Die Justiziarin und stellvertretende Intendantin des WDR und Pressechefin des Beitragsservice, Eva-Maria Michel, bittet mich in einem Brief, den Titel eines Beitrags zu ändern, in dem es hieß, sie füttere die Presse mit wilden Behauptungen. Sie erläutert, was sie mit der überraschenden Feststellung gemeint habe, man habe extra Barzahlungsmöglichkeiten geschaffen, aber keiner sei gekommen. Die Erklärung ist jedoch widersprüchlich.
Die Aussage man habe extra Barzahlungsmöglichkeiten geschaffen, empfand ich als gelinde gesagt überraschend, weil ich gerade versuche, gerichtlich durchzusetzen, dass ich bar zahlen darf (VG Frankfurt AZ 1 K 2903/15.F). Zur Auflösung des scheinbaren Widerspruchs verweist Frau Michel darauf, dass man den Rundfunkbeitrag auch zahlen könne,
„indem eine offene Forderung mittels Bargeld auf eines der Konten des Beitragsservice eingezahlt wird. Dies stellt eine Bezahlungsmöglichkeit für all diejenigen dar, die über kein Konto verfügen. Von dieser Art der Zahlung machen nur sehr wenige Gebrauch.“
„Sehr wenige“ ist nicht „keiner“, aber das ist die unbedeutendste Ungereimtheit. Diese „Barzahlungsmöglichkeit“ hat der Beitragsservice nicht „geschaffen“, sie existiert schon lange. Es handelt sich auch nicht um eine „Barzahlungsmöglichkeit“, wie Frau Michel gegenüber den Journalisten behauptet hat, sondern tatsächlich nur um eine „Bezahlungsmöglichkeit“, wie sie jetzt schreibt. Den Beitrag kann man auf diese Weise nicht in bar begleichen, sondern man muss eine Bank dafür bezahlen, dass diese die Forderung unbar für einen begleicht. Das kostet den Einzahler fünf Euro aufwärts pro Überweisung.
Die Antwort von Frau Michel macht sehr gut deutlich, in welcher rechtlichen Zwickmühle der Rundfunk steckt. Sie kann nicht zugeben, was die Spatzen von den Dächern pfeifen, dass nämlich beim Beitragsservice in Köln unter der Hand bar gezahlt werden kann, obwohl das nach den Rundfunkbeitragssatzungen rechtlich nicht zulässig ist – wie der Rundfunk gegenüber Barzahlungsanbietern nicht müde wird, zu betonen. Sie kann nicht zugeben, dass selbst der Beitragsservice vor kurzem in mindestens einem dokumentierten Fall einem Barzahlungsanbieter in Main ganz offiziell die Auskunft gegeben hat, in Köln könne er bar zahlen. Deshalb muss sie das, was sie den Journalisten in einer Pressekonferenz gesagt hat, scheinbar wieder zurücknehmen, indem sie auf einen Service der Banken verweist, den sie als kundige Juristin gar nicht gemeint haben kann.
Frau Michel nimmt dann auch noch ihren Justiziarkollegen vom Hessischen Rundfunk in Schutz, weil ich von „unflätigen Briefen“ geschrieben hatte, die dieser mir entgegen dem Verfahrensrecht „außerhalb des anhängigen Verwaltungsstreitverfahrens“ habe zukommen lassen. Daraus, dass sie nur einen Brief kennt, schließt sie, dass es nur einen gab. Den zweiten vom 4.3.2016 kennt sie offenbar nicht. Ich muss zugeben, auf letzteren trifft der – zugegeben strenge – Ausdruck „unflätig“ nicht zu, wohl aber der rechtlich fragwürdige Versuch, mich zum Fallenlassen meiner Klage zu überreden. Ihr Kollege habe mir nur „seine persönliche Meinung mitgeteilt“ und mir berichtet, wie er meinen Blogbeitrag zu einer Veranstaltung an der Universität Heidelberg empfunden habe, schreibt mir Frau Michel. Seine Empfindungen liefen darauf hinaus, dass ich hinter einer „Tarnkappe“ auf unehrliche Weise ein „vorgeschobenes hehres Anliegen“ vertrete, um das es mir gar nicht wirklich gehe, womit ich mich „außerhalb der Rechtsordnung“ stelle und das Gericht „auf perfide Weise“ instrumentalisiere. Von einer Veröffentlichung des Briefes sehe ich ab, weil der HR-Justiziar nebenher einen Handelsblatt-Kollegen, der absolut nichts mit der Sache zu tun hat, mit ehrabschneidenden Unterstellungen überzieht.
Frau Michel bittet mich freundlich, den Titel meines Blogeintrags hinsichtlich der „wilden Behauptungen“ zu ändern, was ich getan habe, weil ich für freundliche Bitten immer empfänglich bin. Der Titel heißt nun: „Endspiel um den Rundfunkbeitrag: WDR-Justiziarin füttert Presse mit irreführenden Aussagen“
Frau Michel tut daneben noch kund, dass „fast niemand“ meinem Aufruf gefolgt sei, Barzahlung anzubieten. Wenn das so ist, dann kenne ich sie alle, die weit über Hundert, die mir geschrieben haben, die vielen Dutzend, die mich fragen, was sie nun tun sollen, nachdem sie die ablehnenden Formbriefe vom Beitragsservice oder die Vollstreckungsandrohungen von den Rundfunkanstalten bekommen haben. (Ich bitte bei allen Betroffenen um Verständnis, dass ich diesen Bitten um Rat aus Zeitmangel und mangels Befugnis, Rechtsrat zu erteilen, nicht nachkommen kann.)
Was das fehlende Interesse des Publikums angeht, muss ich leider sagen, dass die Blogeinträge, die mit dem Rundfunkbeitrag und der Barzahlungsaktion zu tun haben, die Klick-Hitliste meines Blogs dominieren (leider, weil ich diese Zugriffszahlen gern auch bei anderen Beiträgen hätte; für echte Leserzahlen ist erfahrungsgemäß etwa ein knappes Drittel abzuziehen):
Wie man Rundfunkgebühren spart und die Geldreform voranbringt (238.800)
Neues vom Barzahlungsexperiment mit der Ex-GEZ (46.500)
Der Rundfunkbeitrag gerät aus den Fugen (37.300)
Was it worth it? Concessions to Greece relative to draft … (37.200)
Das sind die verrückten Ideen der Griechen (35.700)
Neues vom Barzahlungstrick: ex-GEZ nimmt Stellung (33.100)
Ein Insider packt aus. Die fünfte Gewalt regiert (29.900)
Aktuelles vom Bargeld-Prozess (28.800)
Medien entdecken Barzahlungsthema, ex-GEZ gibt Versteckspiel auf (27.900)