Vorsicht Zollfalle: Wie Reisende mit Bargeld erst desinformiert und dann ausgeplündert werden

22. 11. 2024 | Der deutsche Zoll und das österreichische Bundesfinanzministerium informieren unvollständig und zweideutig über die Regeln für die Mitnahme von Bargeld beim Verlassen der EU. Reisenden, die sich von den offiziellen Informationen täuschen lassen, drohen hohe Bußgelder.

Ein deutscher Reisender wurde kürzlich vom Zoll um über 1.000 Euro erleichtert, weil er und seine Frau beim Abflug in die USA gemeinsam Bargeld im Wert von knapp 15.000 Euro bei sich trugen, das sie nicht vorher angemeldet hatten. Das Problem bestand darin, dass er das meiste Geld bei sich trug, und zwar mehr als 10.000 Euro und es nach den Regeln der EU nur hierauf ankam, nicht darauf, dass das Geld beiden gemeinsam gehört.

In meinem Bericht hatte ich auf eine Informationsseite „des Bundesfinanzministeriums“ verlinkt und diese zitiert, weil darin missverständlich erklärt wird, wie bei gemeinsam Reisenden zu verfahren ist. Es fehlte der Hinweis, dass es sich um das österreichische Ministerium handelt, nicht das deutsche. Die darzustellenden und gültigen EU-Regeln sind aber dieselben.

Die Österreicher sagen nichts zu gemeinsam reisenden Eheleuten, aber zu Gruppen: „Reisen Personen in einer Gruppe, so gilt die Höchstgrenze von 10.000 Euro für jedes einzelne Mitglied der Gruppe.“ Das kann man, insbesondere in Gegenüberstellung mit abweichenden Einfuhrregeln der USA, so verstehen, dass ein (Ehe-)Paar gemeinsam 20.000 Euro ausführen darf. Bei Einreisen in die USA gilt die anmeldefreie Obergrenze von 10.000 Dollar nämlich unabhängig von der Gruppengröße.

Wie man besser erklären könnte, was für Gruppen gilt, zeigt der deutsche Zoll auf seiner Informationsseite für Reisen innerhalb der EU. Die Leser bekommen ein Beispiel:

„Die Mutter hat 40.000 Euro in ihrer Handtasche dabei. Das Geld gehört dem Vater und den Kindern. Die Reisegruppe wird von deutschen Zollbediensteten nach Barmitteln und gleichgestellten Zahlungsmitteln befragt. Die Mutter muss die 40.000 Euro anzeigen, da sie das ganze Geld bei sich hat.“

„Anzeigen“ bedeutet im Fall von Reisen innerhalb der EU nur, dass man die Barmittel auf Nachfrage der Zöllner angeben muss.

Der Zoll weiß also, wie man das erklärt. Aber auf seiner Seite zu Reisen in nicht EU-Länder tut er es einfach nicht. Das Beispiel wird hier nicht gegeben. Es fehlt auch sonst jede Aussage zur Problematik gemeinsam reisender Paare oder Gruppen. Dass es auf dieser Seite mehr zu erklären gibt, weil die Regeln kompliziert sind, kann kaum als Rechtfertigung dieser Unterlassung dienen. Schließlich müssen die Reisenden ja die komplexen Regeln beachten und müssen sie dafür in Erfahrung bringen können. Und wessen Informationen würde man dabei mehr vertrauen als denen des Zolls.

Man erfährt unter „Anmeldepflicht“ lediglich:

„Reisende, die mit Barmitteln im Gesamtwert von 10.000 Euro oder mehr aus Deutschland ausreisen, müssen diesen Betrag bei der zuständigen Zollstelle anmelden.“

Ein Ehepaar mit gemeinsamem Geld, das gemeinsam reist und versucht, sich vorher beim Zoll über die zu beachtenden Regeln zu informieren, bleibt bei der Interpretation dieser Vorschrift völlig auf sich allein gestellt. Es gibt keine weiteren Hinweise. Die teure Folge für den Reisenden war, wie berichtet, dass er versäumte, die 15.000 Euro des gemeinsamen Geldes auf die eigene Tasche und die seiner Frau aufzuteilen und deshalb wegen Verletzung der Anzeigepflicht viel Ärger bekam und einen Tausender los wurde.

