Leserbrief eines Vereinsvorsitzenden zu ehrenamtlicher Ausgrenzung und 4 weitere Zuschriften

23. 11. 2021 | Ergänzung 24. 11. | Herzlichen Dank für Ihren wunderbaren Artikel bzgl. Ehrenamt. Ich bin Vorsitzender eines Sportvereins und beschäftige mich mit genau diesen Gedanken schon seit Wochen und Monaten. Nun scheint der Moment gekommen zu sein, …

… wo mit 2G ordentliche Vereinsmitglieder ausgeschlossen werden sollen, sofern sie sich nicht einem medizinischen Eingriff unterziehen. Das ist für mich ebenfalls untragbar und bringt auch rechtliche Fragen mit sich (zb die Gemeinnützigkeit).

Es gibt an der Stelle zwei Lösungen: Entweder man versucht es mit „zivilem Ungehorsam“, und versucht die Vorstände und Übungsleiter davon zu überzeugen, dass es nicht vertretbar ist, Menschen deswegen auszugrenzen.

Aber es gibt zu viele, die stramm auf Linie sind. In Dorfvereinen mag das vielleicht noch funktionieren, aber in größeren Vereinen ist das wohl nicht möglich. Ein Denunziant reicht, und man steht mit einem Bein im Knast.

Dann bleibt nur die von Ihnen dargelegte Möglichkeit des „Hinwerfens“. Damit zerstört man sein eigenes Werk, für das man über Jahre hinweg so viel Zeit und Herzblut investiert hat. Aber offensichtlich ist diese Gesellschaft schon so kaputt, dass sie es nicht anders verdient und versteht. Es muss noch viel mehr kaputt gehen, noch schlimmer werden, bevor es wieder besser wird.

Vermutlich ist jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen, die Zerstörung durch Aufgeben von gerne ausgeübten Ehrenämtern selbst mit zu befeuern, um so wenigstens noch ein paar Menschen aufzuwecken, bevor es ganz zu spät ist.

Danke für ihren tollen Artikel, der es zu 100% auf den Punkt bringt.

Konspiratives Tischtennis

Guten Tag, Herr Häring,

ich lese Ihre Beiträge schon viele Jahre. Diesmal bietet es sich für
mich an, auch mal Informationen an Sie zu geben.

Auch ich bin seit fast 30 Jahren Übungsleiter für Volleyball. Nach der Einführung von 3G wollte ich bei der Ausgrenzung nicht länger mitmachen und habe den Posten im Oktober an den Nagel gehängt, zumal ich selbst ja als Ungeimpfter keinen Zutritt zur Sporthalle habe. Mit mir sind noch weitere Sportfreunde ausgetreten, übrigens sogar ein Geimpfter, aus Solidarität. Der Sport fehlte mir sehr. Und ich hatte die gleichen Gefühle dabei, wie Sie beschieben haben. Nun habe ich eine private Tischtennisgruppe gegründet. Wir trainieren konspirativ. Was ist das für ein Land!

Ich war außerdem aktiver Blutspender. Daher habe ich mich beim DRK
erkundigt, welche Voraussetzungen jetzt zum Betreten des
Blutspendezentrums gelten, 2G, 3G, …. Denn es ist ja ein geschlossener Raum. Die Antwort: keine Einschränkungen, außer einer OP-Maske. Wenn man will geht es also. Trotzdem habe ich mich entschlossen, die Tätigkeit aus Protest ruhen zu lassen. Ich weiß, das hilft keinem weiter.

Freundliche Grüße, Dr. Jürgen Nagel

Weniger einsam

Lieber Dr. Häring

der (obige) Leserbrief endet mit: „Ich weiß, das hilft keinem weiter.“

Dazu will ich schreiben: Doch!! Es hilft – sehr sogar! All denen, die sich zunehmend isoliert fühlen, hilft es, sich ein wenig weniger einsam zu fühlen. Danke! – für diese Zuschriften! Danke! – Ihnen, Herr Dr. Häring, für deren Veröffentlichung!

