Der Beitragsservice der Rundfunkanstalten ist offenkundig bestrebt, die rechtliche Basis für meinen vielfach nachgeahmten Barzahlungs-„Trick“ gerichtlich zu klären. Deshalb lies er mir vom Hessischen Rundfunk einen ablehnenden behördlichen Bescheid ausstellen. Das erlaubt mir den nachfolgenden Widerspruch gegen die rechtlich schwache Argumentation und danach wohl bald den Gang zum Gericht, ohne dass ich vorher den Gerichtsvollzieher begrüßen muss. Dafür bin ich dem HR dankbar.
Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für den kostenfreien Bescheid vom 12.6.2015, mit dem Sie mein Ansinnen ablehnen, die Rundfunkgebühr künftig bar zu bezahlen. Gerne will ich Ihre willkommene Anregung aufgreifen, durch Widerspruch den Weg in Richtung einer schnellen Klärung dieser Rechtsfrage durch die Gerichte zu gehen.
Sie stellen fest: „Eine Barzahlung der Rundfunkbeiträge ist mit der Rechtslage nicht vereinbar.“ Sie berufen sich dabei auf die Rundfunkgebührensatzung des Hessischen Rundfunks, die als Zahlungswege für den Rundfunkbeitrag ausschließlich Einzugsermächtigung, Einzelüberweisung und Dauerüberweisung vorsieht. Zum Erlass dieser Satzung seien Sie durch den Rundfunkstaatsvertrag ermächtigt.
Ich bestreite, dass Ihre Ermächtigung so weit geht, dass Sie in dieser Satzung eine Regelung treffen dürfen, die dem Bundesbankgesetz widerspricht, wonach Euro-Banknoten unbeschränktes gesetzliches Zahlungsmittel sind.
Nach Auskunft von Währungsrechtsprofessor Helmut Siekmann, Herausgeber eines einschlägigen Kommentars, gegenüber dem Handelsblatt, gehört es zum Wesen des gesetzlichen Zahlungsmittels, dass es von hoheitlichen Stellen zur Begleichung jeglicher Geldschulden angenommen wird:
„Siekmann bezeichnet auch das Vorgehen der deutschen Finanzämter, die Begleichung von Steuern und sonstigen Abgaben nur bargeldlos zu akzeptieren, als rechtswidrig. Der Annahmezwang, insbesondere für hoheitliche Stellen, ist Siekmann zufolge ‚konstituierendes Merkmal eines gesetzlichen Zahlungsmittels‘.“ Handelsblatt 18.5.2015, S.32 „Darf der Staat das gesetzliche Zahlungsmittel verbieten?“:
Im privaten Vertragsrecht können auf freiwilliger Basis andere Zahlungsweisen verbindlich vereinbart werden. Das scheidet jedoch für eine Behörde wie eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt aus, da insbesondere die Pflicht zur Entrichtung des Rundfunkbeitrags nicht auf einer freiwilligen vertraglichen Vereinbarung beruht.
Sie argumentieren, §14 Abs. 1 Satz 2 des Bundesbankgesetzes stehe Ihrer Satzungsvorschrift nicht entgegen, weil dieser zur Zahlungsweise im Bereich des Rundfunkbeitragsrechts keine ausdrückliche Aussage treffe. Sie nehmen also offenbar für die Regelung der Zahlungsweise in Ihrer Gebührensatzung den Rechtsgrundsatz Lex specialis derogat legi generali in Anspruch. Der ist hier jedoch irrelevant, denn zunächst greift der Grundsatz: Lex superior derogat legi inferiori. Bundesrecht bricht also Landesrecht und eine gesetzliche Regel verdrängt eine entgegenstehende Satzungsregel einer öffentlich-rechtlichen Anstalt. Nur wenn zwei gesetzliche Regelungen gleichen Ranges in Konflikt stehen, ist überhaupt zu prüfen, welche die Speziellere ist und dadurch eventuell Vorrang bekommt.
Hilfsweise argumentieren Sie, die Bundesbank sehe in Ihrer Weigerung, Banknoten zur Zahlung anzunehmen, keinen Widerspruch zum Bundesbankgesetz. Dafür zitieren Sie einen Bundesbanksprecher mit allgemein gehaltenen Formulierungen aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Das Prinzip, dass jeder gehalten sei, Euro-Banknoten zu akzeptieren, unterliege auch Einschränkungen, zitieren Sie, lassen dann aber hinter Auslassungspunkten verschwinden, dass mit diesen Einschränkungen vor allem folgende Möglichkeit gemeint zu sein scheint: „So gelte im Zivilrecht die Vertragsfreiheit; daher könnten Geschäftspartner auch eine andere Art der Bezahlung vereinbaren.“ Da wir uns hier aber nicht im Zivilrecht bewegen, sondern im Verwaltungsrecht, steht Ihnen diese Möglichkeit nicht offen.
