Griechenland geht schon bald das Geld aus“, meldet die FAZ seit nunmehr 73 Tagen

Kein Konjunktiv, kein „könnte“, kein „vielleicht“. „Griechenland geht schon bald das Geld aus“, betitelt die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 15.4. einen Bericht im Wirtschaftsteil. Der wissende Ton ist umso erstaunlicher, als man nach wenigen Zeilen erfährt, dass die Regierung in Athen einen (nicht näher bezeichneten) Bericht dementiere, schon Ende April drohe der Zahlungsausfalls. Aber es ging bei dieser Information wohl auch nicht um das Dementi, sondern nur darum, den baldigen Termin des angeblichen

Zahlungsausfalls suggestiv hinschreiben zu können, ohne ihn selbst behaupten zu müssen. Noch erstaunlicher wird das sichere Wissen der Zeitung dadurch, dass man gleichlautendes bereits mehrfach geschrieben hat, und zwar seit – halten sie sich fest – dem 2. Februar, kurz nach dem Wahlsieg der Syriza. „Dem griechischen Staat …. Geht das Geld aus“, schrieb Werner Mussler damals.

Die FAZ ist mit diesen Berichten natürlich nicht allein, sie war nur besonders früh dran. Auf Spiegel Online wusste Florain Diekmann allerdings sogar schon am 29. Januar zu berichten, dass dem frechen Tsipras und seiner Regierung „schon in wenigen Wochen“ das Geld ausgehen könnte. Seit gut einem Monat lesen wir in allen deuten „Qualitäts“-Zeitung, dass das Geld bald alle sein wird. Nur vereinzelt geben sich die Quellen dieses Wissens zu erkennen, wie der deutsche Tacheles-Griechenfreund und –versteher, EU-Parlamentspräsident Martin Schulz oder ESM-Chef Klaus Regling.

Meist jedoch ist die Quelle, wenn eine Angabe überhaupt für nötig befunden wird, „Brüsseler Kreise“, so als ob es seröser Journalismus wäre, in einer derartigen konfliktbeladenen Verhandlungssituation zwischen Brüssel und Athen unhinterfragt und als Tatsache verkleidet anonyme Brüsseler Quellen verbreiten zu lassen, wie gut oder schlecht die finanzielle Lage Athens angeblich  ist. Das ist schlimmer als willfähriger Verlautbarungsjournalismus, den bei dem kennt man wenigsten Ross und Reiter.

Diese Fehlleistung wird auch nicht nachträglich geheilt werden, wenn Athen tatsächlich irgendwann das Geld ausgeht. Die Europäische Zentralbank hat das in der Hand, wenn sich Griechenland nicht irgendwie mit Brüssel einigt. Es gibt unter derzeitigen Bedingungen nur ganz wenige Länder in Europa, die nicht Pleite gingen, wenn die EZB ihren Banken den Saft abdrehte und diesen verböte, die heimischen Anleihen zu kaufen oder dem Staat Kredit zu geben.   

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