Professor Steffen Hindelang von der FU Berlin, ein anerkannter Experte in internationalem Handelsrecht, hat heute bei einer gemeinsamen Anhörung der EU-Parlamentsausschüsse für Recht und für internationalen Handel die Ergebnisse dreier Studien im Auftrag des Parlaments zu Internationalen Schiedsgerichten im Investorenschutz präsentiert. Eine ist von ihm selbst, die beiden anderen von Pieter Jan Kuijper (Universität Amsterdam) bzw. Ingolf Pernice (Humboldt-Universität). Die drei Experten unterstützen
den Abschluss von Investitionsschutzabkommen, einen sehr umstrittenen Teil der vorgesehenen Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) und den USA (TTIP). Sie haben allerdings nach Hindelangs Präsentation fünf gravierende Probleme bei den zur Streitschlichtung im Rahmen dieser Abkommen bisher vorgesehenen Schiedsgerichten identifiziert und schlagen jeweils Abhilfe vor.
1. Die Abkommen schwächen in der vorgesehen Form die nationale Gerichtsbarkeit, anstatt sie zu stärken und zu verbessern.
Abhilfe: Bindende Regeln dazu, dass der übliche Rechtsweg zunächst soweit zumutbar umfassend ausgeschöpft werden muss.
2. Es gibt keine Berufungsinstanz, die den Namen verdient. In den Vertragsentwürfen wird nur vage von einer solchen Möglichkeit gesprochen.
Abhilfe: Schaffung einer Berufungsinstanz.
3. Die öffentliche Wahrnehmung, dass die Anwälte, die als Schiedsrichter fungieren, aus Interesse an mehr lukrativen Verfahren investorenfreundlich urteilen, wird nichts entgegengesetzt.
Abhilfe: Deutliche Ausweitung der Anzahl der zugelassenen Experten und Festlegung einer Reihenfolge, um das materielle Interesse der Einzelnen zu schwächen.
4. Die Abkommen überlassen es dem bei der Weltbank angesiedelten ICSID wichtige Administrative Entscheidungen zu treffen, die den Ausgang der Verfahren stark beeinflussen können, wie etwa die Auswahl der Vorsitzenden der Schiedsgerichte. Das Problem wird höfflich umschrieben damit, dass diese Organisation eine ist, „in der Europäische Kräfte traditionell keine Dominanz haben“.
Abhilfe: Schaffung einer neuen unabhängigen Institution mit Sitz in Europa.
5. Der Streitbeilegungsmechanismus könnte EU-Recht widersprechen.
Abhilfe: Kein Abschluss ohne den Vertragstext dem Europäischen Gerichtshof zur Stellungnahme vorzulegen und bei Bedarf anzupassen.
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Die zugrundeliegenden Studien sind hier veröffentlicht.
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Hier lernt man unter anderem, dass es auch um etwas geht, was weitgehend totgeschwiegen wird. Die Regeln sollen auch für alle Anbieter von Finanzdienstleistungen, einschließlich der Derivateanbieter und –händler gelten und die Gewinn schützen, die sie damit zu machen erwarten. Finanzmarktregulierung adieu.