Leserbriefe zu „Was hilft gegen die gelenkte Demokratie“

Meine kurze Antwort und die Replik zweier Leser am Ende.

Sehr geehrter Herr Häring,

als regelmäßiger Leser ihres Blogs hat mit der o.g. Artikel zum Nachdenken gebracht und ich kann nicht anders, als Ihnen hiermit meine Überlegungen zu übermitteln. Ich bin selbst Publizist, ich hoffe Sie verzeihen meine wortreiche Einlassung.

Was hilft alle Theorie?

Das perfekte — oder auch nur im demokratischen Sinne hinreichende — Gesellschaftssystem gibt es nicht, denn jedes System ist nur so gut, wie die Menschen, die es führen.

Um diese Aussage bestätigen zu können, genügt es, sich schon einmal aktiv in einem beliebigen Verein eingebracht zu haben. Bereits in dörflichen Sportvereinen lassen sich Muster identifizieren, die sich umso mehr verstärken und verselbstständigen, je größer die betrachtete demokratisch organisierte Struktur ist.

Menschen sind in Gruppen, Vereinen, Verbänden, etc. bis schließlich hin zu „Nationen“ bzw. „Staaten“ zusammen geschlossen, weil sie entweder durch ein gemeinsames Hobby, gemeinsame Interessen, oder durch ein mehr oder weniger stark ausgeprägtes Element von Zusammengehörigkeit aufgrund anderer identitätsstiftender Merkmale verbunden sind. All diesen Erscheinungen ist gemein, dass die Individuen mehrheitlich von Eigeninteressen getrieben werden.

Menschen begeistern sich für das Fußballspiel und möchten in ihrer Freizeit diesem Sport nachgehen. Dazu bedarf es ab einem gewissen Anspruch an die Spielqualität notwendigerweise der Mitgliedschaft in einem Fußballverein, denn er stellt die Trainingsstätte und das Spielfeld zur Verfügung, fungiert als Sammelstelle für Gleichgesinnte und organisiert einen ordentlichen Spielbetrieb mit anderen Mannschaften. Selbst im Jugend- und Breitensport erfordert ein so scheinbar banales Hobby erheblichen Finanz- und Organisationsaufwand für Infrastruktur, Logistik, Instandhaltung, Personal, Planung und Verwaltung. Diese Aufgaben werden klassisch von der demokratisch gewählten Vorstandschaft übernommen. So weit so gut.

Nun ist es regelmäßig der Fall, dass das normale, an Funktionärsposten nicht interessierte Mitglied, an all den Aufgaben und Problemen im Hintergrund im Detail nicht sonderlich interessiert ist. Hauptversammlungen, bei denen die Vorstandschaft Rechenschaft ablegt, seine Pläne verlautbart und um entweder Entlastung oder weiteres Vertrauen bittet, bringt man anstandshalber hinter sich, tut ab und an seine Meinung kund, aber belässt es ansonsten bei einem gemütlichen Beisammensein. Man will, dass „es funktioniert“, dass „der Laden läuft“ und alles im Großen und Ganzen so bleibt wie es ist, so dass man weiterhin unbehelligt seinem Hobby nachgehen kann.

Dieses „Desinteresse“ ist normal. Der Großteil der (zahlenden) Mitglieder in einem Sportverein tritt diesem bei, weil sie den Sport ausüben möchten, und nicht, weil sie sich neben ihrer regulären Arbeit noch zusätzliche Arbeit aufbürden möchten. Lediglich die Funktionäre übernehmen ihre Aufgaben aufgrund mannigfaltiger Motive – vom puren Idealismus über die persönliche Egopflege bis hin zum wirtschaftlichen oder politischen Eigennutzen. Es sei dahin gestellt.

Der Punkt ist, dass das Leben in einer durch irgendwelche Identitäten verbundenen Gemeinschaft, angefangen vom Fußball- oder Kleingartenverein bis hin zur Staatsbürgerschaft, in erster und dominierender Hinsicht vom Eigeninteresse geprägt ist. Man möchte einfach nur Fußball spielen und benötigt dazu notwendigerweise einen Verein. Man ist Bürger und man hat ein Leben zu meistern, aber man ist dazu notwendigerweise auch in ein Staatswesen eingebettet.

