Bayerische Sparkassen sollen Bargeldlosigkeit fördern

11. 02. 2021 | Die CSU legt sich öffentlich für das Bargeld ins Zeug. Sie regiert in Bayern, wo das Sparkassengesetz den Instituten vorschreibt, die Bargeldlosigkeit zu fördern. Und sie stellt den Entwicklungshilfeminister, der dafür verantwortlich ist, dass die Bundesregierung seit 2015 ein Finanzier der Anti-Bargeld-Verschwörertruppe Better Than Cash Alliance ist.

Es war dem bayerischen Finanzministerium am 3. Februar eine Presseerklärung wert, dass Minister Albert Füracker sich bei der Auftaktveranstaltung der Hanns-Seidel-Stiftung „Bargeld und Einlagen – quo vadis?“ klar gegen Initiativen zur Einschränkung von Bargeldzahlungen ausgesprochen habe. Er sagte:

„Wir kämpfen dafür, dass Bargeld erhalten bleibt. Unsere Bürgerinnen und Bürger müssen selbst entscheiden dürfen, wie sie bezahlen möchten.“

Gut gebrüllt, Löwe!

Allerdings sollte Füracker, wenn er es ernst meint, ein richtig ernstes Wort mit seinem Parteikollegen und Bundesentwicklungshilfeminister Müller reden, der ein regelmäßiger finanzieller und ideeller Unterstützer eines der einflussreichsten Agitatoren gegen das Bargeld ist, der Better Than Cash Alliance.

Die Bundesregierung finanziert den Kampf der Better Than Cash Alliance gegen das Bargeld weiter

Und die bayerische Regierung selbst sollte sich alsbald daran machen, das bayerische Sparkassengesetz zu ändern. Dort heißt es nämlich in Artikel 2 bei der Aufgabenstellung der Sparkassen:

„Sie haben durch geeignete Einrichtungen den Sparsinn der Bevölkerung zu pflegen und den bargeldlosen Zahlungsverkehr in jeder Weise zu fördern.“

Das ist unmissverständlich. „In jeder Weise“ sollen die bayerischen Sparkassen dafür sorgen, dass weniger bar und mehr digital bezahlt wird. Sparkassen gehören ja gern zu den Vorreitern, wenn es darum geht, Bargelddienste zu verteuern und einzuschränken und stolz Kooperationen mit irgendwelchen amerikanischen Internetgiganten zu verkünden. So erklärt sich vielleicht manches.

Ich erbat Auskunft von der bayerischen Regierung darüber, seit wann es diese Vorschrift gibt und ob das bedeute, dass Bargeld in Bayern von Gesetzes wegen als minderwertig und Barzahlen als unerwünscht betrachtet werde.

Das Innenministerium antwortete schnell und aufrichtig. Eine Sprecherin teilte mir mit, dass diese Vorschrift historisch bedingt sei und schon im Bayerischen Sparkassengesetz vom 1. Oktober 1956 enthalten war, als der bargeldlose Zahlungsverkehr noch in seinen Anfängen war. „Seinerzeit war die Einführung der bargeldlosen Lohn- und Gehaltszahlung ein wichtiger Schritt zur kreditwirtschaftlichen Integration der bundesdeutschen Arbeitnehmerhaushalte.“

Weiter heißt es in der Antwort:

„Der gesetzliche Auftrag, den bargeldlosen Zahlungsverkehr zu fördern, bedeutet nicht zugleich eine Benachteiligung oder „Missachtung“ des Bargelds. Wir halten vielmehr Bargeld weiterhin für unverzichtbar. Für die Nutzung von Bargeld sprechen insbesondere die Unabhängigkeit von technischen Geräten sowie der Schutz von persönlichen Daten.“

Mir wird allerdings nicht ganz klar aus der Antwort, warum der Auftrag, „in jeder Weise“ zu fördern, dass ohne Bargeld bezahlt wird, nicht bedeuten soll, dass Bargeld zurückgedrängt und damit benachteiligt werden soll. Bargeld ist zwar eine Sache und kann deshalb streng genommen nicht benachteiligt werden. Aber diejenigen, die gern bar zahlen wollen, werden schon benachteiligt, wenn alles was mit Bargeld zu tun hat teurer und unattraktiver gemacht wird, wie es ja unter tätiger Mithilfe der Sparkassen geschieht.

