Wie die Wirtschaftsweisen tricksen und täuschen (Teile 5-7)

 Wie nicht anders zu erwarten muss man im Jahresgutachten der Wirtschaftsweisen beim Thema Mindestlohn nicht lange suchen, um auf  die erste massive Lesertäuschung zu stoßen. So führen sie zum Beleg dafür, dass es verfassungsrechtliche Bedenken gegen einen flächendeckenden allgemeinen Mindestlohn gebe, Literaturstellen an, deren Autoren ganz klar feststellen, dass es kein verfassungsrechtliches Problem gibt.

Teil 5: Mindestlohn verfassungswidrig?

Die einschlägige Stelle im Gutachten, Kapitel 7 Ziffer 540 heißt: „Der Mindestlohn stellt einen fundamentalen Eingriff in den Arbeitsmarkt und die Privatautonomie dar, der nicht zuletzt verfassungsrechtliche Bedenken aufwirft (Lakies, 2013; Fischer-Lescano, 2014; Picker, 2014).“ (Fettung im Original.)

 Sucht man die Literaturstellen auf, traut man kaum seinen Augen. Fischer-Lescano ist ein Gutachten für die Hans-Böckler-Stiftung, sodass es schon verwundern würde, wenn hier ernste Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit eines Mindestlohns geäußert würden. Werden sie auch nicht. Vielmehr geht es vor allem um Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von Ausnahmen vom allgemeinen Mindestlohn. Aus der Zusammenfassung:

Die Einführung eines allgemeinen Mindestlohnes ist nach Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 9 Abs. 3 GG zulässig. … Im Gegenteil gebieten Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG die Einführung eines Mindestlohnes zum Schutz menschenwürdiger Arbeitsbedingungen. … Die Ausnahmetatbestände für diese Personen, die keine Arbeitnehmer/innen sind, müssen eng gefasst sein. Sie dürfen, um den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG zu genügen, den Gesetzeszweck nicht untergraben und müssen die Schutzbedürftigkeit auch dieser Gruppen respektieren.“ (Fettung im Original)

  Picker  ist auch nicht gerade ein Fundamentalkritiker: „Das Aushandeln der Arbeitsentgelte ist … grundsätzlich den Arbeitsvertrags- und Tarifvertragsparteien vorbehalten. Die privatautonomen Mechanismen der Lohnfestsetzung im Arbeitsrecht können jedoch strukturell versagen. Ist ein solches Marktversagen festzustellen, so ist es Aufgabe des demokratisch legitimierten Gesetzgebers zu intervenieren.“

  Beim dritten und letzten zitierten Autor wird es ganz schlimm: Von Thomas Lakies, Arbeitsrichter und Verfasser einschlägiger Gesetzeskommentare, vertritt folgende Rechtsauffassung:

 „Bei sozialstaatlich motivierter Normsetzung hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum, auch einen Einschätzungs- und Prognosespielraum, soweit es um die Wirkungen gesetzlicher Regulierung geht. Das gilt für das „Ob“ (Mindestlohn ja oder nein) und für das „Wie“, das heißt die nähere Ausgestaltung und Höhe des Mindestlohns.“

 Keine Spur von Zweifeln an der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit, würde ich sagen. Noch ein O-Ton aus einer anderen Publikation zeigt, dass er so dezidiert der Gegenmeinung zum Sachverständigenrat ist, wie man nur sein kann. Es ist fast schon perfide zu nennen so jemand als Kronzeugen für die eigene kritische Einstellung erscheinen zu lassen:

 „Der Zweck der Festsetzung eines gesetzlichen Mindestlohns ist der Schutz der Beschäftigten und die Armutsbekämpfung. Der Mindestlohn muss, will er effektiv sein, das Existenzminimum sichern. Nun könnte man die Auffassung vertreten, für die Existenzsicherung habe der Staat durch Sozialtransfers zu sorgen, und hierfür dürften nicht mit Hilfe des Arbeitsrechts die Unternehmen in Haftung genommen werden. Das übersieht indes zweierlei: Zum einen kommt es einer auch ordnungspolitisch verfehlten indirekten Form der Subventionierung von Marktteilnehmern gleich, wenn Unternehmen Niedriglöhne zahlen im Wissen darum, dass die Beschäftigten zur Existenzsicherung ergänzende Hilfe des Staates in Anspruch nehmen müssen (sog. „Aufstocker“ durch ergänzende Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld II, „Hartz IV“). Das Nebeneinander von Lohn und steuerfinanzierter Aufstockung hat marktverzerrende Subventionswirkungen. Zum zweiten kann es der Sozialstaat zwar theoretisch zulassen, Lohndumping durch staatliche Leistungen zu subventionieren, er kann aber auch kraft seiner demokratischen Legitimation zur verbindlichen Normsetzung in die privat-rechtlichen Vertragsbeziehungen intervenieren und dadurch die „Freiheit zum Lohndumping“ begrenzen.“