Bleiben wir beim Beispiel des Fußballvereins. Das normale Mitglied hat kein aktives Interesse am organisatorischen Hintergrundrauschen, das ihm erst die Ausübung seiner Leidenschaft ermöglicht. Man möchte, dass die Dinge geregelt werden und zahlt dafür auch mehr oder weniger gerne seinen Mitgliedsbeitrag. Man bringt Wortmeldungen umso aktiver in Vereinsentscheidungen ein, je mehr man direkt davon betroffen ist. In der Regel sind dies kleinteilige Detailfragen, z.B. nach Trainingszeiten bzw. Platzbelegungen der Mannschaften der jeweiligen Altersgruppen. Je weiter die Vereinspolitik vom direkten Eigenerleben entfernt ist, desto geringer ist die eigene Meinung dazu fundiert, aber das macht nichts. Man akzeptiert eine gewisse — teilweise sogar erhebliche — Unschärfe im eigenen Wissensstand, so lange man glaubt, der Vorstand mache insgesamt „seine Sache ganz gut“. Bereits in einer so überschaubaren, vergleichsweise winzigen und vergleichsweise extrem direkten demokratischen Zelle wie einem dörflichen Fußballverein ist der überwältigende Großteil aller Mitglieder an einem ebenfalls überwältigenden Großteil aller systembedingten Prozesse, Strukturen und Entscheidungen nicht beteiligt, nicht wirklich interessiert und auch nicht wirklich darüber informiert — und will es auch gar nicht sein. Man gibt die Verantwortung immer dann ab, wenn die Situation es bedingt und man vertraut darauf, dass man es in gute Hände abgibt. Tatsächlich legen wir Tag für Tag selbst unser Leben vertrauensvoll in die Hände völlig Fremder. Das ist normal. Anders ist Zivilisation gar nicht möglich.

Genau hier liegt der Schwachpunkt eines jedweden Systems. Das primäre Interesse eines jeden Menschen ist es, sein Leben zu leben und seiner Verantwortung für sich selbst und ggf. für seine Familie gerecht zu werden. Man ist in erster Linie nicht „Deutscher Staatsbürger“, man ist in erster Linie Schreiner. Oder IT-Fachmann. Was auch immer. Freund. Partner. Ehemann und Vater vielleicht. Die meisten sind damit gut beschäftigt. Der Tag ist voll genug mit dem normalen Erwerbsleben, den Glücklichen bleibt noch Zeit für ein paar Sozialkontakte und vielleicht sogar für das eine oder andere Hobby. Das organisatorische, infrastrukturelle und politische „Hintergrundrauschen“ wird als notwendig erkannt und man akzeptiert das eigene Nichtwissen und Nichtverstehen all dieser Prozesse als gegeben. Man gibt sich mit erstaunlich bruchstückhaften Informationen zufrieden und stellt Entscheidungen der Funktionäre normalerweise nicht grundlegend infrage — solange die Rahmenbedingungen für das persönliche Leben im Großen und Ganzen intakt bleiben.

Das jedwedem demokratischen System innewohnende Desinteresse der Massen in jeder komplexen Zivilisation ist jedoch das geradezu aufreizend weit geöffnete Einfallstor machtpolitischer und finanzieller Partikularinteressen.

Es ist der Masse der Bevölkerung — oder der Mitglieder eines Vereins — schlichtweg nicht zumutbar, ständig und zu jedem Zeitpunkt über alle Prozesse und Entscheidungen sowie deren kurz-, mittel- und langfristige Auswirkungen Bescheid zu wissen. Auf Vereinsebene übersteigt die Menge an Detailfragen und ihre Komplexität bereits die Kapazitäten der Mehrzahl seiner Mitglieder, auf Staatsebene ist dies völlig undenkbar. Die Menschen sind an Ereignissen interessiert, von denen sie persönlich, direkt und kurzfristig betroffen sind. Haben Ereignisse oder Entscheidungen keine zeitlich und sachlich unmittelbare Wirkmacht, so gelten sie für die Masse als nicht relevant.