Zugegeben: Auch ich bin froh, dass ich mein Gehalt auf das Konto überwiesen bekomme und nicht in einer Lohntüte, dass ich meine Rechnungen durch Überweisung bezahlen kann. Aber das haben wir schon seit einem halben Jahrhundert. Die Zeiten haben sich geändert. Jetzt ist es nötig, die Möglichkeit der Nutzung von Bargeld zu fördern und zu erhalten, aus Gründen, die das bayerische Finanzministerium ganz gut zusammenfasst.

Wenn die CSU und die Bayerische Regierung es also ernst meinen mit dem Kampf für das Bargeld, sollten sie  das Sparkassengesetz in dieser Frage schnell reformieren und bei der Gelegenheit hineinschreiben, dass die Sparkassen die Bargeldversorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft günstig, komfortabel und kundennah sicherzustellen haben. Die Sparkassengesetze werden alle Nase lang geändert. Es hätte schon oft die Gelegenheit gegeben, die Vorschrift aus den 50er-Jahren zu streichen und man kann das jederzeit nachholen.

Für die Zukunftsperspektiven der Sparkassen wäre das ohnehin erheblich besser. Es scheint fast von Todessehnsucht zu zeugen, wie sich die Sparkassen den US-IT-Konzernen und Fintechs an den Hals werfen. Was denken sie sich denn, wie sie in einer bargeldlosen Welt ihre bisherigen Kundinnen halten wollen, wenn diese die digitalen Finanzdienstleistungen besser und billiger von eben jenen IT-Konzernen und Fintechs bekommen können, mit denen die Sparkassen kooperieren.

Diese hassen das Bargeld, weil alles was analog und bar stattfindet, nicht von irgendeinem Computer im Silicon Valley aus gesteuert werden kann, sondern physische Präsenz vor Ort erfordert. Hier liegt die langfristige Funktion und Überlebenschance der Sparkassen, nicht in der selbstmörderischen Beseitigung von Bargeld aus kurzfristigem Kostensparkalkül.

In den Sparkassengesetzen von Baden-Württemberg, NRW, Hessen, Schleswig-Holstein und Thüringen konnte ich kein Mandat zur Förderung der Bargeldlosigkeit finden, was aber nicht heißt, dass die dortigen Sparkassen bargeldfreundlicher agieren würden. Teilweise ist der Auftrag zur Förderung der Bargeldlosigkeit auch eine Ebene höher verankert, bei den Sparkassen- und Giroverbänden. So gehört zu den satzungsmäßigen Aufgaben des schleswig-holsteinischen Verbands unter §6 die „Förderung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs“.

Was kann man tun

Schreiben Sie dem bayerischen Finanzminister und fragen Sie ihn, wie sich sein Kampf für das Bargeld mit dem Fortbestand des Auftrags an die Sparkassen zur Förderung der Bargeldlosigkeit verträgt.

Schreiben Sie an ihre Wahlkreisabgeordneten und fordern sie zu einer Gesetzesinitiative auf, die die Sparkassen zur Sicherstellung günstiger Bargelddienstleistungen verpflichtet und alle öffentlichen Stellen, Restaurants und Ladengeschäfte zur Akzeptanz von Bargeld verpflichtet.

Schreiben Sie gegebenenfalls ihrer Sparkasse und protestieren Sie, gegen Einschränkungen der Bargelddienste und hohe Kosten für Bargelddienstleistungen.

Machen Sie mit bei der #BargeldChallenge, zahlen Sie künftig mehr bar und werben Sie dafür, dass andere mitmachen – in persönlichen Gesprächen, über die sozialen Medien, Rundbriefe, Vorträge oder Leserbriefe. Sorgen wir dafür, dass keine weitere Abnahme der Bargeldnutzung vermeldet wird, sondern eine Zunahme.

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Dossier zur Kampagne gegen das Bargeld

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