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 Man kann natürlich behaupten, allen schon die Tatsache, dass die zitierten Autoren sich die Mühe machen, die Legalität des Mindestlohns herzuleiten, sei zum Beleg geeignet, dass es auch jemand geben müsse, der zweifle. Als Antwort darauf hier nochmal der Satz im Gutachten der Weisen hinter dem die Literaturstellen stehen: „Der Mindestlohn stellt einen fundamentalen Eingriff in den Arbeitsmarkt und die Privatautonomie dar, der nicht zuletzt verfassungsrechtliche Bedenken aufwirft.“ Ein Literaturstelle, die danach kommt, kann der gutwillig-verständige Leser kaum anders interpretieren, als dass hier Zweifler genannt würden. Eine der schlimmeren Täuschungen des Lesers in diesem Gutachten aus meiner Sicht.

 

Teil 6: Der Mindestlohn ist böse 

Das war nur die Ouvertüre. Kommen wir zum Hauptteil. Die Ausführungen der Wirtschaftsweisen zum Mindestlohn machen besonders deutlich, wie hartnäckig und absichtsvoll diese sachkundigen Wirtschaftsprofessoren den wissenschaftlichen Erkenntnisstand verdrehen um zu ihren arbeitgeberfreundlichen Schlussfolgerungen zu kommen.  

 Der Sachverständigenrat, der Mindestlohn und ich haben eine gemeinsame Geschichte, die ins Jahr 2006 zurückreicht. Mein  damaliger Handelsblatt-Kollege Olaf Storbeck und ich lasen aus Anlass der Diskussion um die Einführung  eines Mindestlohns, was der Sachverständigenrat in seinem Jahresgutachten 2004  geschrieben  hatte, in dem er sich ausführlich mit Mindestlöhnen befasst hatte. Da wir über die – vor allem US-amerikanische – wissenschaftliche Kontroverse zu den Beschäftigungswirkungen von Mindestlöhnen gelesen und geschrieben hatten, waren wir über die Behauptungen des Sachverständigenrats ziemlich verwundert. Die wissenschaftliche Literaturlage sei klar: Mindestlöhne kosten Beschäftigung und schaffen Arbeitslosigkeit schreiben die Weisen. Sehr prominent veröffentlichte und in Fachkreise intensiv diskutierte Aufsätze mit gegenteiligem Ergebnis unterschlugen die Weisen einfach.

  Unser Bericht im Handelsblatt veranlasste den Rat das Thema 2006 nochmals auf die Agenda zu nehmen und einzuräumen,  dass es für die USA und Großbritannien keine Nachweise negativer Wirkungen gebe. Er schrieb lapidar, dass diese Ergebnisse aber wegen der dort niedrigeren Abgabenbelastung von Niedriglöhnern und der größeren Flexibilität des Arbeitsmarktes für Deutschland wenig aussagekräftig seien.  Eine Begründung gab er dafür nicht.

  Über das Jahresgutachten 2013 und den Mindestlohn gab es für mich im Handelsblatt wieder einiges zu schreiben. Zum einen, dass der Rat nun eines der Argumente wechselte. Nun war es nicht mehr die geringere Steuerbelastung in den USA, sondern die niedrigeren Lohnersatzleistungen, die den Unterschied zwischen harmlosen Mindestlöhnen dort und gefährlichen hier ausmachen. Begründung wieder Fehlanzeige.  

  Wechselnde Argumente, um zum gleichen Ergebnis zu kommen, machen misstrauisch.  Zumal die Behauptung nicht wirklich plausibel ist, zumindest nicht offensichtlich. Weil man in den USA Leute, denen man mehr bezahlen müsste, leicht entlassen kann, müssten Mindestlohnerhöhungen in US-Studien besonders schlecht wegkommen. Und wenn die Lohnersatzleistungen als alternative Lohnuntergrenze niedrig sind, ist der Mindestlohn einschneidender, als er es bei einem höheren Sicherungsniveau wäre.  Einwände des Ratsmitglieds Peter Bofinger in einem Minderheitsvotum hielten den Rat zudem nicht davon ab, zwar eine zehn Jahre alte Studie zu britischen Pflegeheimen zu zitieren, die geringe Jobverluste ermittelt hatte, aber zu verschweigen, dass die britische Niedriglohnkomission aufgrund einer Vielzahl von Studien zu dem Ergebnis kam, dass die allenfalls geringen negativen Beschäftigungswirkungen des dortigen Mindestlohns kaum ins Gewicht fallen. Die günstige Evidenz zu deutschen Branchenmindestlöhnen wischte der SVR 2013 schnell beiseite. 

  Auch bei der Falschbehauptung, im internationalen Vergleich würde Deutschland mit einem Mindestlohn von 8,50 Euro einen Spitzenplatz hinsichtlich des Verhältnisses von Mindest- zu Medianlohn einnehmen, ließ sich  2013 der Rat erwischen, eine Falschbehauptung, die er in einer versteckten Fußnote selbst einräumte.

