Der Entwurf des Abschlussberichts von Sigmar Gabriels Finanzlobbykommission zur Infrastrukturfinanzierung ist wichtig, obwohl er letzte Woche am Widerstand unbotmäßiger Gruppen in der Kommission gescheitert ist. Denn er zeigt die Absichten von Allianz und Co. offener als der Abschlussbericht, auf den man sich am Ende als Kompromiss einigen wird. Wo der finale Abschlussbericht unklar bleiben oder mehrere Optionen eröffnen wird, darf man annehmen, dass starke Kräfte hinterher
auf eine Auslegung im Sinne des abgelehnten Entwurfs drängen werden.
Im Kapitel zur Verkehrsinfrastruktur auf Bundesebene wird schnell klar, worum es geht: es soll „ausreichend Kapital für Betrieb, Erhalt und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur mobilisiert werden“, sowie „um die Konformität mit den Maastricht-Kriterien zu gewährleisten, eine klare Abgrenzung zum Staatssektor erfolgen“. Außerdem soll, damit der Anlagenotstand von Allianz und Co. behoben wird, „darüber hinaus die Möglichkeit zur Aufnahme von Fremdkapital institutioneller Anleger bestehen“. Das wird auch offen tituliert mit „Anlagemöglichkeiten für institutionelle Investoren schaffen“.
Damit die Einnahmen fließen, um das private Kapital zu bedienen, soll eine „nutzungsbasierte Maut für alle Fahrzeugkategorien in Deutschland“ eingeführt werden.
Es soll dabei aber angeblich „keine ‚Privatisierung‘ der Bundesfernstraßen erfolgen.“ Die Straßen bleiben im Eigentum des Staates. Die Privaten bekommen „nur“ die Mauteinnahmen übereignet.
Kern der Empfehlungen ist eine privatrechtlich organisierte Verkehrsinfrastruktur-Gesellschaft mit oder ohne private Anteilseigner. Die Kommission hat sich aber nur mit der Frage befasst, wie man sicherstellt, dass mithilfe diese Gesellschaft Begrenzungen staatlicher Schulden aus Maastricht-Vertrag und Schuldenbremse umgangen werden und Lasten auf die Zukunft verschoben werden können, und wie dabei den institutionellen Anlegern eine hohe Rendite zugeschoben werden kann.
Mit der dornigen Frage, wer in dieser Gesellschaft das Sagen habe sollte, wollte sie sich laut Entwurf des gescheiterten Abschlussberichts nicht befassen. Aber diskutiert hat man schon, denn in einem früheren Entwurf Fratzschers wurde noch ganz klar Minderheitsbeteiligungen privater Investoren das Wort geredet. Im gescheiterten Abschlussentwurf von letzter Woche heißt es dagegen, die Regierung müsse eingehend prüfen, ob es vielleicht Interessenkonflikte geben könnte, wenn Gruppen, die an der Ausführung und Finanzierung der Projekte beteiligt werden könnten, selbst Mitentscheider in der Infrastrukturgesellschaft wären. Als Gesellschafter hätten sie eigentlich das öffentliche Interesse zu wahren, als Auftragnehmer und Kapitalgeber hätten sie den Wunsch nach einer möglichst hohen Rendite. Eigentlich ein Killer, aber ganz trennen von der Idee wollte sich Fratzscher doch nicht, und fiel deshalb zu Recht mit seinem Entwurf auf die Nase.
Weiter hinten im Entwurf rutscht auch wieder ein Absatz rein, in dem davon ausgegangen wird, dass die privaten Investoren am Kapital beteiligt werden, was vorne noch ausdrücklich offen gelassen wurde, denn – so liest man da – das ist wichtig, um Allianz und Co. nicht nur eine hohe Eigenkapitalrendite zuschanzen zu können, sondern daran angelehnt, auch eine hohe Rendite für gegebenes Fremdkapital.
Zwar wird ausdrücklich betont, dass die Parlamente die Hoheit behalten sollten, aber ernst gemeint ist das natürlich nicht. So wird in dem Entwurf ausdrücklich vorgeschlagen, dass die Infrastrukturgesellschaft das Recht haben soll, nach eigenem Gutdünken Aufträge zur Projektrealisierung an Dritte zu vergeben. „Dies könnte z.B. in Form von Konzessionsabgaben geschehen, wie die in Frankreich praktiziert werden“, heißt es. Sicherheitshalber wird auch gleich hinzugefügt:
„Bei der (Preis-)Regulierung durch die Regulierungsbehörde sollten die Fremdkapitalkosten anerkannt werden. Bei den Mauteinnahmen sollte wie oben dargestellt, das Kostendeckungsprinzip gelten, wobei auch eine Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals berücksichtigt werden könnte. Damit wäre ein Ansatzpunkt für die Berechnung einer (Eigenkapital-)Rendite für das private Kapital gefunden.“
Übersetzung in den putativen Worten der Allianz: Eine Rendite in der Nachbarschaft dessen, was wir für Bundesanleihen bekommen würden, wäre für uns unzumutbar. Deshalb muss klargestellt werden, dass die Autobahnnutzer Gebühren zahlen, die hoch genug sind, dass daraus eine deutlich höhere Rendite für unser Eigen- und Fremdkapital finanziert werden kann. Dafür machen wir schließlich diese ganze Kommissionskiste.
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