter Inzidenz oder Meldeinzidenz, weil Inzidenz eigentlich das Vorkommen einer Krankheit in der Bevölkerung bezeichnet, während das, was wir als sogenannte Inzidenz präsentiert bekommen das Vorkommen der Krankheit in einer variablen Grundgesamtheit Getesteter ist.