Das Symposium „Prävention und Therapie von COVID-19: Updates und Learnings“ wird ausgerichtet von der Paul-Martini-Stiftung „in Verbindung mit der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina“. Die – aus mich nicht ganz überzeugenden Gründen – als gemeinnützig anerkannte Paul-Martini-Stiftung intensiviert nach eigener Darstellung den wissenschaftlichen Dialog zwischen medizinischen Wissenschaftlern in Universitäten, Krankenhäusern, der forschenden Pharmaindustrie und anderen Forschungseinrichtungen sowie Vertretern der Gesundheitspolitik und der Behörden. Lobbyismus wird gemeinhin mit ähnlichen Worten umschrieben. Träger der Stiftung ist der vfa, Berlin, ein Lobby-Verband, der die Interessen von 48 forschenden Pharma-Unternehmen vertritt.
Laut Programm führt Prof. Dr. Leif Erik Sander in das Thema ein und hält später auch einen Fachvortrag über neuere Entwicklungen beim Impfen. Er hat sich während der Corona-Zeit in den sozialen und traditionellen Medien als unermüdlicher und sehr deutliche Worte wählender Verteidiger der reinen Impflehre und Wahrheit gegen Schwurbeleien vom rechten Glauben abgefallener Nicht-Wirklich-Wissenschaftlern bewährt.
Den ersten Vortrag hält dann Christian Drosten von der Charité, der sich wie kein anderer für das Verständnis epidemiologischer und gentechnischer Zusammenhänge im Sinne der Pharmabranche verdient gemacht hat.
Die Panel-Diskussion „Was haben wir aus der Pandemie gelernt?“ wird bestritten von
- Daniel Kalanovic, einem Mitglied der Geschäftsführung von Pfizer Deutschland,
- Harald Gschaidmeier, dem medizinischen Direktor von Biontech,
- Heyo K. Kroemer, Vorstandsvorsitzender der Charité und damit Chef von Drosten,
- Sandra Ciesek, Immunologin, eine sehr impf- und maßnahmenfreundliche Co-Podcasterin von Drosten in der Corona-Zeit,
- Florian Steiner, einem an der Charité ausgebildeten, überaus impffreudigen Hausarzt und
- Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, das sich mit einer äußerst pragmatischen Überwachung und Minimalerfassung von Impfschäden sehr um die mRNA-Impfkultur verdient gemacht hat.
Die Veranstalter, also die Pharmabranche, haben mithin die Diskussionsteilnehmer gut ausgewählt. Vielleicht ein bisschen zu gut, um eine kontroverse Diskussion erwarten zu lassen. Aber vielleicht haben die Teilnehmer ja wenigstens unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie man die Arbeitsbedingungen und das regulatorische Umfeld der Pharmafirmen (m.a.W. die Gewinne) zum Wohle der globalen Gesundheit noch günstiger gestalten kann.
Die Teilnahme am Symposium ist natürlich kostenfrei. An Geld mangelt es bei Pfizer und Biontech ja nun wirklich nicht. Zusätzlich bekommt, wer sich als praktizierender Arzt diese Pfizer-Biontech-Werbeveranstaltung antut, gemäß einem nicht ganz leicht nachvollziehbaren Beschluss der Ärztekammer Berlin 11 Fortbildungspunkte.
Warum man Pharmafirmen, die aufgrund von Patentschutz ein ungewöhnlich großes Gewinninteresse am Absatz ihrer zugelassenen Medikamenten haben, keinesfalls die Fortbildung von Ärzten in die Hand geben darf, hat Dean Baker nebenher in einem (englischsprachigen) aktuellen Aufsatz zur Debatte über den Schutz geistigen Eigentums deutlich gemacht:
„Die enorme Kluft zwischen Preis und Produktionsgrenzkosten führt zu den vorhersehbaren Arten der Korruption. In erster Linie haben die Patentinhaber einen enormen Anreiz, potenzielle Käufer über die Qualität ihres Produkts zu täuschen. Dies ist ein besonders großes Problem bei verschreibungspflichtigen Medikamenten, bei denen es ein ernstes Problem mit asymmetrischen Informationen gibt. Der Hersteller verfügt wahrscheinlich über weit mehr Informationen über die Sicherheit und Wirksamkeit seiner Medikamente als die Patienten oder ihre Ärzte. Infolgedessen kommt es häufig vor, dass Arzneimittelhersteller die Sicherheit und Wirksamkeit ihrer Medikamente übertreiben.“
Vielleicht kann das was Baker hier beschreibt auch erklären helfen, warum die Versprechungen der Pharmafirmen zur Wirksamkeit und Sicherheit der Impfstoffe sich als so kurzlebig und so weit übertrieben herausgestellt haben. Das könnte eine Lehre aus Covid-19 sein, von der man aber auf diesem Symposium mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nichts hören wird. Aber das macht nichts. Fortbildungspunkte gibt es ja trotzdem und Rednerhonorare auch.
Der Verein MEZIS Mein Essen zahl‘ ich selbst, eine „Initiative unbestechlicher Ärztinnen und Ärzte“ hat im Vorfeld vergeblich protestiert, dass derartige Werbeveranstaltungen definitiv nicht von der Ärztekammer Berlin als CME-Fortbildungsveranstaltung geadelt werden dürften. Außerdem hat der Verein die Leopoldina und die eingeladenen Virologen aufgefordert, zu überlegen, „ob sie sich als Werbeträger für Milliardengeschäfte der Pharmaindustrie instrumentalisieren lassen wollen.“ Die Antwort ist am Freitag zu besichtigen.