„Griechenland privatisiert Bahn – Italiener erhalten Zuschlag“ lautete heute in vollem Ernst die Überschrift einer Reuters-Meldung, und das, obwohl der Zuschlag an ein Staatsunternehmen ging. Das ist kein Ausrutscher, auch bei der langfristigen Verpachtung der Flughäfen an die staatliche deutsche Fraport AG war von Privatisierung die Rede. Genauso wenig wie es bei der Privatisierungsauflage der Gläubiger um Effizienzsteigerung und Privatisierung geht, geht es bei den Hilfsprogrammen für Griechenland um Hilfe für Griechenland.
„Athen, 14. Jul (Reuters) – Griechenland hat bei den von seinen internationalen Geldgebern geforderten Privatisierungen einen Achtungserfolg erzielt. Das zuständige Gremium akzeptierte am Donnerstag ein italienisches Gebot zur Übernahme der von der Schließung bedrohten Bahngesellschaft Trainose in Höhe von 45 Millionen Euro. Sie wird nun von der staatlichen italienischen Ferrovie dello Stato übernommen. (…) Privatisierungen sind Teil der Auflagen für die internationalen Finanzhilfen, die Griechenland aus der Schuldenkrise helfen sollen.“
Die Fraport AG hat keinen Hehl daraus gemacht, dass sie sich aus dem langfristigen Betrieb von 14 profitablen griechischen Flughäfen (die nicht profitablen bleiben bei Griechenland) einen sehr schönen Gewinn verspricht. Als die Regierung in Athen wegen des niedrigen Preises bockte, wurden Kreditzahlungen zurückgehalten, bis Fraport den erwünschten Zuschlag bekam. Wieder eine geglückte „Privatisierung“, wenigstens aus Sicht der Gläubiger, die in Griechenland inzwischen fast gänzlich unverhohlen die Regierung übernommen haben.
Die ganze Rhetorik um die Privatisierungsauflage heuchelt, dass es darum ginge, dem Staat Einnahmen zu bescheren und vor allem die Effizienz zu steigern, weil Private es einfach besser können als der Staat. Wenn Privatisierung allerdings heißt, dass Staatsvermögen zum schlechtestmöglichen Zeitpunkt, mitten in einer Depression zu Schleuderpreisen an fremde Staatsunternehmen verscherbelt wird, kann man da doch gewisse Zweifel an der Ehrlichkeit bekommen.
Es gibt noch ein paar weitere lukrative Staatsunternehmen, die Griechenland weit unter Preis verscherbeln muss, weil der Regierung nicht erlaubt ist, nein zu sagen, wenn der Preis nicht stimmt und es meist am Ende nur einen oder ganz wenige Bieter gibt. Man braucht kein Hellseher zu sein, um vorauszusagen, dass auch ein französisches Unternehmen bald mit einem lukrativen Deal dabei sein wird, und ein österreichisches wahrscheinlich auch.
Natürlich wird es die griechische Wirtschaft nicht gerade wettbewerbsfähiger machen, wenn ausländische Unternehmen überall die Transportpreise in die Stratosphäre treiben. Schon jetzt sind die Gebühren für Lastwagen auf manchen der privatisierten Autobahnen fast prohibitiv. Aber darauf kommt es ja erkennbar nicht wirklich an. Es geht mitten in Europa wieder zu wie im guten alten Kolonialismus. Deutschland und seine Alliierten behandeln die Griechen so, wie z.B. Engländer früher die Iren oder die Inder. Dort ging es auch nicht darum, diese Kolonien zu entwickeln. Im Gegenteil: Industrialisierung wurde verboten.
Eine gute Analyse der bisherigen „Privatisierungen“ findet man in der deutschen Ausgabe von Le Monde diplomatique.