Außerdem, so der Bundesbank-Sprecher in der FAZ, könnten gesetzliche Regelungen eine andere Möglichkeit festsetzen, die Erfüllung einer Geldschuld zu regeln. Auch das ist in dieser Allgemeinheit korrekt. Der Bundesgesetzgeber kann vom Bundesbankgesetz abweichende Spezialregelungen treffen. Dem Hessischen Rundfunk steht diese Möglichkeit aber nicht offen, da Bundesrecht Landesrecht und Satzungsrecht vorgeht. Auch wenn die Rechtsauffassung der Bundesbank hier nicht maßgeblich ist, sei darauf hingewiesen, dass der letzte Satz in der Textstelle aus der FAZ, die sie wiedergeben: „Die Karte ‚Bundesbankgesetzt‘ zieht also nicht, wenn man die Einzugszentrale ärgern will“, nicht etwa eine Einschätzung der Bundesbank weidergibt, sondern die des FAZ-Redakteurs.
Sie verweisen mich auf die Möglichkeit, bei einem Bankinstitut auf eigene Kosten eine Barzahlung zu erledigen. Ich bestreite, dass dies satzungskonform ist, da, wie Sie selbst feststellen, Barzahlung nicht im Katalog der möglichen Zahlungsformen enthalten ist, den die Gebührensatzung des HR abschließend aufführt. Der Wortlaut von §10 Abs. 2. und Abs. 4 der Rundfunkgebührensatzung des HR legt nahe, dass Bareinzahlung bei einer Bank nicht satzungskonform ist, denn es heißt dort:
„(2) Der Beitragsschuldner kann die Rundfunkbeiträge nur bargeldlos mittels folgender Zahlungsformen entrichten: 1. Ermächtigung zum Einzug mittels Lastschrift bzw. künftiger SEPA-Basislastschrift, 2. Einzelüberweisung, 3. Dauerüberweisung“,
und
„(4) Der Beitragsschuldner ist verpflichtet, die von ihm zu Lasten seines Bankkontos geleisteten Zahlungen der Rundfunkbeiträge zu überprüfen und etwaige Einwendungen geltend zu machen.“
Wer kein Konto hat oder zu diesem Zwecke nutzen will, kann danach die Rundfunkgebühr nicht satzungskonform bezahlen. Denn es ist ausdrücklich sowohl von „bargeldlos“ als auch von „zu Lasten seines Bankkontos“ die Rede. Bei dieser Rechtslage kann ich nicht sicher sein, dass ich meine Beitragspflicht tatsächlich erfülle, wenn ich bar bei einer Bank einzahle. Zudem ist mir Bareinzahlung bei einem Kreditinstitut auf eigenes Risiko und eigene Kosten, wie von Ihnen angeboten, nicht zumutbar, da ich dadurch gegenüber der Barzahlung beim Gläubiger oder einem empfangsberechtigten Bevollmächtigten ungerechtfertigt benachteiligt würde. Mit letzterer kann ich meine Schuld zeitgleich ohne Abzug und weiteres Risiko gegen Quittung begleichen. Wenn ich bei einer Bank bar einzahle, muss ich weiterhin das Risiko tragen, dass das Geld nicht auf das Konto des Beitragsservice überwiesen wird, und habe beträchtliche „Zahlungsübermittlungskosten“ zu tragen.
Es ist aber Aufgabe des hoheitlichen Gläubigers, dem Schuldner eine Bezahlung mit dem gesetzlichen Zahlungsmittel zu ermöglichen. Wenn er sich entscheidet, diese Verpflichtung von einem externen Dienstleister erfüllen zu lassen, darf er die damit verbundenen Kosten und Risiken nicht dem Beitragsschuldner aufbürden. Das wäre mit der Annahmepflicht des gesetzlichen Zahlungsmittels für hoheitliche Stellen nicht vereinbar. Entsprechend ist auch in §224 Absatz 4 der Abgabenordnung festgelegt, dass für Steuerzahlungen die zuständige Kasse nur geschlossen werden kann, wenn am Ort eine Filiale der Bundesbank oder eines oder mehrere Finanzinstitute ermächtigt werden, „Zahlungsmittel gegen Quittung entgegenzunehmen“. Absatz 2, auf den dabei verwiesen wird, impliziert, dass mit Übergabe der Zahlungsmittel an das ermächtigte Kreditinstitut die Schuld sofort ohne weiteres Risiko für den Schuldner getilgt ist. (Die Kostenfrage ist dabei nicht ausdrücklich geregelt.)
