Interessant ist, was wir, wie schon in den Massenmedien, auch nicht im Beitrag des Atlantic Council erfahren: Dass die sudanesische Armee kurz vor Ausbruch der Kämpfe den Vertrag über eine russische Marinebasis im Gegenzug gegen Waffenlieferungen gutgeheißen hat. Wir erfahren nur, dass General Dagalo, der Kommandant der paramilitärischen Einheit RSF, Kontakte zu (US-Feind) Russland pflegt und dass sein Widersacher al-Burhan, Oberbefehlshaber der regulären Streitkräfte SAF, von (US-Schützling) Ägypten unterstützt wird.
Das ist aber angeblich nicht der Grund für das Vorgehen, das der Autor des Atlantic Council vorschlägt. Nämlich, dass die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi Arabien, wo die meisten sudanesischen Geschäftsleute – wie Dagalo – ihre Konten haben, alle Vermögenswerte von Dagalo einfrieren, damit er seine Streitkraft nicht mehr bezahlen kann. Die Vermögenswerte seien alle bereits identifiziert – von wem, darf man raten.
Damit soll Druck auf ihn gemacht werden, damit er seine RSF umgehend in der regulären Armee aufgehen lässt, also seinem Kontrahenten al-Burhan, die alleinige Macht überlässt. Dass es dieses Ansinnen al-Burhans war – möglicherweise inspiriert von einem Vorschlag der US-Regierung (?) – das zum Ausbruch des Kriegs zwischen den beiden Generälen geführt hat, wird verschämt verschwiegen.
Aber wie gesagt, die Vorliebe der US-Regierung für einen Protegé ihres Protegés Ägypten gegenüber einem, der bereit ist, mit Russland zu paktieren, ist angeblich nicht der Grund für den Vorschlag, sich klar auf die Seite einer Bürgerkriegspartei zu schlagen. Der Grund sei lediglich, dass es keine Stabilität geben könne, solange es zwei Armeen gibt und:
„Da es unwahrscheinlich ist, dass sich die RSF gegen die SAF mit ihren schweren Waffen und der Unterstützung Ägyptens durchsetzen kann, besteht die am wenigsten schlechte Option zur Beendigung der Kämpfe darin, zunächst Druck auf das Geschäftsimperium von Hemedti (Dagalo) auszuüben, das die RSF finanziert.“
Dabei dürfte das, was die ägyptische Armee im Sudan anstellt, nicht ganz unabhängig von den Wünschen ihres Hauptgeldgebers USA sein. Aber wenn man begründen muss, warum man sich auf eine Seite schlägt – oder wahrscheinlich schon lange geschlagen hat – tut es das Argument.
Dass der Autor und der Atlantic Council hier als Sprachrohr der US-Regierung agieren, die sich diplomatisch zurückhält, darf man getrost annehmen.
Mit al-Burhan hat man wohl schon einen Deal und vertraut darauf, dass man dessen Einhaltung auch durchsetzen kann, wenn man ihm zum Sieg verholfen hat:
„Schließlich sollten die Partner die im Ausland befindlichen SAF-Vermögenswerte und Geschäftsinteressen ermitteln, die eingefroren und beschlagnahmt werden könnten, falls die Armee ihr Versprechen, die Macht abzugeben, nicht einhält.“
Vielleicht gibt es ja auch eine kleine, hier nicht erwähnte Nebenabsprache, dass die russische Marinebasis nicht erlaubt wird.
Autor des Beitrags ist Ernst Jan Hogendoorn, Senior-Berater des US-Außenministeriums. Er war Senior-Berater des US-Gesandten im Sudan und stellvertretender Programmdirektor Afrika der International Crisis Group (ICG). Die ICG ist eine von US-Politikern und dem Carnegie Endowment for International Peace mit Stiftungsgeld von George Soros gegründete Gruppe, die sich als führende Beratungs-Organisation für das Management von militärischen Konflikten sieht.
Der Atlantic Council ist formell eine unabhängige Organisation (Think Tank), aber zur US-Regierung, insbesondere Verteidigungsministerium und Außenministerium, gibt es eine Drehtür für das Spitzenpersonal.