  Der Arbeitsmarktexperte des Rats hat zwischen 2006 und 2013 gewechselt. Damals hieß er Wolfgang Franz. Jetzt heißt er Christoph Schmidt. Ein Mitglied, Peter Bofinger, ist aber noch von damals im Rat. Und mit einem anderen Mitglied habe ich vor nicht allzu langer Zeit den Fall Franz diskutiert. Allmählich wird der Rat vorsichtiger, zeigt das Gutachten 2014, aber nicht ehrlicher. Zwar findet sich die Behauptung, die Wissenschaft sei sich sicher, dass Mindestlöhne Beschäftigung kosten, nicht im Gutachten 2014. Dafür zieht sie sich aber unausgesprochen oder nebenher bemerkt durch das ganze Kapitel, so als sei es eine Selbstverständlichkeit, die man nicht weiter belegen müsse. In Anbetracht dessen, was der Rat 2006 über den Stand der Wissenschaft eingeräumt hat, ist das ziemlich unseriös.

  Symptomatisch ist folgende Passage: Der Rat schreibt in Ziffer 543, Deutschland zeichne sich durch eine geringe Jugendarbeitslosigkeit aus und insinuiert durch übergangslose Fortsetzung, dass der Mindestlohn das ändern werde:

 „Indem der Mindestlohn die Möglichkeiten eines Erfahrungsaufbaus im Rahmen von (zunächst) niedrig entlohnter Beschäftigung einschränkt, droht er, langfristig negative Konsequenzen für das Arbeitsleben und die Einkommenssituation zu haben“, schreiben die Weisen und belegen das gleich mit drei Quellen. Wer sich die Mühe macht (also fast niemand), diese im Literaturverzeichnis aufzusuchen, sieht schon an den Titeln der Aufsätze, dass nicht einer von ihnen sich mit der Frage befasst, die das Zitat nahelegt, nämlich ob der Mindestlohn die Jugendarbeitslosigkeit erhöht. Alle drei belegen nur den völlig unstreitigen und ausausgesprochenen Teil der Aussage, nämlich dass Arbeitslosigkeit schlecht für Jugendliche ist.

  Natürlich könnte der Rat zur Abwehr eines Manipulationsvorwurfs sagen, er habe ja nur von „droht“ geschrieben, und man müsse schließlich vorsichtig sein, wenn man nicht genau weiß, was passiert. Aber das bedeutet nur, dass er gelernt hat, die Öffentlichkeit raffinierter hinters Licht zu führen.

   An einer Stelle, in Ziffer 541 kommt eine klare Aussage die mit Literaturquellen belegt ist: „Der Mindestlohn stellt vor allem mit Blick auf das Entstehen neuer Arbeitsplätze ein Problem dar, insbesondere für Geringqualifizierte“, heißt es da mit Verweis auf Brochu und Green, 2013, sowie Meer und West, 2013.

  Wer nachliest, darf sich auf eine Überraschung gefasst machen. Brochu und Green, das ist eine Studie über den kanadischen Arbeitsmarkt. Nach dem, was man von den Weisen 2006 und nochmal 2013 über die internationale Vergleichbarkeit gelesen hat, möchte man schon wissen, ob und warum das jetzt übertragbar auf Deutschland sein soll. Viel schlimmer aber: der Tenor des Aufsatzes deckt den negativen Tenor des Sachverständigenrats ganz und gar nicht. Er lautet eher: wenn der Mindestlohn steigt, werden weniger Leute, auch Gering-Qualifiziert, nach kurzer Zeit wieder entlassen, weshalb auch weniger Arbeitsplätze für diejenigen frei werden, die gerade einen neuen Arbeitsplatz suchen. Das kann ich nur eine bewusste Irreführung der Öffentlichkeit nennen. Man merke sich: die Zahl der Arbeitsplätze nimmt nach dieser Studie nicht ab, aber die Arbeitsplätze werden stabiler.

  Bei Meer und West handelt es sich um eine Studie zu den USA. Ihre Ergebnisse sind also nach wiederholt geäußerter Ansicht des Sachverständigenrats explizit nicht auf Deutschland übertragbar. Oder gilt das vielleicht nur für Ergebnisse, die den Mindestlohn in günstigem Licht erscheinen lassen. Dann sollten die Weisen uns das aber sagen und begründen. Es ist unseriös, einerseits Nichtvergleichbarkeit zu behaupten, und dann bei der ersten besten Studie mit einem passenden Ergebnis sofort so zu tun, als liefere sie einen starken, für Deutschland einschlägigen Befund. Die Studie ist erst als Arbeitspapier erschienen. Der erste Satz der Zusammenfassung betont, dass die umfangreiche Literatur zu den Beschäftigungswirkungen von Mindestlöhnen keinen Konsens ergeben hat.

