Wie die Regierung mit ihrer Definition von „geimpft“ die Öffentlichkeit täuscht

6. 10. 2021 | Sei geimpft und Du darfst in jede Veranstaltung, auch ohne Test. Das sagen die 2G- und 3G-Regeln, die die Bundesregierung mit einer „COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung“ unterfüttert hat. Um kein Augenmerk darauf zu lenken, dass auch Geimpfte erkranken und infektiös werden können, und den Impfanreiz nicht zu reduzieren, wird „geimpft“ in der Verordnung ausgesprochen eigenwillig definiert.

Mit ihrer „Verordnung zur Regelung von Erleichterungen und Ausnahmen von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19“ hat die Bundesregierung im Mai die Grundlage für die seither für den Zutritt zu öffentlichen Einrichtungen und Veranstaltungen geltenden 3G- oder 2G-Regeln geschaffen. Danach erhalten nur Geimpfte, Genesene und Getestete, oder nur die ersten beiden dieser drei Gruppen Zugang. Wir wollen im Folgenden zur sprachlichen Vereinfachung die zahlenmäßig nicht große Gruppe der (anerkannt) Genesenen ausblenden.

So wie die einschlägigen Paragraphen der Verordnung abgefasst sind, würde man denken, es gilt:

  • Geimpfte gelten als sicher vor Ansteckung und sind so gut wie nie ansteckend.
  • Geimpfte brauchen sich deshalb nicht testen zu lassen, um öffentliche Einrichtungen oder Veranstaltungen zu besuchen,
  • Geimpfte werden deshalb bei Teilnehmerbeschränkungen von Veranstaltungen nicht gezählt und
  • für Veranstaltungen und Einrichtungen, zu denen nur Geimpfte und Genesene Zutritt haben, gelten deshalb die meisten Corona-Beschränkungen nicht.

So wird das, wie vom Verordnungsgeber offenkundig gewünscht, von den Medien auch praktisch ausnahmslos dargestellt. Beides ist aber falsch, wenn man ein normales Verständnis von „geimpft“ zugrundelegt, wonach (vollständig) geimpft ist, wer die vorgeschriebene Anzahl Impfungen erhalten hat.

Die Verordnung enthält nämlich versteckt am Ende von §1, der mit „Zweck der Vorordnung“ überschrieben ist eine Einschränkung:

„Die in dieser Verordnung vorgesehenen Erleichterungen und Ausnahmen gelten nicht für Personen, die typische Symptome einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 aufweisen oder, bei denen eine aktuelle Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 nachgewiesen ist.“

Und in §2 „Begriffsbestimmungen“ gibt es dazu passend eine eigenwillige Definition von „geimpfter Person“:

„Im Sinne dieser Verordnung ist eine geimpfte Person eine asymptomatische Person, die im Besitz eines auf sie ausgestellten Impfnachweises ist.“

Sobald man also Symptome einer Corona-Infektion aufweist, ist man nicht mehr „geimpft“ im Sinne dieser Verordnung und erfüllt keines der G-Kriterien mehr.

Einschränkung wird ignoriert

Ein das 2G-Konzept anwendender Veranstalter oder Einrichtungsbetreiber müsste eigentlich nachprüfen, ob die Einlassbegehrenden die Definitionen von Geimpft und Genesen erfüllen, also keine Symptome von Covid zeigen. Das könnten Sie zum Beispiel durch kontaktloses Fiebermessen tun.

Hierauf wird, mit erkennbarer Billigung des Verordnungsgebers und der zuständigen Länder verzichtet, wohl um die schöne Illusion in der Bevölkerung aufrecht zu halten, dass man als geimpfte Person sicher vor Ansteckung ist und um die Zugangsprivilegien von Geimpften nicht zu beschneiden. Die Zugangsbeschränkungen sollen ja auch einen Anreiz bieten, sich impfen zu lassen, um so generell ohne Test die Ausnahmen in Anspruch nehmen zu können.

Sachgerecht ist das nicht. Bei Nichtgeimpften wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass sie vorsymptomatisch infektiös oder gar symptomfreie Superspreader sein könnten. Damit wird das ganze Test- und Zugangsbeschränkungsregime für symptomlose, also gesunde Menschen begründet. Bei Geimpften wird dagegen so getan, als ob es Infektiosität in den Tagen vor Auftreten von Symptomen nicht gäbe und symptomfrei Infektiöse auch nicht. Eine wissenschaftliche Begründung hierfür ist nicht bekannt.

Gleichzeitig wird die Tatsache, dass die Ausnahmen von Zugangsbeschränkungen nur für symptomlose Geimpfte gelten, so gut aus der Öffentlichkeit herausgehalten, dass sie weder den Geimpften selbst, noch denen, die mit ihnen in Kontakt kommen, noch den Veranstaltern bewusst ist.

Regelung zum Quarantäne-Lohnersatz fragwürdig

In §10 der Verordnung heißt es:

„Sofern auf Grund der Vorschriften des fünften Abschnitts des Infektionsschutzgesetzes erlassenes Landesrecht eine Pflicht zur Absonderung vorsieht, gilt diese Pflicht nicht für geimpfte Personen und genesene Personen.“

Diese Ausnahme von Quarantänepflichten für Geimpfte ist Rechtfertigung – oder besser Vorwand – für die zur Steigerung des Impfdrucks erlassenen Regelungen, wonach Nichtgeimpfte, die in Quarantäne müssen, keinen Lohnersatz mehr bekommen.

Menschen die geimpft sind, und sich mit Covid anstecken und Symptome zeigen, müssen aber sehr wohl in Quarantäne, weil sie dann im Sinne dieser Verordnung nicht mehr als „geimpfte Personen“ gelten. Trotzdem bekommen sie ihren Verdienstausfall für die gesamte Quartantänezeit ersetzt, auch wenn sie nur zwei Tage krankgeschrieben sind.

Bei den dauerhaft symptomlosen, nach menschlichem Ermessen Gesunden, sind die Geimpften tatsächlich im Vorteil, weil ihnen die Quarantäne erspart wird, während gesunde Nichtgeimpfte längere Zeit in Quarantäne müssen. Gerechtfertigt wird das mit der sehr kleinen Wahrscheinlichkeit, dass ein dauerhaft symptomloser Mensch, der Kontakt mit einem Corona-Positiven hatte, doch infektiös sein könnte. Das beißt sich damit, dass bei den G-Regeln der Verordnungsgeber die inzwischen vielfach wissenschaftlich nachgewiesene Möglichkeit ignoriert, dass manch Geimpfter mit Kontakt zu Corona-Positiven vorsymptomatisch infektiös sein könnte.

Print Friendly, PDF & Email