Alle Entscheidungen, Prozesse und Pläne die — insbesondere zeitlich — keine unmittelbaren Wirkungen auf eine hinreichende große Zahl von Individuen entfalten, finden demzufolge grundsätzlich im demokratischen Vakuum statt. Demokratievakuum bedeutet aber nicht Machtvakuum. Der von demokratischer Einflussnahme und demokratischem Interesse entleerte Raum wird automatisch zum Einfluss- und Handlungsraum von Macht- und Partikularinteressen.

Es spielt somit ganz und gar keine Rolle, bei wem beispielsweise die formale Kontrolle des Geldsystems angesiedelt wird. Ob die Oberhoheit über das Geldwesen beim Staat, bei privaten Banken oder gar bei bürgerlichen Konsumgenossenschaften liegt, ist für das sicher vorhersagbare Ergebnis gänzlich unbedeutend: am Ende wird das tatsächliche, operative Handeln und Entscheiden immer von mehr oder weniger demokratisch legitimierten Einzelpersonen ausgehen, die ihren Job mehr oder weniger „gut machen“. Da das Geldsystem sachbedingt nur von den Wenigen verstanden werden kann, die sich intensiv darin aus- und weitergebildet haben, wird der Kreis seiner Hüter immer ein elitärer Zirkel von Personen sein, die sich früher oder später alle untereinander kennen — und es werden sich früher oder später Netzwerke von Allianzen und Einflussagenten, persönlichen Verflechtungen und Interessen heraus bilden, die dafür sorgen, dass das Geldsystem unter die Kontrolle derer gerät, die es eben am meisten wollen.

„Dann würden nicht mehr Produzenten daran arbeiten, Bedürfnisse nach den Produkten zu erzeugen, die sie produzieren, und die Menschen möglichst sogar abhängig davon zu machen, sondern die Menschen könnten bewusst spezifizieren, welche Eigenschaften die Produkte haben sollen und dies vertraglich mit den Produzenten vereinbaren.“ Dieser Satz ist realitätsfremd. Er phantasiert eine Machtsymmetrie herbei, die schlichtweg nicht existiert. Und er enthält schon wieder — wie bei allen staats-, wirtschafts- oder gesellschaftstheoretischen Einlassungen — die Abstraktion, dass „die Menschen“, „das Volk“ oder „die Bürger“ gemeinschaftlich dies oder das zum Wohle aller machen. Dieses Phänomen existiert ebenfalls nicht. „Die Menschen“ werden gemeinschaftlich noch nicht einmal die Fußbälle für die Jugendmannschaften beim Händler für Teamsportbedarf kaufen. Sie können es einfach nicht. Gemeinschaftlich machen „die Menschen“ gar nichts, weil das nicht nur organisatorisch unmöglich ist, sondern es auch gar keinen Sinn macht, dies zu tun. „Die Menschen“ wählen maximal jemanden aus, der dies oder das machen soll, und der ist dann entweder anständig, oder inkompetent, oder ein Lump.

Man kann den Reichen die Kontrolle über das Geldsystem nicht entziehen, weil die Kontrolle über das Geldsystem selbst gleichbedeutend mit Reichtum ist. Man kann den Mächtigen nicht die Macht entziehen, weil sie dann wieder in den Händen von Menschen landet, die dadurch zu Mächtigen werden. Sobald ein Spiel ein klein wenig mehr sein soll, als zwei Kinder, die einen Ball zwischen zwei auf der Wiese liegende und so das „Tor“ markierende T-Shirts kicken, kommen „Funktionäre“ ins Spiel, und deren Handeln ist per definitionem keiner demokratischen Kontrolle zugänglich. Echte Demokratie ist eine Illusion. Das ist einfach so.

