Massenhaft Nationalsozialismus bei Telepolis – Was ist los beim Politmagazin von heise online?

27. 12. 2016 | Zweimal braun, einmal faschistoid, dreimal Nazi, sechsmal nationalsozialistisch, einmal Hitler: so charakterisiert einer von Deutschlands übelsten Schmierfinken die Haltung und Programmatik von Sahra Wagenknecht. Er tut das nicht in der antideutschen Nato-Postille Jungle World, sondern auf Telepolis. Ist das ein Ausrutscher? Eine Spurensuche fördert Bedenkliches zu Tage.

Ich bekomme oft Links auf Telepolis-Artikel zugeschickt. Oft sind sie erfrischend, weil sie Dinge thematisieren, die ansonsten in den Medien kaum vorkommen. Ich bin dennoch nicht zu einem regelmäßigen Leser dieses Portals geworden, weil die Qualität stark schwankt. Es ist mir zu zeitraubend, das Wichtige und Neue vom Halbgaren, Einseitigen und Übertriebenen zu trennen. Auslöser genauer hinzuschauen waren zwei Beiträge der letzten Tage. Kurz vor Weihnachten durfte, wie erwähnt, ein Tomasz Konicz ganz tief in den Fundus der Nazivergleiche greifen, um Sahra Wagenknecht zu verunglimpfen. Ein paar Tage zuvor hatte Telepolis-Chefredakteur Florian Rötzer einen Aufruf zum Werbeboykott gegen „rechts“ ausgerechnet damit verteidigt: „Wo Unternehmen und Agenturen ihr Geld lassen, ist allerdings, gefördert durch Kampagnen oder nicht, deren Entscheidung, so lange wir keinen Kommunismus haben.“ Das wirkte auf mich ziemlich befremdlich. Denn es war eine hämische Antwort an den Juden Henryk Broder, der sich beklagt hatte, der Boykottaufruf gegen seine Website Achse des Guten erinnere ihn an die Kauft-nicht-bei-Juden-Kampagne damals. Auch die Konsumenten damals konnten ihr Geld lassen, wo sie wollten, bei Juden oder bei Ariern, gefördert durch Kampagnen oder nicht. Wo sieht Rötzer den Unterschied, fragt man sich. Der Zusatz, dass Broder ohnehin nur „die schlechte Stimmung  förder(t)“, was populistisch sei, machte Rötzers Beitrag auch nicht besser.

Unter dem Titel „Nationalsozial in den Wahlkampf?“ vermerkte Konicz in seinem Telepolis-Beitrag: „(Wagenknecht) kann das Fischen im braunen Sumpf einfach nicht lassen“ und so „wagt sie sich wieder mit an ordinär nationalsozialistische Ideologie anknüpfenden Bemerkungen aus der nationalen Deckung.“ Konicz zufolge zog sie am 18. Dezember „den großen nationalsozialistischen Trennstrich zwischen der hart arbeitenden deutschen Mehrheit und den unseligen Minderheiten“. Sie baue damit eine für nationalsozialistische Neidpropaganda charakteristische Frontstellung auf, „die sich nicht nur gegen die Finanzmärkte (raffendes Kapital), sondern vor allem gegen Minderheiten richtet“, und verfestige damit „diesen faschistoiden Diskurs, der die deutsche Mehrheitsbevölkerung von parasitären Minderheiten und Ausländern ausgesaugt sieht“. Wagenknecht gehöre auch „zu den schärfsten ‚Finanzmarktkritikern‘ Deutschlands, die eine nationalsozialistisch verkürzte Kapitalismuskritik am ‚raffenden Kapital‘ formulieren, ohne die krisengebeutelte reelle Mehrwertproduktion in der Warenindustrie auch nur zu thematisieren.“ Auch die keynesianischen wirtschaftspolitischen Vorlieben der Spitzenkandidatin der Linken sind suspekt, erinnern sie doch an die des „nationalsozialistischen Keynesianers Adolf Hitler“.

Eine häufiger Autor auf Telepolis

Wäre Konicz bloß Troll-Kommentator auf Facebook, wäre so etwas keiner Rede wert, aber der, der so etwas absondert, schreibt häufig auf Telepolis. Unter dem Titel: „Putin unser, der du bist im Kreml“ ließ er jüngst wissen:

„Die Mitgliederschaft des putinischen Fanclubs rekrutiert sich quer aus dem politischen Spektrum, es sind neurechte Bürger, rechtsextreme Agitatoren wie auch orthodoxe, in Regression begriffene Linke hierunter zu finden. Ohne Übertreibung kann die politische Figur des russischen Präsidenten als eine der wichtigsten ideologischen Brutstätten der neuen deutschen Querfront bezeichnet werden. (…)Die Parallelen zur nationalsozialistischen Ideologie sind offensichtlich, wobei – zumindest bislang – der implizit gegebene Antisemitismus in diesem Milieu nicht manifest wird. Noch wird er kaschiert im Geraune über die amerikanische Ostküste, die Globallisten oder das wurzellose Finanzkapital….“