Nachtrag zu Meer und West mit Dank an Frau Iris Baumgärtner für den Hinweis: Die Studie ist hochumstritten, was es ums so bemerkenswerter macht, dass sie noch nicht in einer Zeitschrift veröffentlicht ist und die Weise sie trotzdem kritiklos als wichtige Quelle zitieren. Hier finden Sie eine ausführliche Darstellung der Kritik und der recht erfolglosen Reparaturbemühungen von Moor und West, mit Literaturbelegen. Alles offenbar den Wirtschaftsweisen entgangen, oder sie wollten uns mit solchen Nebensächlichkeiten nicht behelligen.

  Den Rat ficht das nicht an, er tut weiter so, als sei klar, dass ein Mindestlohn Stellen vernichtet.So etwa in Zeile 554, wohlweislich ohne Literaturbeleg:

  „Im Fall des Mindestlohns bedeutet dies beispielsweise, dass die Arbeitsnachfragebei Tätigkeiten mit geringer Produktivität sinkt: Damit werden Entlassungen wahrscheinlicher, Einstellungen unwahrscheinlicher, und die Beschäftigungsentwicklung wird gedämpft.“

  Hätten die Wirtschaftsweisen versucht, das mit Literaturstellen zu belegen, wäre ihnen zum Beispiel die Studie von Brochu und Green in den Weg gekommen, die zu einem gegenteiligen Ergebnis kommt.  An anderer Stelle zitiert der Rat diese Studie, wenn auch in irreführender Weise. Das ist eine besonders unethische, aber sehr unauffällige Manipulation.

  Auch wenn es darum geht, das zentrale theoretische Argument der Gegenseite zu diskreditieren, mit dem sich plausibel machen lässt, warum Mindestlöhne nicht zu Beschäftigungsabbau führen müssen und sogar zu Mehrbeschäftigung führen können, greifen die Weisen in die unterste Schublade ihrer Kommode mit den faulen Tricks.

  In Zeile 542 schreiben sie zunächst noch korrekt:

  „ Von Mindestlohnbefürwortern wird als zentrales Argument angeführt, dass ein erheblicher Machtunterschied zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern bestünde, wodurch erstere ihre Gewinnposition durch die Zahlung niedriger Löhne verbessern würden.“

  Das Argument würde korrekt etwa so weitergehen. Die Arbeitgeber erzielen Übergewinne, indem sie die Löhne niedrig halten. Auf Kapazitätsausweitungen, für die sie nur dann genug Arbeitskräfte finden würden, wenn sie allen mehr bezahlen, verzichten sie zur Gewinnmaximierung lieber. Wird ein Mindestlohn verordnet, geht das zunächst einmal zu Lasten des Gewinns, nicht der Beschäftigung. Eventuell lohnt sich sogar danach zusätzliche Beschäftigung für die Arbeitgeber, die sich vorher nicht lohnte.

  Und wie machen stattdessen die Weisen weiter? Sie verdrehen, indem sie – wohl zur Verwirrung – eine zeitliche Dimension einschleichen lassen, die hier nicht hineingehört und dann mit einem Nonsenseargument weitermachen:

  „Der Machtverlust der Beschäftigten wird dabei vor allem auf den Rückgang der Tarifvertragsbindung der Beschäftigten zurückgeführt. Das gehäufte Auftreten von Niedriglöhnen in Regionen und Sektoren mit geringer Produktivität, beispielweise im Gastgewerbe, Einzelhandel oder Friseurhandwerk, deutet allerdings darauf hin, dass in den meisten Fällen eine geringe Entlohnung der Beschäftigten nicht mit übermäßigen Einkommen auf der Unternehmerseite einhergeht.“

  Die zeitliche Dimension gehört hier nicht herein, weil das Argument im Kern nur Marktmacht der Arbeitgeber braucht, keine Veränderung der Marktmacht. Das Argument danach ist kompletter Unsinn. Mit Produktivität ist wohl Arbeitsproduktivität gemeint, also etwa Umsatz je Arbeitsstunde. Das stimmt, weil die Kapitalintensität in diesen Branchen gering ist. Entsprechend gering ist die Macht der Gewerkschaften in diesen Branchen, denn z.B. die Streikdrohung schreckt bei geringer Kapitalintensität kaum. In diesen Branchen ist also die Macht der Arbeitnehmer besonders gering. Aber mit der Kapitalintensität sind auch die Kosten gering, zumal wenn die Löhne niedrig sind. Warum soll man da keine guten Gewinne machen können. McDonald’s ist keine kleine gewinnarme Klitsche. Wallmart auch nicht.

  Weiter geht’s:

  „Stattdessen dürften sich niedrige Löhne in den meisten Fällen aus dem Zusammenspiel von (relativ hohem) Arbeitsangebot und (relativ niedriger) Arbeitsnachfrage, etwa im Bereich einfacher Tätigkeiten, ergeben.“

  Wieder ein Scheinargument. Auch wenn die Arbeitgeber Marktmacht hätten und diese ausnutzten, wäre ihre Arbeitsnachfrage gering. Das ist kein Gegenargument. Diese ganze Argumentationskette  ist eines Wirtschaftsprofessoren unwürdig, und fünfen erst recht.