Seit Jahrhunderten zerbrechen sich die klügsten Philosophen, Politologen, Psychologen und Denker aller Geisteswissenschaften die Köpfe über die Theorie des perfekten Staates. Gelungen ist es noch keinem und es wird auch niemals gelingen, denn der perfekte Staat ist ein Staat, der von ausschließlich perfekten Menschen geführt wird. Der bestmögliche Kompromiss ist eine „relative Demokratie“, in der eine wenigstens halbgare Version der demokratischen Idee einigermaßen brauchbar umgesetzt wird. Höchstens theoretisch kann ein Gesetz Missbrauch, Manipulation und den Weg in den Totalitarismus verhindern — praktisch jedoch fallen alle roten Linien, sobald die falschen Menschen zur richtigen Zeit mit der richtigen Erzählung am richtigen Ort sind. Wir haben in den letzten Jahren erleben dürfen, mit welch spielerischer Leichtigkeit Gesetze, die einst als Brandmauern gegen jedweden Totalitarismus errichtet wurden, kassiert werden können. Wir haben erlebt, wie gerade die Instanzen, die eigentlich zum Schutz der Verfassung ersonnen wurden, sich zu allererst und am allereifrigsten als ihre Totengräber hervorgetan haben. Gesetze fallen, wenn sie den Mächtigen missfallen und die angeblichen Organe der Demokratie werden in kaum einer einzigen Nacht zu Handlangern der Diktatur. Es ist daher völlig müßig, sich an neuen oder alten Analysen und Staatstheorien abzuarbeiten.

–Mit freundlichen Grüßen

Matthias Müller, Passau

Meine Antwort

Lieber Herr Müller,

Sie haben natürlich Recht, dass es immer Delegation brauchen wird, und wegen rationalem Desinteresse immer Einfallstore für Vermachtung. Ihre Schlussfolgerungen sind mir jedoch entschieden zu defätistisch. Ihre Schlussfolgerung, dass alles nichts nutze, rührt aus meiner Sicht daher, dass Sie das perfekt funktionierende System zum Maßstab nehmen und alles was dessen Perfektionsanspruch nicht gerecht wird, als gleich schlecht betrachten. Das ist unangemessen. Wenn Dinge auf kommunaler Ebene entschieden werden, die dort entschieden werden können, sind diese Delegationsprobleme deutlich kleiner als auf nationaler Ebene. Die Mitglieder des Sportvereins werden aufbegehren, wenn sie den Verein in eine falsche Richtung steuern sehen, und sie können das auch einigermaßen beurteilen. Gesellschaften können viel näher am demokratischen Ideal sein oder viel weiter weg, auch wenn keines dieses Ideal erreicht.

Viele Grüße

Norbert Häring

Leserkommentar zum  Leserbrief

Sehr geehrter Herr Häring,

Sie haben wirklich einen krassen Leserbrief veröffentlicht. „Echte Demokratie ist eine Illusion. Das ist einfach so.“

Mir scheint der Ausgangspunkt dieser antidemokratischen, entmündigenden, im Kantschen Sinne antiaufklärerischen Sichtweise ist völlig falsch gewählt. Der Schreiber arbeitet sich an Fußballvereinen ab, die aufgrund der Rahmenbedingungen durch unser Vereinsrechts, Bildungssystems, medialer Umgebung, Ideologie, Welt- und Menschenbild hier und heute bestehen. Der Schreiber leitet aus den dortigen Zuständen ein seiner Meinung nach allgemeingültiges, „universelles“ Menschenbild ab, dass für die Möglichkeit von Demokratie keine Hoffnung lässt.

Aber gerade Fußballvereine sind meiner Erfahrung nach geprägt durch Menschen, die unser modernes, kapitalistisches Welt- und Menschenbild ganz besonders stark verinnerlicht haben und leben:

  • – Leistungsgedanke
  • – Wettbewerb, Ellbogengesellschaft
  • – „Jeder ist seines Glückes Schmied“, Herkunft und Chancen spielten kaum eien Rolle
  • – Erlaubt ist, was man straflos machen kann zu seinem Vorteil
  • – Eigeninteresse stehen im Vordergrund, Kooperation und Gemeinschaftsinteressen sind nebensächlich
  • – Prestigedenken, Karrieredenken

Wieviel Eltern bringen ihre Kinder in einen Fußballverein, damit die mal Härte, Zucht und Ordnung, Selbstüberwindung, Leidensfähigkeit, Ehrgeiz und Durchsetzungsfähigkeit lernen? Auch wenn das wohl kaum einer zugeben wird.

