Scholz befördert seinen Lieblingsbock Jörg Kukies zum Obergärtner

7. 11. 2024 | Einmal kurz Kukies in die Internet-Suchmaschine und in die Suchzeile meines Blogs eingetippt, und man hat mehr als genug Nachweise der eklatanten Ungeeignetheit des ehemaligen Goldman-Bankers Jörg Kukies für das Amt des Finanzministers. Von massenhaften Lobbykontakten ohne jede Aufzeichnung über unrühmliches Versagen im Wirecard-Skandal bis Bilderberg-Treffen.

Schon als der damalige Finanzminister Olaf Scholz den Ko-Chef des deutschen Ablegers der Investmentbank Goldman Sachs 2018 zum Staatssekretär machte und ihm die Verantwortung für die Finanzmarktregulierung übertrug, wurde sehr berechtigte Kritik laut, dass hier ein Bock zum Gärtner gemacht werde. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung garnierte diese Kritik noch mit dem Verweis darauf, dass sich alle Prognosen für die Finanzmärkte, die Kukies ein Jahr vorher gegenüber der Zeitung abgegeben hatte, als Fehlprognosen herausgestellt haben. Seit Olaf Scholz Gedächtnislücken vorschützen und hier und da lügen musste, um das Eingeständnis zu vermeiden, dass er selbst sich als Lobbyist für kriminelle Banker betätigt hat, wundert man sich natürlich nicht mehr über die ungewöhnliche Wahl seines Staatssekretärs.

Auf Abgeordnetenwatch kann man nachlesen, dass sich Kukies allein zwischen September und Dezember 2021, also den Wochen vor und nach der Bundestagswahl, in rund 100 Fällen mit Lobbyakteuren traf, unter anderem mit Vertretern des Rüstungskonzerns Airbus Defense, der Investmentgesellschaft BlackRock, mehreren Banken sowie seinem früheren Arbeitgeber Goldman Sachs. Zu keinem einzigen dieser Lobbykontakte habe man im Finanzministerium schriftliche Aufzeichnungen gefunden. Das ist der institutionalisierte Gedächtnisverlust eines Ministeriums.

Im Skandal um den Milliardenbetrug des im DAX gelisteten Finanzunternehmens Wirecard machte Kukies eine sehr unrühmliche Figur, die Handelsblatt-Reporter Felix Holtermann im Buch „Geniale Betrüger“ beschrieben hat. Ein Auszug aus dem Buchauszug, den ich hier 2021 publizierte:

„Klar ist: Der Wirecard-Crash setzt die Bundesregierung zunehmend unter Druck und ganz besonders das Finanzministerium. Hier gilt nicht nur Schmidt als wichtiger Strippenzieher, sondern auch Staatssekretär Jörg Kukies. Der Ex-Chef des Deutschlandablegers der US-Großbank Goldman Sachs sollte bei seiner Berufung 2018 dem Juristen Scholz den dringend benötigten Finanzsachverstand liefern. Tatsächlich verrannte sich Scholz unter Kukies’ Ägide in der Folge in die Unterstützung der gescheiterten Megafusion von Deutscher Bank und Commerzbank. Auch im Fall Wirecard warf Kukies’ Agieren viele Fragen auf.

Wie das Bundesfinanzministerium erst verheimlichte, dann schließlich auf Twitter einräumen musste, war Kukies vorab über das Leerverkaufsverbot informiert. Er schritt nicht ein. »Das Leerverkaufsverbot war offenkundig rechtswidrig«, kritisiert Danyal Bayaz von den Grünen. »Die Rechts- und Fachaufsicht des Bundesfinanzministeriums über die Bafin hätte bei diesem außergewöhnlichen Vorgang genauer hinsehen und eingreifen können und müssen.« (…)

Fakt ist: Scholz’ Vertrauter hätte in Aschheim selbst nachfragen können, was an den schweren Vorwürfen gegen den Konzern dran ist. Kukies hatte im Herbst 2019 zweimal mit Wirecard-Ex-Chef Braun gesprochen. Den Inhalt der Gespräche hatte das Ministerium mit Berufung auf »Geheimschutzinteressen« lange verschwiegen. Beim ersten Mal saßen Kukies und Braun auf einem Podium und tauschten im Anschluss nur Höflichkeiten aus. Beim zweiten Mal, dem 5. November 2019, besuchte Kukies Braun in der Konzern­zentrale in Aschheim – ausgerechnet an Brauns 50. Geburtstag.