Dazu fällt mir noch ein Gedanke aus meiner Studienzeit (1970er Jahre) ein, als wir uns um die dritte Welt (so nannten wir es damals) gesorgt haben: „Die Knoten eines Netzes bilden auch ohne voneinander zu wissen ein Netz!“ Der Gedanke hat uns damals beflügelt und getröstet. Heute würde ich ergänzen: Wenn wir doch voneinander wissen, gibt das Kraft und stärkt das Rückgrat. Danke!

Viele Grüße aus Karlsruhe, Sebastian Rentsch

Passiven Widerstand leisten

Sehr geehrter Herr Häring,

meine Hochachtung vor diesem Beitrag! Sie haben Recht, daß der Druck auf Ungeimpfte stetig steigt, mit der nachdrücklichen „Bitte“ seitens der Bundesregierung, doch aus „solidarischen Gründen“ etwas für „seine Mitmenschen“ zu tun.

Ich kann Ihnen aber mitteilen, daß es selbst unter Menschen, die sich für die „Impfung“ entschieden haben, Solidaritäts-Bekundungen gibt, weil auch sie die dubiosen Maßnahmen, die nun ergriffen werden, für absurd und menschenfeindlich halten.

Ich bin nicht ehrenamtlich tätig; dies könnte ich auch als Vollzeitkraft in Wechselschicht nicht. Wenn ich denn aber als ein solcher Funktionär genötigt würde, Menschen auszugrenzen, so täte ich dies ganz bewußt nicht! Vielmehr bliebe ich in dieser Funktion, um mehr Menschen „reinzubringen“, in Form vom passiven, zivilen Widerstand. Natürlich hat dies genau dann Grenzen, wenn man aufgrund dessen persönliche Nachteile oder gar Repressionen erleidet. Der Selbstschutz geht immer vor. (…) Ich danke Ihnen für Ihre unermüdliche Arbeit! Bleiben Sie bitte so, wie Sie sind!

Herzliche Grüße, Michael

Meine Antwort

Leider ist diese Form des passiven Widerstands nicht erfolgversprechend. Im Vereinssport zum Beispiel kommen sofort die Leute und beschweren sich, wenn nicht geimpfte Menschen nicht korrekt ausgegrenzt werden. Und dann steht man sehr schnell mit einem Bein im Gefängnis, wenn man nicht mitmacht.

Zurück- und ausgetreten

Lieber Herr Häring,

ich habe nun heute den Austritt aus meinem Verein, sowohl als Übungsleiterin als auch als Mitglied vollzogen. Die Ausgrenzung von Vereinsmitgliedern kann und werde ich nicht unterstützen.

Mir wurde von Mitgliedern meiner Abteilung geantwortet, dass ja nun der Verein nichts dafür könne, man müsse sich ja schließlich an die Vorschriften halten. Eine weitere Diskussion meinerseits hatte sich damit erübrigt, denn wenn das Argument, dass man nicht aktiv an der Ausgrenzung (von wem auch immer: männlich, weiblich, schwarz, weiß, schwul, lesbisch, alt, jung oder-um die Neusprechbezeichnungen hinzuzufügen: geimpft, nicht geimpft) von Menschen beteiligt sein möchte, nicht ausreicht, dann hat es in meinen Augen auch wenig Sinn, seine Zeit weiter zu verplempern.

Ich gehe davon aus, dass einige unseren Beispielen folgen werden. Ein Freund von mir hat meinen Rücktrittstext weitergereicht und wurde direkt gefragt, ob dieser verwendet werden dürfe, denn die Leserin, eine Übungsleiterin, darf seit heute „ihre“ Halle nicht mehr betreten.

Auch wenn es weh tut, alte Pfade zu verlassen, die man vermutlich nie wieder betritt,so ergeben sich doch auch oder sogar gerade in dieser Zeit neue Freundschaften. Und eventuell halten die den Rest des Lebens-wer weiß 🙂

Viele Grüße, Isa

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Wird gegebenenfalls um weiter Zuschriften ergänzt

Ehrenamtliche müssen bei der aggressiven Ausgrenzung einer Minderheit nicht mitmachen

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