Dass es auf der Welt auch andere Menschen gibt, dass mit einem anderen Welt- und Menschenbild und mit einem anderen, zu Kooperation und Gemeinschaft anregenden und befähigenden Schulbildung und Leitbild auch hier Menschen anders orientiert sein könnten, dass in einer auf Kooperation ausgerichteten Wirtschaft, in einer Arbeitswelt, in der der Produktivitätsfortschritt an die Arbeitenden weitergegeben wird und diese statt immer mehr Stress mehr und mehr Zeit und Muse hätten, die sie dann auch in ihre Vereinen nvestieren könnten – solche Art von Gedanken scheinen dem Schreiber völlig fremd zu sein.

Mit freundlichen Grüßen

A. Storz

Weiterer Leserkommentar zum Leserbrief

Lieber Herr Häring,

Gerade in den Vereinen zeigen sich die Schwächen und die Chancen von „demokratischen“ Strukturen, die ich lieber regionale Selbstverwaltung nenne. Und es zeigt sich die große Bürde der Überregulierung und staatsverwalterischen Gängelung.

Ich bin selbst in mehreren Vereinen aktiv und Mitglied. Als Kassenprüfer zB. letztes Jahr in unserem Kleingartenverein. Es ist gruselig was für Dokumentations- und Nachweispflichten da bestehen. Wie man Steuerberaterqualitäten haben muß um den Rechnungswust der 250 Mitglieder und der eigenen Vereinsverwaltung einigermaßen vereinsfördernd zu gestalten. Es ist irre wieviel Kompetenz nötig ist um Mitgliederkommunikation und -motivation, Vorstandsarbeit und -interaktion einigermaßen in sozial verträglichen Abläufen zu halten. Und dafür Menschen zu finden die diese Vorstandsarbeit (ehrenamtlich) tun wollen und dann sozialverträglich und vereinsfördernd tun.

In den Mitgliederversammlungen zu denen max. 20 Prozent der Mitglieder erscheinen steht nämlich einfach so keiner auf, wenn gefragt wird wer sich zur Wahl stellt. Denn die Mitglieder wollen ihren Garten gestalten, das reicht als Anstrengung. Nur wie kann dieser Freiraum erhalten werden, wenn sich niemand um den Rahmen kümmert? Nach meiner Erfahrung ist es eine bestimmte Art von Mensch die diesen Unwille vieler Menschen ausnutzen, sich jetzt „auch noch“ mit verwalterischen, Soziales gestaltenden Tätigkeiten zu befassen.

Und diese besonderen Persönlichkeitsstrukturen befördern dann Strukturen die noch mehr genau das ausweiten, was den meisten Menschen eher zuwider ist. Kontroll- und Regelungswahn. So potenzieren sich die Wünsche nach einfachen, klaren Regeln und Teilhabe zu einem hierarchisch aufgeblasenem Regelungswust á la „Asterix, Haus das Verrückte macht“. Solche Vorstände und Verwalter machen sich zunehmend unangreifbar, bestücken ihr Umfeld mit Gefolgsleuten, und spätestens wenn die sich untereinander in die Haare bekommen oder der Vorstand ausfällt (Krankheit, Tod, Rauswurf wegen vereinsschädigendem Wirtschaften) dann ist der Verein oft an der Existenzfrage. Und im „Großen“, wie etwa der Politik ist es leider ähnlich. Und das erkennen viele Menschen, einige versuchen den aktuellen Zustand aktiv umzugestalten, viele wenden sich nach einigen Erfahrungen frustriert ab und bringen ihre Qualitäten dort ein, wo sie positive Anerkennung und Rückmeldung bekommen.

Aber es ist möglich Strukturen wie Doppelspitze, wertschätzende Kommunikationsstrukturen, rotierende Posten, regelmäßiges Mentoring und andere Methoden über Schulungen, Weiterbildungen zur Motivation und Identifikation der Mitglieder aufzubauen. Dafür braucht es soziale Arbeit im wahrsten Sinne des Wortes. Aber was bleibt uns denn sonst übrig? Warten bis der Raum in dem man selbstwirksam agieren kann sich nicht einmal mehr auf den eigenen Körper erstreckt? Nö. Jetzt ist der Moment im Kleinen (weiter) anzufangen, auszuprobieren, aufzubauen, auszuweiten. Die „Bösewichter“ sind doch nur eine kleine Gruppe.

Hendrik Flöting

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