Wie Hohn wirkt es dabei, wenn der Zoll in seinem Bußgeldbescheid schreibt:

„Von einem Reisenden kann und muss bei der Mitführung einer derart hohen Summe Bargeld erwartet werden, dass er sich bereits bei der Planung der Reise im Vorfeld über die Anmeldepflicht mitgeführter Gegenstände informiert.“

Von einem Reisenden kann und muss also erwartet werden, dass er sich irgendwie im Dickicht der bargeldfeindlichen Anmelde- und Auskunftsregeln zurechtfindet, die sich je nach Zielland, Herkunftsland und Art der Barmittel unterscheiden. Aber dem Zoll, der das verlangt und bei Versagen hart bestraft, ist nicht zuzumuten, dass er auf seinen Informationsseiten die Reisenden korrekt und umfassend informiert und nicht einfach wichtige Informationen weglässt. „Sorgfalt“, die der Zoll von Reisenden verlangt, die keine Experten sind, ist für die Experten des Zolls, die die Reisenden informieren sollen, offenbar keine Pflicht. Wo der Reisende sich die nötigen Informationen holen soll, wenn der Zoll selbst unvollständig informiert, steht im Bußgeldbescheid des Zolls nicht.

Das Aufteilen der Barbeträge auf sich und seine Frau, durch das unser Reisender die Zollfalle hätte vermeiden können, kann selbst auch wieder zur (extrem teuren) Falle werden. Auf seiner Informationsseite für Reisen in der Gruppe innerhalb der EU schreibt der Zoll nämlich zwar, dass es auf das Eigentum an den Barmitteln nicht ankomme, sondern nur darauf, wer das Geld bei sich trägt. Dem folgt aber der Hinweis:

„Es ist allerdings nicht zulässig, die Barmittel bzw. gleichgestellten Zahlungsmittel auf mehrere Personen aufzuteilen, um die Anzeigepflicht zu umgehen. Sie begehen dadurch eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld bis zu einer Million Euro geahndet werden kann.“

Es kommt also einerseits nicht darauf an, wem die Barmittel gehören. Aber wenn man einen nicht näher definierten Ausgangs-Betrag aufteilt, dann kommt es sehr wohl darauf an, wem er gehört. Diese Vorschrift wird, wie erwähnt, nur für Reisende präsentiert, die ins EU-Ausland reisen wollen. Welche Art Beträge aufgeteilt werden dürfen und welche nicht, darauf fehlt jeder Hinweis.

Für die Würdigung der Absurdität dieser Strafandrohung muss man sich vor Augen führen, dass es hier in aller Regel nicht um Beträge gehen kann, die für die organisierte Kriminalität relevant sind. Eine überschaubar große Gruppe kommt nicht auf große Geldbeträge, die sie auf diese Weise der Auskunftspflicht entziehen kann. Man braucht schon zehn Komplizen, die mit einem reisen, um auf 100.000 Euro zu kommen. Um eine Million derart aufzuteilen – das ist die absurd hohe Höchststrafe -, braucht man 100 Mitreisende. Wer tut das schon an Grenzen innerhalb der EU, wo er in der Regel ohnehin nicht kontrolliert wird? Aber Millionen gemeinsam reisende Familien werden auf diese Weise mit einer stark interpretationsfähigen Vorschrift und mit hoher Strafandrohung konfrontiert.

Mutmaßlich gilt die gleiche Vorschrift für Reisen in Nicht-EU-Länder. Aber wer weiß das schon. Auf der einschlägigen Seite des Zolls steht zwar nichts davon, aber vom Reisenden „muss und kann“ die „nötige und mögliche Sorgfalt“ beim sich Informieren erwartet werden. Wenn nun, fiktiv, der Reisende der Geldverdiener in der Partnerschaft ist und die beiden Gütertrennung vereinbart haben: Darf er das Geld aufteilen? Oder riskiert er dann ein Bußgeld von bis zu einer Million Euro? Oder wenn die Mutter den drei mitreisenden Kindern zum Start einer großen Reise jeweils 2.000 Euro des Reisebudgets von 15.000 Euro ins Gepäck tut, die für deren Reiseausgaben mutmaßlich anfallen werden: umgeht sie damit in strafbarer Weise das Aufteilungsverbot?

Resümee

Dieses Absurdistan aus schwammigen, schlecht kommunizierten Regeln, obrigkeitstaatlicher Willkür und Generalverdacht gegen harmlose Reisende, die Bargeld mit sich führen, hat System. Es geht darum, Reisende von der Mitnahme von Bargeld abzuhalten und jedem klar zu machen, dass die Nutzung von Bargeld anrüchig und verdächtig ist. Nicht umsonst ist die Bundesregierung einer der großen Sponsoren der Better Than Cash Alliance, die sich dem weltweiten Zurückdrängen des Bargelds verschrieben hat.

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