Digitalvernarrte Warntag-Amateure beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz

Mit Nachtrag (15.9) |  14. 09. 2023 | Wer kein Smartphone nutzt, hat keine Warn-SMS bekommen. Das scheint daran zu liegen, dass das Bundesamt für Bevölkerungsschutz Mobiltelefon mit Smartphone gleichsetzt. Die Umfrage des Amts zur Ermittlung der Wirksamkeit der Warnungen ist so amateurhaft, dass ich meinen Hinweisversuch abbrach und stattdessen hier berichte.

Ich bekam von den Probewarnungen am bundesweiten Warntag nur über ein Familienmitglied mit, dessen Smartphone Warntöne abgab. Die Sirene war bei geschlossenem Fenster nicht zu hören. Als Nichtnutzer eines Smartphones bekam ich keine SMS auf mein Mobiltelefon.

Eine SMS an alle Mobiltelefone zu verschicken, scheint mir im Vergleich zu den komplexen Herausforderungen der Smartphone-Warnungen ein ziemlich einfaches Unterfangen. Darauf zu verzichten, ist kein kleines Versehen, weiß ich doch als Smartphone-Muffel, dass die einfachen Mobiltelefone praktisch ausschließlich für die Zielgruppe der älteren Menschen angeboten werden. Und gerade diese sollten im Katastrophenfall eigentlich auch frühzeitig gewarnt werden. Sie brauchen ja etwas länger, sich in Sicherheit zu bringen.

Dieses Manko hätte ich dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz im Rahmen von dessen Warntag-Umfrage gern mitgeteilt. Aber leider schreiben die Fragebogengestalter des Amts zwar von „Mobiltelefon“, setzten dieses aber implizit mit Smartphone gleich. Man kann sich bei den Bevölkerungsschützern offenbar gar nicht vorstellen, dass es auch Mobiltelefone gibt, die ohne Überwachungsfunktionen nur zum Telefonieren da sind.

Ich habe dennoch brav meine Kreuzchen gemacht, um vielleicht später noch meinen Hinweis geben zu können. Aber als ich zum dritten Mal lange Listen von Fragen komplett ausfüllen musste, weil ich sonst nicht zur nächsten Seite des Fragebogens gelangen konnte, stieg ich aus.

Mit Verlaub: eine Fragebogengestaltung, bei der man, um einen einfachen Hinweis loszuwerden, dass etwas bestimmtes nicht funktioniert hat, viele Dutzend damit unzusammenhängende Fragen beantworten muss, die die Fragebogenautoren interessieren, ist amteurhaft.

Die Einführung eines Rechts auf analoges Leben scheint immer wichtiger. Denn in immer mehr Lebensbereichen gehen Behörden und andere inzwischen wie selbstverständlich davon aus, dass jeder sich digital vernetzt und an ein mobiles Überwachungsgerät angebunden hat. Wer das nicht tun will oder kann, ist draußen.

Nachtrag (15.9.)

Es scheint, dass auch manche normale Handys die Warn SMS bekommen haben. Sie müssen dafür Cell-Broadcast fähig sein. Welche das sind, lässt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz allerdings im Dunkeln. Man solle bitte „die Informationen der Endgerätehersteller zu den gerätespezifischen Einstellungen und Betriebssystemen“ beachten, um das herauszufinden. Bei meinem Hersteller ist mir das nicht gelungen.

Für die gängigen Smartphone-Marken bietet das Amt Listen von empfangsfähigen und nicht-empfangsfähigen Versionen an. Zu den normalen Handys kein Wort, außer der kryptischen Empfehlung, selber zu suchen. Die alten Leute mit den einfachen Handys werden das schon herausfinden, hat man sich offenbar gedacht – oder man hat einfach nicht nachgedacht, oder war zu faul.

Im Formular der Warntag-Umfrage des Amts wird wie erwähnt gar nicht erst zwischen Smartphone und Handy unterschieden und es werden nur Smartphone-Marken abgefragt.

 

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