Dem BSW fehlten laut dem vorläufigen Endergebnis und der Aussage der Bundeswahlleiterin 13.435 Stimmen, um die Fünfprozenthürde zu überspringen. Das sind 0,028 Prozent der abgegebenen Zweitstimmen. In einer Pressemitteilung vom 7. März schreibt das BSW, dass es zahlreiche Anomalien in den online einsehbaren Wahlergebnissen in den Wahlkreisen und Wahlbezirken gebe. Die Partei habe alle Landes- und alle Kreiswahlleitungen über die gefundenen Unregelmäßigkeiten informiert, habe aber keine Übersicht darüber, wo diesen Meldungen nachgegangen wurde. Es sei aber offensichtlich, dass es zu vielen Fehlern zu Lasten des BSW gekommen sei. Die Partei fordert deshalb eine bundesweite Nachzählung. Nur dadurch könne festgestellt werden, ob das BSW tatsächlich an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert ist.
Auf Basis der Daten aus Wahlbezirken, aus denen genügend Informationen veröffentlicht wurden, hat das BSW vier Fehlerquellen festgestellt, die zulasten dieser Partei gingen. Die Datenlagen bezüglich der veröffentlichten Daten sei aber zu schlecht und zwischen den Bundesländern uneinheitlich, um ohne Neuauszählung Genaues sagen zu können.
Kategorie I: Fehlerhafte Übertragungen
Zwischen den Ergebnissen je Wahlkreis, die durch die Bundeswahlleiterin veröffentlicht wurden, und den veröffentlichten Zahlen auf der Gemeinde- oder Wahlkreisebene habe es Differenzen zu Lasten des BSW im Umfang von rund 1.500 Stimmen gegeben.
Kategorie II: Auffällige Anomalien auf der Wahlbezirksebene
Es gab Wahlbezirke, in denen das BSW keine oder nur einzelne Stimmen erhalten hat, aber Kleinstparteien wie das Bündnis Deutschland viele Stimmen. Dort wurde festgestellt, dass bei der Auszählung Stimmen für das BSW fälschlich dem Bündnis Deutschland oder anderen Parteien zugeschlagen wurden. Das BSW habe den Bundes-, Landes- und den Kreiswahlleitern rund 100 Wahlbezirke mit rund 2.500 falsch zugeordneten BSW-Stimmen für diese klaren Anomalien genannt.
Kategorie III: Weniger auffällige Anomalien auf Wahlbezirksebene
Das BSW geht davon aus, dass falsche Zurechnungen von BSW-Stimmen nicht auf erkennbare Extremfälle wie die beschriebenen beschränkt sind. Bundesweit hat das BSW rund 30 mal mehr Stimmen erhalten als das Bündnis Deutschland. Weniger auffällige Anomalien liegen vor, wenn das BSW zwar Stimmen erhalten hat, aber im Verhältnis zum Bündnis Deutschland auffällig wenig, etwa wenn beide Parteien etwa gleich viele Stimmen erhalten. In einer Überschlagsrechnung kommt das BSW auf rund 1.000 BSW-Stimmen, die falsch zugeordnet worden sein könnten.
Es ist allerdings auch denkbar, dass Wähler versehentlich ihr Kreuz beim falschen Bündnis gemacht haben. In dem Umfang, in dem das geschah, liegt kein korrekturbedürftiger Auszählungsfehler vor.
Kategorie IV: Von außen nicht erkennbare Fehler
Das BSW listet daneben noch drei Arten von Fehlern zu Lasten des BSW auf, die ohne Neuauszählung nicht erkennbar sind. Da sind zum einen die Fälle, in denen BSW-Stimmen so vereinzelt falsch zugeordnet wurden, dass sich keine (ausgeprägten) Anomalien im Ergebnis eines Wahlbezirks feststellen lassen. Außerdem gebe es Erkenntnisse, dass das BSW überproportional davon betroffen sein könnte, dass Wahlzettel fälschlich als ungültig gewertet wurden. Stimmzettel, auf denen nur eine Zweitstimme angekreuzt ist, sind gültig, Es komme aber vor, dass sie fälschlich als ungültig gewertet würden. Da das BSW in vielen Wahlkreisen keinen Bewerber für die Erststimme aufgestellt hatte, treffe dieser Fehler das BSW mutmaßlich überproportional.
Und schließlich habe das BSW auf sehr vielen Wahlzetteln ganz unten gestanden, sodass es bei einfacher Entfaltung des Wahlzettels nicht sichtbar gewesen sei. Es sei deshalb davon auszugehen, dass hier und da bei der Auszählung Stimmen für das BSW übersehen worden seien. Über solche Fälle sei im Zusammenhang mit Neuauszählungen in der Presse berichtet worden.
Reicht es für die Fünfprozenthürde?
Zusammengefasst kommt das BSW durch Abschätzung der systematischen Fehler, für die es von außen erkennbare Indizien gibt, auf 5.000 fälschlich nicht gezählte Stimmen für die Partei. Dann würden weniger als 9.000 Stimmen zur Fünfprozenthürde fehlen, die bei einer bundesweiten Neuauszählung in den Wahlbezirken ohne Auffälligkeiten per Saldo zusätzlich für das BSW gefunden werden müssten. Das wäre bei rund 90.000 Wahllokalen eine zusätzliche Stimme in jedem zehnten Wahllokal.
Auf die Nachfrage, ob auch Fehler zugunsten des BSW festgestellt worden seien, antwortete das BSW, dass dort, wo in Nordrhein-Westfallen in Wahllokalen neu ausgezählt worden sei, ausschließlich Fehler zulasten des BSW gefunden worden seien. In einigen Wahllokalen in Berlin Hellersdorf, in denen neu ausgezählt wurde, seien drei Fehler zuungunsten und einer zugunsten des BSW entdeckt worden.
Fazit
Es ist von außen nicht feststellbar, wie objektiv oder zweckoptimistisch das BSW gerechnet hat. Deutlich ist aber, dass es Fehlerquellen bei der Feststellung des Wahlergebnisses gab, die systematisch zu Lasten des BSW gingen. In Anbetracht des äußerst knappen Ergebnisses sehe ich keine Rechtfertigung, unter solchen Umständen auf eine komplette Neuauszählung der Stimmen zu verzichten. Das um so mehr, als ein Überspringen der Fünfprozenthürde durch das BSW massive Auswirkungen auf die Möglichkeiten der anderen Parteien zur Regierungsbildung hätte.
Transparenzhinweis: Der Autor ist BSW-Mitglied.
Änderungshinweis: Ich hatte zunächst irrtümlich von 0,028% der für das BSW abgegebenen Stimmen geschrieben, die zur 5%-Hürde fehlen würden. Das habe ich geändert auf 0,028% aller Stimmen.