»Das Gespräch betraf eine Vielzahl von Themen und auch die Unternehmensgruppe Wirecard. Gegenstand des Gesprächs waren auch der Marktmanipulationsverdacht sowie die begonnene KPMG-Sonderprüfung«, heißt es im Sachstandsbericht. Zu der »Vielzahl von Themen« sollen die Zukunftsvisionen, die Braun schon seit Jahren interessierten, gehört haben: etwa die Themen Cloud, Kryptowährungen, Zukunft der Zahlungsabwicklung, der Einfluss neuer Wettbewerber aus dem Technologiebereich sowie die Start-up-Kultur in Deutschland.

Über Wirecards internationale Expansion, etwa nach China, oder eine Unterstützung der Bundesregierung für den Konzern, soll nicht gesprochen worden sein, heißt es bis heute aus dem Bundesfinanzministerium. Von Brauns 50. Geburtstag habe Kukies nichts gewusst, Notizen seien beim Gespräch nicht gemacht worden.

Viele politische Beobachter wollen diese Darstellung nicht glauben. Und selbst wenn sie der Wahrheit entspricht: Unverständlich erscheint, dass der Finanzprofi Kukies das Gespräch mit Braun trotz der gravierenden Vorwürfe nicht entweder abgesagt oder zu einer peinlichen Befragung des Wire­card-Chefs genutzt hat.

Sogar Rettung mit Staatsgeld wurde erwogen
Kurz vor Schluss lief Scholz’ Team dann zur Hochform auf, um Wire­card zur Seite zu springen. Noch am 23. Juni rief Kukies den Chef der KfW-Tochter Ipex an, die 90 Prozent ihres 100-Millionen-Euro-Kredits an Wirecard in der zwei Tage später folgenden Insolvenz verlieren sollte. Der Chef der Staatsbank-Tochter, Klaus Michalak, erkannte sofort die Brisanz des Telefonats, wie der Spiegel berichtete.

Man habe ihn bereits »vorgewarnt«, schrieb Michalak in einer E-Mail an seine Chefs in der KfW-Spitze um Günther Bräuning: Bundesfinanz- und Bundeswirtschaftsministerium sollten darüber nachdenken, »für Wirecard eine ›deutsche Lösung‹« zu finden. Offensichtlich wollte die Bundesregierung dem Konzern neue Kredite zuleiten und eine Übernahme durch ausländische Konkurrenten verhindern – und das einen Tag, nachdem Wirecard mitgeteilt hatte, dass die fehlenden 1,9 Milliarden Euro in der Konzernbilanz höchstwahrscheinlich nie existiert hatten, ebenso wenig wie große Teile des Drittpartnergeschäfts.

»Herr Kukies will mit uns wohl diskutieren, ob wir nicht nur stillhalten können, sondern ggf. unser Engagement noch aufstocken würden«, erklärte Michalak demnach den Chefs der Staatsbank. »Unter Risikogesichtspunkten ist das für die Ipex nicht vertretbar«, so seine Einschätzung. Sollte in den taumelnden Konzern Steuergeld fließen, die KfW eingespannt werden für politische Zwecke? Zumindest sieht es ganz danach aus, als hätte die Spitze des Finanzministeriums bis zum Schluss der Idee des »Nationalen Champions« Wirecard nachgehangen.

Einen Tag vor dem Telefonat mit Michalak hatte Kukies laut Reuters ein neunseitiges, als »sehr eilig« und »vertraulich« gekennzeichnetes Memo an Scholz geschickt, in dem er anregte, KfW-Gelder für die Rettung von Wirecard einzusetzen. »Die Presse berichtet, dass das operative Geschäft von Wire­card trotz der Coronavirus-Krise und trotz der Fehltritte gut läuft«, heißt es in dem Dokument in grotesker Verkennung der realen Lage und der vielen kritischen Presseartikel.“

Und natürlich darf ein Jörg Kukies auch nicht fehlen und darf mitkungeln, wenn sich die Bilderberger treffen.

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