Auch zum Thema Autobahnprivatisierung durfte er unter dem Titel „Autobahn und Ausländerhass“ seinen Teil auf Telepolis beitragen, um zu verhindern, dass eine „verkürzte“ Kritik daran im linken Milieu um sich greift:

„Diese tendenziell nationalsozialistische Logik konstruiert absurde, nicht gegebene ökonomische Konflikte zwischen der ‚Volksgemeinschaft‘ und all den Randgruppen und Bevölkerungssichten, die nicht in das rechtsextremistische Weltbild des rassereinen deutschen ‚Volkes‘ passen. Entweder Schwulenemanzipation oder gute deutsche Renten, entweder Asylrecht oder anständige Löhne für hart arbeitende Deutsche.“

Nein, ich habe nicht aus dem falschen Artikel kopiert. Es soll hier tatsächlich um die Autobahnprivatisierung gehen.

Regressiv verkürzte TTIP-Kritik

Und die Demonstrationen gegen TTIP und Ceta sind auch ganz gefährlich verkürzte Aktionen, weiß Konicz und verbreitet es via Telepolis unter dem Titel „Freihandel und Flüchtlinge“.

„Hort des Bösen sind für viele Demonstranten immer nur die USA, während die entsprechenden Machenschaften Europas nicht wahrgenommen werden. Nur zwei Wochen vor der Großdemonstration gegen TTIP, bei der Deutschland mutig dem berüchtigten angloamerikanischen Chlorhuhn die Stirn bot, wurden Kenia und Ruanda nach Brüssel zitiert, um ein in der Region heftig umstrittenes Freihandelsabkommen mit der EU in aller Stille zu unterzeichnen.“

Diese kurze Zusammenstellung dürfte reichen, damit meine geneigte – von nationalsozialistischem Gedankengut bestenfalls eine Haaresbreite entfernte – Leserschaft eine Idee bekommt, worum es Konicz geht: Linke ablenken, in fruchtlose Diskussionen verwickeln, verunsichern, einschüchtern.

Rückendeckung aus dem Telepolis-Kern

Rückendeckung bekommt der Schmierfink Konicz dabei von einem der zehn im Impressum genannten „Ständigen Mitarbeiter“ von Telepolis, Peter Nowak, Berlin. Dieser schreibt ansonsten auch für die vom heutigen Compact-Chefredakteur Jürgen Elsässer mitgegründete Jungle World, eine antideutsche, dezidiert pro-israelische und pro-Nato-Abspaltung von Junge Welt.

Proteste gegen TTIP statt soziale Kämpfe im eigenen Land“ schüchtert Nowak die potentiellen Anti-TTIP-Demonstranten unter den Telepolis-Lesern schon im Titel eines Beitrags für das Online-Magazin ein, und weiter:

„Wenn schon die Kapitalverhältnisse und die Standortlogik selbst die kleinsten Verbesserungen für die Masse der Bevölkerung nicht mehr ermöglicht, bekommen Abkommen wie TTIP oder CETA die Funktion einer Ersatzhandlung. Man kann scheinbar gegen den Kapitalismus wettern, ohne den eigenen Standort auch nur anzukratzen. Im Gegenteil, man kann sich als Verteidiger des „eigenen“ Kapitalstandortes feiern lassen, den man gegen fremde Standorte, hier besonders die USA, verteidigen will.“

Zu Syrien fragt Nowak „Aleppo: Warum gibt es in Deutschland kaum Erleichterung über ein Ende der Kämpfe…?“. Seine Antwort:

„Die Erklärung sollte weniger in Syrien als in der deutschen Geschichte gesucht werden. Die fast durchweg negative Berichterstattung über die russische Intervention in Syrien, noch verschärft durch einen möglichen Beistands Trumps, wirkt wohl für manche in Deutschland so, als würde noch einmal eine Anti-Hitler-Koalition entstehen. Dieses Mal aber gegen den Islamismus, der in manchen Aspekten durchaus faschistische Züge hatte.“

Das ist vor allem verwirrend, aber eins ist klar: Nato-Propaganda in westlichen Medien – in Jungle World und darüber hinaus – ist es nicht, die für eine vermeintlich einseitige Berichterstattung zu Syrien sorgt. Und unappetitlich, weil nazibelastet, scheint das Thema auch zu sein.