  Und weiter:

  „Unter diesem Blickwinkel stellen die beobachteten Lohnentwicklungen das Ergebnis eines funktionierenden Marktes dar, und der Mindestlohn dürfte als Fremdkörper negativ auf die Beschäftigung wirken.“

  „Dürfte“? Die fünf Weisen stellen hier einer riesigen empirischen Literatur ohne eindeutiges Ergebnis, einfach ein „dürfte“ entgegen und ignorieren dabei neben vielen anderen die Studie von Brochu und Green, auf die sie an anderer Stelle zurückgreifen. Was soll man davon halten,.

  Wenn die Weisen etwas  wissenschaftlichen Anstand bei diesem Thema bewahrt hätten, dann hätten sie geschrieben:  „Die Literaturlage ist nicht eindeutig, aber wir, die fünf Weisen, sind überzeugt, dass Mindestlöhne in Deutschland negative Beschäftigungswirkungen haben.“ Das können sie ja machen. Aber so wie die fünf Weisen es machen, so zu tun als sei das allgemein anerkanntes Wissen, ist es unseriös, eine Irreführung der Öffentlichkeit.

  „Diese Beschäftigungszuwächse wurden nicht mit einer merklichen Abnahme der Beschäftigungsqualität erkauft“, schreiben die Weisen in Ziffer 535 über die Wohltaten der Hartz-Reformen. Im vom Rat gewählten Neunjahreszeitraum ab 2005 stieg die atypische Beschäftigung tatsächlich nur von 23,6 auf 24,1 Prozent. Denn der große Sprung fand ein Jahr früher statt. Im Zehnjahreszeitraum von 2004 bis 2013 war ein durchaus merklicher Anstieg von 21,6 auf 24,1 Prozent zu verzeichnen, zweieinhalb Prozentpunkte oder zehn Prozent mehr. Es gibt außer der Absicht, den Sprung nach oben nicht berücksichtigen zu müssen, keinen erkennbaren Grund, den Vergleich erst 2005 anfangen zu lassen. Die Hartz-Gesetze I und II, die atypische Beschäftigung erleichterten, datieren von Ende 2002. Das sieht sehr nach täuschender Manipulation aus.

  Ich will die Geduld der Leser nicht überstrapazieren. Dieses Kapitel des Rats schreit an so vielen Stellen nach kritischer Beleuchtung, dass man nicht fertig wird, alles aufzuspießen. Und irgendwann will man im Urlaub ja auch an anderes tun. Wer möchte, schaue sich noch Ziffer 543 an, und die zugehörige Grafik zum Vergleich Frankreich und Großbritannien. Völlig sinnfrei, soweit ich das beurteilen kann, insbesondere wenn man an anderer Stelle (Ziffer 546) des Gutachtens findet, dass der britische Mindestlohn erheblich niedriger ist als in Frankreich und dazu nimmt, dass für Jugendliche dort ganz andere Regeln gelten als in Frankreich. Wenn dann – wie der Rat zeigt –  in beiden Ländern die Jugendarbeitslosigkeit in den Krisenjahren kräftig nach oben ging, fragt man sich, ob der Mindestlohn wirklich schuld sein kann, wie der Rat insinuiert.  

   Den Abschluss soll aber ein Zitat aus Ziffer 540 bilden, weil die Weisen darin so albern werden, dass man schon fast darüber lachen kann. Und das Lachen muss man nach einer solchen Lektüre dringend wieder lernen:

   „Durch den Mindestlohn werden zwar die Löhne für einen Teil der Beschäftigten steigen. Auf gesamtwirtschaftlicher Ebene werden sich jedoch aller Voraussicht nach im Hinblick auf die Einkommensverteilung, die Konsumnachfrage und die öffentlichen Haushalte selbst dann nicht die erhofften positiven Effekte einstellen, wenn große Beschäftigungsverluste ausbleiben. Denn zum einen müssen die voraussichtlichen Empfänger höherer Löhne teilweise auf andere Einkommensbestandteile verzichten, insbesondere die sogenannten Aufstocker auf ergänzende Transferleistungen. Zum anderen stehen den Lohnsteigerungen niedrigere Unternehmensgewinne und mögliche Preissteigerungen gegenüber, welche die gesamtwirtschaftliche Kaufkraft mindern (Brenke und Müller, 2013; Wiemers, 2013; Döhrn, 2014; Knabe et al., 2014).“

   Ähem. Die positiven Wirkungen auf die Einkommensverteilung werden sich also nicht einstellen, weil sinkende Gewinne den Lohnsteigerungen für die Beschäftigten gegenüberstehen. Wie definiert wohl der Rat die Erreichung von Verteilungszielen? Auch deshalb werden die Ziele nicht erreicht, weil die Lohnerhöhungen teilweise von geringeren staatlichen Transferleistungen für die Lohnempfänger kompensiert werden. Letzteres Argument scheint für sich plausibel. Aber dann müsste doch der Staat Geld sparen. Tut er aber nicht, weil …  Das zu begründen hat der Rat vergessen. Macht nichts. Schauen wir eben nach, beim zum Beleg zitierten Aufsatz von Wiemers 2013, wo es erkennbar um diese Frage geht. Aber hoppla. Da steht:

   „Die zu erwartenden Mehreinnahmen bei der Einkommensteuer beziffern sich in der kurzen Frist auf gut 800 Mio. Euro. Die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge zu den Sozialversicherungen steigen zunächst einmal um knapp 1,7 Mrd. Euro. Die kurzfristig zu erwartenden Entlastungen bei den SGB-II-Ausgaben belaufen sich auf mindestens 0,4 Mrd. Euro und höchstens knapp 1 Mrd. Euro.“

  Da hat der Rat wohl nicht die Begründung vergessen, sondern einfach eine falsche Behauptung aufgestellt und so getan, als habe er einen Beleg dafür. Ist ja nicht das erste Mal. Beileibe nicht. 

 

Teil 7: TTIP nützt allen

 In ersten Kapitel seines Jahresgutachtens mit den wirtschaftspolitischen Empfehlungen – welche abzugeben den Wirtschaftsweisen per Gesetz eigentlich verboten ist – schreibt der Sachverständigenrat in Ziffer 64: „Empirische Studien belegen insgesamt positive Wohlfahrtseffekte für TTIP, wobei die Unsicherheit der Schätzungen relativ hoch ist.“ In Kasten 6 auf Seite 40 lernen wir, dass Hauptquelle für diese Erkenntnis Gabriel Felbermayr vom Ifo-Institut ist, der die Auswirkungen eines imaginären Freihandelsabkommens in zwei Studien für die Bertelsmann-Stiftung und für das Wirtschaftsministerium „untersucht“ hat.

Bei beiden Studien mit ihren sehr unterschiedlichen (aber immer positiven) Ergebnissen ist das Interesse der Auftragsgeber allzu deutlich, wissenschaftlich anmutende Argumentationshilfe zu bekommen. Der Sachverständigenrat zitiert im Kasten vermeintlich die Bertelsmann-Studie von Felbermayr:

Felbermayr et al. (2013a) quantifizieren die möglichen Auswirkungen von TTIP auf die Handelsströme und den Welthandel. Ein umfassendes Abkommen, mit dem alle tarifären und nicht-tarifären Handelshemmnisse abgebaut werden, kann zu einer Zunahme des transatlantischen Handels um etwa 80 % führen.“

 15 Zeilen weiter heißt es noch:

 „Hingegen führt ein umfassendes Abkommen zu weltweiten Beschäftigungszuwächsen: In Deutschland lägen sie bei 110 000 Personen (das entspricht einem Zuwachs von 0,3 %) und in der EU bei bis zu 400 000 Beschäftigten. In der übrigen Welt könnte jedoch die Beschäftigung um 240 000 Personen zurückgehen.“

 Die Zahlen die der Rat hier zitiert sind aus der Studie Felbermayrs für das Wirtschaftsministerium (2013b), nicht aus der für Bertelsmann (2013a), wie der Rat fälschlicher Weise angibt. Letztere ermittelt ganz andere Zahlen, was eigentlich dazu einladen würde, sich etwas näher damit zu befassen als der Rat das tut. Aber das ist bei weitem nicht das Schlimmste.

 Mit der vom Rat (falsch) zitierten Studie habe ich mich – weil sie so exzessiv für die TTIP-Propaganda benutzt wurde – bereits am 13.11.2013 in einer Kolumne im Handelsblatt befasst, unter dem Titel: „Stimmt es, dass das Freihandelsabkommen mit den USA Jobs schafft?“ Darin warf ich dem Ifo-Institut ganz undiplomatisch vor, die Öffentlichkeit zu täuschen.

 „Wenn das Abkommen zu einer ambitionierten Absenkung nichttarifärer Barrieren führt, dann entstehen bis zu etwa 110 000 neue Arbeitsplätze in Deutschland„, stand in der Zusammenfassung des Gutachtens vorn. Diese Zahl griffen die Medien damals auf und diese Zahl gibt auch der Sachverständigenrat kritiklos wider. Aber was steht dahinter:

 Wer sich ein paar Stunden Zeit nahm und sich bis Seite 100/101 durch für Laien unverständliche Modellbeschreibungen kämpfte, der konnte erfahren, dass sich diese Zahl auf das sogenannte „Binnenmarktszenario“ bezieht, von dem man lernte: „Dieses Szenario enthält auch jene Reduktion der effektiven Handelskosten, die sich aus dem europäischen Binnenmarktprogramm ergeben, insbesondere die Personen und Kapitalfreizügigkeit, gemeinschaftliche wettbewerbspolitische Institutionen und weitgehende Abmachungen zur öffentlichen Beschaffung.“ Hier handle es sich um ein „sehr optimistisches Szenario, welches erhebliche Unsicherheiten involviert„, räumte Ifo ein. Das Wort Unsicherheiten ist dabei natürlich auf absurde Weise deplaziert, wenn es darum geht, dass das Szenario – wie wir gleich sehen werden – so unrealistisch ist, wie es nur sein kann.

