Der Beschluss des Landtags Brandenburg vom 23. Januar zur Einsetzung einer Enquete-Kommission „Lehren aus der Coronapandemie zur Analyse und Aufarbeitung staatlicher Maßnahmen sowie zur Stärkung der Krisenresilienz des Landes Brandenburg“ liegt schon ein bisschen zurück. Weil ich seinerzeit nicht im Einsatz war, und die Medien diese Nachricht sehr weitgehend für sich behalten haben, will ich mit etwas Verspätung darüber berichten.
Es ist bemerkenswert und lobenswert, dass die SPD zusammen mit und auf Druck ihres Koalitionspartners BSW den Antrag auf Einsetzung dieser Kommission eingebracht hat. Denn die SPD war in der Corona-Zeit unter dem alten und neuen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke zusammen mit CDU und Grünen an der Regierung. Sie beantragt also die Aufarbeitung des eigenen Handelns in dieser schwierigen Zeit. So etwas hat auch schon die grün-schwarze Regierungkoalition in Baden-Württemberg unternommen, mit der Enquete-Kommission „Krisenfeste Gesellschaft“, die Lehren aus der Corona-Zeit ziehen sollte. Diese sollte das aber ausdrücklich tun, ohne sich kritisch zu den während dieser Zeit getroffenen Maßnahmen zu äußern. Sie sollte vielmehr in ihren Schlussfolgerungen nur nach vorne blicken.
Die Kommission hielt sich daran. Ihr Abschlussbericht von Juli 2024 ist komplett glattgebügelt und bedient darüber hinaus so ziemlich jedes Hobby grüner Politiker, von planetarer Gesundheit über Achtsamkeit bis zu Förderung (post)migrantischer Organisationen. Zum Thema Kinder und Schulschließungen beispielsweise wird zwar recht ausführlich dargestellt, wie sehr die Kinder darunter gelitten haben und leiden. Aber kein Wort dazu, ob die sehr langen Schließungen gerechtfertigt waren. Sie werden behandelt wie unabwendbare, vom Himmel gefallene Gegebenheiten.
In den Empfehlungen wird lediglich kurz thematisiert, dass der Betrieb in Bildungs- und Betreuungseinrichtungen in Krisen prioritär sicherzustellen und, wo geeignet, mit digitalen Angeboten zu unterstützen sei. Bei notwendiger Schließung sei eine Notbetreuung zu gewährleisten. Das geht unter in elf weiteren zeitlos-guten und unverfänglichen Vorschlägen, wie den Umgang mit Stress in den Lehrplan aufzunehmen, die technische Ausstattung der Schulen zu verbessern und die Mitbestimmung der Schüler zu stärken. Der übrige Bericht ist gleichermaßen blutleer. Eine solche Enquete-Kommission braucht niemand, außer einer schuldbewussten Regierung, die einer echten Aufarbeitung zuvorkommen und sie damit verhindern will.
Die Kommission in Brandenburg dagegen hat nicht den Auftrag abzuwiegeln und abzulenken. Sie soll ausdrücklich die Corona-Maßnahmen auf ihre Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit überprüfen und Empfehlungen geben, wie staatliche Eingriffe in Freiheitsrechte „unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“ so gering wie möglich bleiben können. Auch eine Amnestie für die Verletzung von Corona-Auflagen soll geprüft werden. Den Vorsitz hat eine SPD-Abgeordnete, den stellvertretenden Vorsitz ein AfD-Abegeordneter. (Bericht der Märkischen Allgemeinen, Einsetzungsbeschluss, Antrag zur Einsetzung von SPD und BSW).
Weil es in Brandenburg schon zwei Corona-Untersuchungsausschüsse gab, waren sich alle Fraktionen einig, dass ein weiterer Untersuchungsausschuss nicht sinnvoll wäre. Es wird spannend zu sehen, ob die SPD in Brandburg tatsächlich die Größe zu einer echten Aufarbeitung der Corona-Maßnahmenpolitik aufbringen wird.
Transparenzhinweis: Der Autor ist BSW-Mitglied