Google und Microsoft dürfen erst New York, dann die Welt nach ihrem Geschmack umgestalten

18. 05. 2020 | Der ehemalige Chef von Google, Eric Schmidt, und der ehemalige Chef von Microsoft, Bill Gates, sind aus der US-amerikanischen und zum Teil weltweiten Politik seit langem kaum noch wegzudenken. Nun bestimmen sie maßgeblich über die Seuchen- und Technologiepolitik der USA und der westlichen Welt. Das Ergebnis ist eine IT-konforme Gesellschaft.

Der Nationale Sicherheitsrat für künstliche Intelligenz der US-Regierung (NSCAI), geleitet von Eric Schmidt, beklagte im letzten Jahr in einer Präsentation, dass China die USA bald bei der Nutzung von künstlicher Intelligenz und in der Folge auch geopolitischer Macht überflügeln werde. Und zwar weil die Digitalfirmen der USA von Datenschutzregeln und zu gut funktionierenden analogen Lösungen in ihrer Entwicklung gehemmt würden.

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Zu dem was Google und Microsoft schon lange gerne stärker digitalisieren würden, um ihre künstliche Intelligenz mit ähnlich viel Daten trainieren zu können wie chinesische Großkonzerne, gehört das Gesundheits- und das Schulwesen. Google ist außerdem stark bei den sogenannten Smart Cities engagiert, musste dabei jedoch herbe Rückschläge einstecken, weil die Bürger die schöne neue Welt der totalüberwachten, ferngesteuerten Städte eher als Bedrohung denn als Verheißung sahen.

Doch das ist nun Vergangenheit, wie Naomi Klein, die führende kritische Expertin für Schocktherapie von widerstrebenden Gesellschaften, in The Intercept darlegt.

Am 8. Mai verkündete der Bürgermeister der Corona-geplagten Metropole New York, Adrew Cuomo, freudestrahlend zusammen mit dem per Video zugeschalteten Eric Schmidt, dass dieser eine Kommission leiten werde, die New York für die Nach-Corona-Zeit „neu erfindet“. In jeden Bereich des täglichen Lebens soll die digitale Technologie integriert werden. „Unsere ersten Prioritäten heißen Tele-Gesundheit und Fernlernen und Breitbandanschlüsse“, kündigte er an.

Erst am Vortag hatte Cuomo eine Partnerschaft mit der Bill & Melinda Gates Foundation verkündet, um ein „klügeres“ Bildungssystem zu entwickeln. Die Pandemie habe eine Situation geschaffen, freute er sich, die es möglich mache, Gates visionäre Ideen wahr zu machen. „Wozu all diese Gebäude, all diese physischen Klassenzimmer, wo wir doch diese Technologie haben“, fragte er rhetorisch. Was spielt es da für eine Rolle, dass die meisten Studien bisher zu dem Ergebnis kommen, dass digitales Lernen nicht gut funktioniert.

Unsere ersten Prioritäten heißen Tele-Gesundheit und Fernlernen und Breitbandanschlüsse.

Für Google ist das ein schöner Erfolg, nachdem das teure Projekt, die Waterfront von Toronto mit ganz vielen Sensoren und Kameras zur Vorzeige-Smart-Citiy zu machen, jüngst wegen Bürgerprotesten gegen die Überwachungsaspekte dieses Projekts eingestellt werden musste.

Es ist auch noch nicht lange her, dass Amazon seinen Plan aufgeben musste, in New York ein zweites Hauptquartier aufzubauen, weil die New Yorker ihren Unmut gegen den verhassten Konzern auf die Straße trugen. Präsidentschaftskandidaten der Demokraten versuchten mit unterschiedlich aggressiven Vorschlägen zur Entmachtung oder Aufspaltung von Big Tech zu punkten. Die Beschäftigten von Google rebellierten erfolgreich gegen militärische Aktivitäten des Konzerns in Zusammenarbeit mit der Regierung. Die Wettbewerbskontrolleure in Europa rückten den Konzernen immer mehr auf den Pelz.

Nun sind sie die große und scheinbar einzige Hoffnung auf eine gedeihliche Zukunft und werden hofiert und protegiert, beileibe nicht nur in New York. Nein, wie ich jüngst schon beschrieben habe, haben das die G20 für alle wichtigen Industriestaaten und Schwellenländer zum gemeinsamen Programm erhoben. Welch ein Segen, dieses Corona.

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