 Dazu musste man nur noch mit dem auf Seite 98 gelernten kombinieren, wo es hieß:

 „Das Binnenmarktszenario unterstellt eine sehr starke gegenseitige Absenkung der Marktzutrittsbarrieren zwischen den USA und der EU. Hinsichtlich der Handelsbarrieren erscheinen diese beiden Märkte für deutsche Firmen als fast identisch (der einzige Unterschied besteht in den höheren Transportkosten für weiter entfernte Märkte).“ Und schon weiß man:

 Es ist das Szenario, in dem die USA faktisch ein Mitglied der EU werden und alle sprachlichen, rechtlichen und kulturellen Handelshindernisse beseitigt sind und die gleiche Währung benutzt wird. 

 Obwohl die Autoren hinten in der Studie explizit schrieben, ein anderes Szenario, mit weitaus geringeren Arbeitsplatzeffekten sei das „präferierte“, wurde für die Zusammenfassung und die Pressemitteilung das Ergebnis aus dem völlig unrealistischen Szenario verwendet.  „Die Öffentlichkeit darf sich getäuscht fühlen“, schrieb ich damals. 

 Ich stellte auch die Frage, wie Ifo Folgen eines Abkommens so genau schätzen kann, von dem die Öffentlichkeit noch keine konkreten Inhalte kennt.  Tatsächlich hat das Institut einfach durchschnittliche Auswirkungen von Handelsabkommen anderer Länder zugrunde gelegt. Das berücksichtigt jedoch nicht, kritisierte ich, dass die Zollschranken zwischen der EU und den USA schon auf ein kaum noch relevantes Niveau gesenkt wurden. Nur so kann Ifo aber zu dem Ergebnis kommen, dass der Handel zwischen den EU-Staaten und den USA durch ein Abkommen um durchschnittlich 79 Prozent steigen würde und entsprechend viele Jobs entstünden. 

 Auf die Vorwürfe erwiderte der leitende Studienautor Gabriel Felbermayr seinerzeit im Handelsblatt, ich hätte übersehen, dass die berechneten Effekte nur „den Möglichkeitenraum“ ausleuchteten.  Gäbe es keine Handelsbarrieren, müsste der Importanteil der USA bei etwa 85 Prozent und jener Deutschlands bei 95 Prozent liegen. Es gebe also reichlich Raum für weitere Liberalisierung, gerade auch zwischen EU und USA, schloss er daraus.

 An meinem Hauptvorwurf – der Täuschung der Öffentlichkeit – ging diese Erwiderung wohl nicht ganz zufällig völlig vorbei .Diesen Vorwurf bekräftigte ich damals in einer weiteren Handelsblatt-Kolumne ausdrücklich, worauf Felbermayr erwiderte: 

 „Wir schrieben in der Einleitung des technischen Berichtes von ‚bis zu etwa 110 000 neuen Arbeitsplätzen‘. Jeder Leser muss diese Zahl als Obergrenze verstehen.“ Aus Tabelle 4 der im Februar auf den Ifo-Seiten veröffentlichten Zusammenfassung gehe eindeutig hervor, dass mit der Zahl ein Binnenmarktszenario gemeint ist.“

  Er redete sich also damit heraus, dass es sich nur um einen „technischen Bericht“ gehandelt habe, in dem man offenbar täuschen darf. Und wer genug detektivischen Spürsinn habe, habe  durchaus wissen können, was für ein absurd unrealistisches Szenario diesen Arbeitsplatzeffekten zugrunde liege, so die Ausflucht.

 Die Wirtschaftsweisen hatten diesen Spürsinn offenkundig nicht, trotz der Hilfestellung durch das Handelsblatt, wenn sie ein Jahr nach diesem öffentlichen Schlagabtausch schreiben: „… führt ein umfassendes Abkommen zu weltweiten Beschäftigungszuwächsen: In Deutschland lägen sie bei 110.000 Personen.“ Zumindest der Leser des Jahresgutachtens hat mit dem was er dort präsentiert bekommt keine Chance herauszufinden, dass mit umfassendem Abkommen gemeint ist, dass die USA der EU und der Euro-Währungsunion beitreten und Kultur und Rechtssystem von der EU übernehmen, oder umgekehrt. Die Weisen scheinen auch nicht zu Felbermayrs Kategorie „Jeder Leser“ zu gehören, welche die Zahl 110.000 „als Obergrenze verstehen muss.“ Schließlich schreiben sie im Indikativ und lassen auch noch die  Einschränkung „bis zu“ weg.

