Bundestag sucht Experten für Bargeldbeseitigung

6. 02. 2020 Für sein Projekt „Welt ohne Bargeld“ schreibt ein Bundestagsausschuss ein Gutachten aus, das helfen soll, den Weg dorthin zu ebnen und die Bevölkerung von ihrer „Bargeld-Obsession“ zu befreien. …

Das Projekt heißt ausführlich „Welt ohne Bargeld – Veränderungen der klassischen Banken- und Bezahlsysteme“.

Treiber ist der Bundestagsausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Er hat sich für dieses Projekt mit dem Beratungsunternehmen VDI/VDE-IT zusammengetan, das seit September „neue Anwendungsfelder disruptiver, innovativer Bezahlsysteme“ beschreiben darf, wobei die “Vorreiter in der Abschaffung des Bargelds“ wie Schweden die Vorbilder sein sollen. VDI/VDE-IT wird vom Ingenieursverband VDI und der IT-Lobby VDE, getragen, dem Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik. Diese Lobby der IT-Unternehmen darf auch das Vorgehen des Ausschusses bei seinem Projekt konzipieren.

Mehr zu dem Projekt „Welt ohne Bargeld“ finden Sie in meinem Blogbeitrag von Mai 2019: „Wie der Bundestag mit der IT-Lobby an der „Welt ohne Bargeld“ arbeitet“

Wie der Bundestag mit der IT-Lobby an der „Welt ohne Bargeld“ arbeitet

Nun schreibt der Ausschuss ein Gutachten aus, mit dem ein Experte darlegen soll, dass Sorgen wegen eines Missbrauchs bargeldloser Zahlungsmittel übertrieben sind, und dass es bargeldlose Zahlungsmittel gibt, die die Privatsphäre der Nutzer wahren.

Ganz so deutlich steht das in der Ausschreibung natürlich nicht, aber zwischen den Zeilen wird schon klar, welche Art von Experte gesucht wird, und wie das Ergebnis aussehen soll.

So heißt etwa der erste Satz der Darstellung des „thematischen Hintergrunds“:

„Deutschland wird häufig als das »Bargeldland« bezeichnet, das Internetportal Bloomberg sprach 2018 sogar von einer fortwährenden Bargeld-Obsession.

Diese mehr als ein wenig tendenziöse Einleitung wird dann mit vorgeblichen Tatsachen belegt, vor allem mit der Behauptung, dass „die Bargeldnutzung in Deutschland weiterhin überdurchschnittlich ist“. Das gilt allenfalls, wenn man eine passend ausgesuchte Vergleichsgruppe wählt, keinesfalls aber bei einem unbeschränkten internationalen Vergleich. Dadurch, dass diese vermeintlich überdurchschnittliche Bargeldnutzung als Problem, ja als Obsession dargestellt wird, wird das gewünschte Ergebnis der Untersuchung vorgegeben.

Das gewünschte Ergebnis wird auch deutlich, wenn bei der Sicherheitsthematik der Auftrag gegeben wird, auszuarbeiten, „wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines Missbrauchs bargeldloser Zahlungsmittel tatsächlich ist (in der Realität im Unterschied zu Laborbedingungen), der durch betrügerische Vorgehensweisen wie Diebstahl von Kartendaten, Skimming, Phishing und Datenauslesen verursacht werden könnte.“ Dabei wird dem Gutachter gleich noch vorgegeben, gebührend zu berücksichtigen, dass das Sicherheitsniveau durch technische und regulatorische Standards und Neuerungen erhöht wird.

Die Experten der IT-Lobby, zum Beispiel des VDI/VDE-IT dürften erheblich bessere Chancen haben, diesen Auftrag zu bekommen, als zum Beispiel die Wissenschaftler, die für die Bundesbank Gutachten über die Vorteile des Bargelds verfasst haben.

Wir lassen uns natürlich gern eines Besseren belehren. Schließlich behaupten ja alle im Bundestag vertretenen Parteien nach außen, dass sie keineswegs etwas gegen das Bargeld hätten und nicht an seiner Abschaffung interessiert seien. Das gilt sogar für die Parteien, die die Regierung tragen, welche der Better Than Cash Alliance Geld gegeben hat und in der Anti-Bargeld-Allianz der G20 mit dem Tarnnamen Global Partnership for Financial Inclusion zusammen mit dieser Better Than Cash Alliance an der globalen Bargeldzurückdrängung arbeitet.

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