Sie schreiben, die Ablehnung von Bargeld sei durch Gründe der Verwaltungspraktikabilität im Massenverwaltungsverfahren und die dadurch erreichte Kostenersparnis gerechtfertigt. Das bestreite ich aus folgenden Gründen:
- Der Landesgesetzgeber hat beschlossen, einen Rundfunkbeitrag einzuführen, den einer einheitlichen Wohnungssteuer sehr ähnlich ist, anstatt den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus Steuermitteln zu finanzieren, was sehr viel weniger Verwaltungskosten verursachen würde. Man denke nur an die astronomische Zahl von 21 Millionen Mahnungen und 890.000 Vollstreckungsersuchen im Jahr 2014 laut Geschäftsbericht des Beitragsservice. Verwaltungspraktikabilität und Kosteneffizienz waren offenkundig keine vorrangige Erwägung bei der Einführung des Rundfunkbeitrags. Wären sie das, müsste der Beitrag abgeschafft werden. Wen der Gesetzgeber sich entscheidet, einen millionenfach einzeln einzutreibenden Sonderbeitrag einzuführen, muss er hinnehmen, dass die Verwaltung diesen Beitrag auch Einzeln in Form des gesetzlichen Zahlungsmittels entgegennehmen muss.
- Es gibt die kostengünstige Alternative, dass die Rundfunkanstalten mit den ebenfalls öffentlich-rechtlichen Sparkassen eine Vereinbarung schließen, wonach letztere Bareinzahlungen gegen Quittung zu moderaten Kosten entgegennehmen, die dann vom Beitragsservice zu tragen wären, ebenso wie das Überweisungsrisiko.
- Trotz ihrer Aussage, dass die Annahme von Bargeld mit übermäßigen Verwaltungskosten verbunden wäre, nehmen andere Rundfunkanstalten, darunter mindestens der RBB in Berlin und der WDR in Köln, nachweislich in den dortigen Servicestellen Bargeld entgegen. Das geschieht allerdings unter der Hand und wird vom Beitragsservice nicht kommuniziert.
Sie führen außerdem an, entsprechende einschränkende Regelungen fänden sich auch in anderen Bereichen. So könne eine Kfz-Zulassung verweigert werden, wenn keine Ermächtigung zur Einziehung der Kfz-Steuer erteilt worden ist. Das OVG Rheinland-Pfalz habe dies als zulässig beurteilt, weil es der Veraltungsvereinfachung diene und somit im Interesse aller Bürger sei. Die Übertragbarkeit ist aber aus folgenden Gründen nicht gegeben:
- In dem Beispiel, das Sie anführen trifft mit§8 KfzStG ein Bundesgesetz eine spezielle, von der allgemeinen Regel im Bundesbankgesetz abweichende Regelung. Beim Rundfunkbeitrag trifft eine Satzung eine von einem Bundesgesetz abweichende Regelung. Dar höherrangige Gesetz bricht aber die Satzung, auf den Grad der Spezialität kommt es dabei nicht an.
- Das OVG Rheinland-Pfalz hatte nicht über einen möglichen Konflikt mit dem §14 Bundesbankgesetz und die Verweigerung der Barzahlungsoption zu befinden, weil das vom Kläger nicht moniert worden war. Dieser monierte vielmehr nur, dass er nicht per Überweisung bezahlen durfte.
- Während es dem Bundesgesetzgeber möglicherweise frei steht, eine spezielle Regelung zu treffen, die von allgemeineren Regelungen im Bundesbankgesetz abweicht, so ist offen – und wird von mir bestritten – ob das Erfordernis, eine Einzugsermächtigung zu erteilen, mit dem höherrangigen Artikel 128 Abs. 1 Satz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union vereinbar ist, der ebenfalls regelt, dass auf Euro lautende Banknoten gesetzliches Zahlungsmittel sind.
Aus den genannten Gründen lege ich Widerspruch gegen Ihren Bescheid vom 12.06.2015 ein und beantrage, diesen aufzuheben und mir durch Änderung der Satzung des Hessischen Rundfunks eine satzungskonforme Möglichkeit einzuräumen, meine Beitragspflicht unter Verwendung des gesetzlichen Zahlungsmittels zu erfüllen.
Mit freundlichen Grüßen