 Als Zugabe wollen wir noch kurz die Behauptung der Weisen beleuchten, „Studien belegen insgesamt positive Wohlfahrtseffekte für TTIP“. Tatsächlich behaupten die windigen Studien von Felbermayr ausdrücklich solche positiven Wohlfahrtseffekte. Irgendwo wird dann im Vorbeigehen in Klammer kurz erklärt, dass man Wohlfahrtseffekte mit Einkommenseffekten gleichsetzt. Genau diese Strategie übernimmt auch der Sachverständigenrat. Während die positiven Wohlfahrtseffekte in der ersten Textziffer des Haupttextes behauptet werden, findet sich der Klammerzusatz, dass es in Wahrheit um Einkommenseffekte geht, nur im siebten Absatz des Kastens 6. Der Rat tut gut daran, das so zu verstecken, denn die Gleichsetzung von Wohlfahrt und Einkommen (nicht weiter erklärt ob Durchschnitts-, Median- oder sonst ein Einkommen) ist aus wissenschaftlicher Sicht ein Killer. Das geht gar nicht, schon gar nicht so nebenher wie Felbermayr das tut und die Weisen das übernehmen. Wohlfahrt ist ein ganz anderes Konzept als das (wahrscheinlich gemeinte) Durchschnittseinkommen.

Es gibt keinen Grund und keine Rechtsfertigung von Wohlfahrtseffekten zu sprechen, wenn man den Effekt auf das Durchschnittseinkommen meint. Aber es ist offenkundig kein Versehen. Es klingt nämlich so schön, als ob die ganze Bevölkerung, das ganze Land oder so etwas ähnlich Allumfassendes von TTIP profitiere. Durchschnittseinkommen lädt dagegen zu der Frage ein, ob vielleicht nur die profitieren, denen es ohnehin schon besser geht.

 Mit Verteilungseffekten hat sich Felbermayr aber ausdrücklich nicht befasst. Und damit will er sich auch nicht befassen. In einem ntv-Interview hat er die Einladung des Interviewers zu bestätigen, dass die Vorteile von TTIP nicht nur bei den Unternehmen sondern auch „bei den Menschen“ lägen, als  unwissenschaftliche,  klassenkämpferische Rhetorik zurückgewiesen. Danach wurde er zwar konzilianter und bestätigte, dass die schon Einkommensstärkeren auch stärke profitieren würden, fügte aber hinzu, auch die Einkommensschwachen könnten profitieren. Das muss man sowohl sprachlich als auch sachlich verstehen als: es ist nicht ausgeschlossen, dass auch sie profitieren.

 Wenn man von Wohlfahrt redet, kann man nicht einfach zusammenzählen, beziehungsweise die Verluste des Einen mit Gewinnen des Anderen saldieren. Denn, da ist sich die Mainstream-Ökonomik seit vielen Jahrzehnten einig: Nutzen ist nicht zwischen Personen vergleichbar und kann daher auch nicht addiert werden. Wenn man irgendwo versteckt in einem Klammereinschub sagt, was man damit meint, und das etwas ganz anderes ist, dann ist das Täuschung des Lesers. Die fünf Weisen wissen nämlich sehr gut, dass man Wohlfahrt nicht mit Einkommen gleichsetzen darf.

Die fehlende Nutzenvergleihbarkeit und –addierbarkeit ist schon schlimm genug. Aberes ist noch schlimmer. Man kann im Durchschnitt der Armen ziemlich sicher davon ausgehen, dass ein zusätzlicher Euro ihnen viel  mehr wert sein wird als den Reichen im Durchschnitt. Wenn, wie Felbermayr einräumt, Handelsliberalisierung zu steigender Ungleichheit führt, und wenn man annehmen muss, dass es auch Verlierer, vor allem bei den Armen gibt, dann darf man erst recht nicht Durchschnittseinkommen und gesamte Wohlfahrt gleichsetzen. Denn dann muss man stark mit der Möglichkeit rechnen, dass die Verlierer in Nutzenkategorien mehr verlieren als die Gewinner gewinnen. Wenn man es trotzdem tut und gleichzeitig Verteilungsüberlegungen ausklammer, handelt man unethisch, indem man die Leser täuscht.

 Eine Minderheitsmeinung zu diesem Teil des Kapitels gab es nicht. Die fünf Weisen waren sich einig.

Wie die Wirtschaftsweisen tricksen und täuschen (Teile 1 bis 4)

Ergänzende Beiträge

Was die Weisen unterschlagen: Ausführliche Literaturliste und Diskussion aus mindestlohnfreundlicher Sicht

Wirtschaftsweise weisen Kritik zurück

Erwischt beim Tricksen und Täuschen suchen die Wirtschaftsweisen ihr Heil im Tricksen und Täuschen

Stimmt es wirklich lieber Sachverständigenrat, dass es keine beunruhigenden Entwicklungen bei der Vermögensverteilung gibt?

Notenbankökonom kritisiert Wirtschaftsweise -Vorsitzender Schmidt unter Druck

Gerechtigkeit für Peter Bofinger

 

 Ein Text von Franz Garnreiter zu Felbermayrs TTIP-Studien ist als ergänzende Lektüre empfehlenswert.

 

Meine Blogbeiträge und einen Gastbeitrag von Fritz Glunk zum Thema TTIP und CETA finden Sie im Auswahlmnü oben unter Themen – Investorenschutz

 

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