Nowak kannte ich schon von Jungle World. Dort hat er im April einen Beitrag geschrieben, in dem er einen (positiven) Rezensenten meines Buches gegen die Abschaffung des Bargelds tadelte, weil der die vielen darin versteckten „antisemitischen Codes“ nicht bemerkt und verurteilt habe. Mich verortete er damit bei der „extremen Rechten“.

Chefredakteur mit sonderbaren Anliegen

Wenn ein übler Schmierfink regelmäßig auf Telepolis gänzlich ungebremst Nazi-Dreck schleudern darf und ein auf die Antisemitismusverleumdung spezialisierter Wirrkopf als Ständiger Mitarbeiter aufgeführt wird, liegt es nahe, zu schauen, wer da Chefredakteur ist. Er heißt Florian Rötzer und ist ein studierter Philosoph. Seine Anliegen bestehen in letzter Zeit – seinen Texten nach zu urteilen – vor allem darin, möglichst oft Behauptungen zu referieren, Putin habe die US-Wahlen manipuliert, und Zweifel daran – etwa von ehemaligen Geheimdienstmitarbeitern – als  „postfaktisch“ abzuqualifizieren, sowie die innersten Gedankengänge des US-Präsidenten zu verbreiten. O-Ton:

„… allerdings ist auch die Argumentation der Ex-Geheimdienstler irgendwie postfaktisch, wenn sie die Fähigkeiten der NSA wohl ziemlich überschätzen.“ (…) Der amtierende Präsident Barack Obama blieb zurückhaltend, weil er Sorge hatte, dass er einen Cyberwar auslösen könnte, dessen Folgen vor allem für die USA nicht vorhersehbar wären, während Russland weniger abhängig von der digitalen Infrastruktur ist.“

Außerdem scheint es Rötzer ein Anliegen, darzustellen, dass Putin vor allem deshalb in Syrien mitbombt,  weil ihm das dabei helfe, die Effektivität seiner Waffen zu demonstrieren, was verkaufsfördernd wirke. Das breitet Rötzer auf neuneinhalb Absätzen aus, bevor er in den letzten zweieinhalb Sätzen kurz erwähnt, dass der Westen ähnliches betreibe, weil er marketingtechnisch nicht gegenüber dem skrupellosen Russland zurückfallen wolle.

Andererseits kommen von Rötzer auch wichtige aufklärerische Beiträge, wie aktuell der zu einem Zentrum für die Abwehr von Propaganda und Desinformation, für das gerade im US-Haushalt Geld eingestellt worden sei, und das die Vorlage für das von unserem Innenminister vorgeschlagene Abwehrzentrum im Kanzleramt darstellen dürfte.

Entgeisterte Telepolis-Leserschaft

Unter der weihnachtlichen Nazi-Hetztirade von Konicz gegen Wagenknecht stehen (Stand 27.12.) rund 780 Kommentare, weit überwiegend extrem negative. Wenn Rötzer keine üblen Absichten verfolgen würde und frei wäre zu entscheiden, wen er was auf Telepolis schreiben lässt, müsste das eigentlich Eindruck machen. Wenn er einfach nicht aufgepasst hätte, müsste er merken, wie sehr er daneben gegriffen hat. Andernfalls wäre kaum zu erwarten, dass die vernichtende Leserreaktion etwas bewirkt. Denn bei solchen Kampagnen geht es vor allem darum, Vorwürfe immer und immer wieder zu wiederholen. Denn jedes Mal bleibt ein bisschen etwas hängen. Und außerdem können dann die etwas seröser auftretenden Kommentatoren über das Ziel der Anwürfe schreiben:„die auch im linken Lager für/als … kritisiert wird.“

Fazit: Es ist schwer zu sagen, ob der Chefredakteur von Telepolis einfach nur seine Arbeit nicht macht und jeden verleumderischen Dreck veröffentlicht, den ihm freie Mitarbeiter zuschicken, oder ob noch Bedenklicheres dahinter steht. Klar scheint jedoch, dass Telepolis neben Jungle World und Konkret die dritte und mit Abstand reichweitenstärkste Spielwiese der pseudolinken Heckenschützen geworden ist. Sie sehen ihre Aufgabe darin, linkes Gedankengut und linke Akteure, die wirkmächtig werden, mit einstudierten semantischen Tricks als antisemitisch, nationalsozialistisch oder mindestens neurechts zu diffamieren.

Nachtrag (30.8.): Im Kommentarforum von Telepolis dürfte Herr Konicz ausweislich der folgenden Bedingung des Forums nicht so schreiben wie als Telepolis-Autor : „Beleidigungen, Schmähkritik, herabsetzende Äußerungen über Personen sind nicht gestattet.“

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