Begründung der Revision beim Bundesverwaltungsgericht in Sachen Barzahlung des Rundfunkbeitrags

Ende Mai hat mein Anwalt Carlos A. Gebauer beim Bundesverwaltungsgericht die Revision gegen das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13.2.2018f (Faschingsurteil) begründet. Das Kasseler Berufungsgericht hatte mit neuer Begründung das für mich negative Urteil des Frankfurter Verwaltungsgerichts bestätigt. Danach bedeutet der Status von Euro-Banknoten als unbeschränktes gesetzliches Zahlungsmittel nicht, dass Rundfunkanstalten Bargeld zur Begleichung einer Beitragsschuld annehmen müssen. Im Folgenden dokumentiere ich die Revisionsbegründung.

Da die  Zusammenfassung einen guten Einstieg bietet, habe ich sie nach vorne gezogen. Im Orginal steht sie am Ende. Im Anschluss finden Sie Links zu den Themenbereichen der Revisionsbegründung, die es Ihnen erlauben zu den Teilen zu springen, die Sie besonders interessieren.

Zusammenfassung

Die angefochtene Berufungsentscheidung verkennt den geldrechtlichen Charakter des § 14 I S. 2 BBankG und des Art. 128 I S. 3 AEUV. Sie räumt der beklagten Behörde verwaltungsrechtliche Befugnisse ein, die ihr weder normenhierarchisch, noch auch im Gesamtkontext des deutschen und europäischen Geldrechtes zukommen. Indem sie dem Beklagten diese Rechtsmacht einräumen möchte, überschreitet sie zugleich deutlich die Grenzen, die ihr selbst durch die Bindung auch eines Gerichtes an Recht und Gesetz gesetzt sind.

Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und der Verwaltungspraktikabilität geben für sich gesehen keinen Rechtsfertigungsgrund, Regelungen des geschriebenen Rechtes außer Kraft zu setzen. Viele Normen des Gesetzesrechtes stellen sich faktisch als Erschwernisse der Verwaltungsarbeit dar. Wäre der Gesichtspunkt einer praktischen Vereinfachung von Verwaltungstätigkeit der einzige, entscheidende Gesichtspunkt, ob eine gesetzliche Regelung Geltung beanspruchen kann, ließen sich über diese Argumentationsfigur weite Teile des positiven Rechtes als unbeachtlich übergehen. Mag eine Verwaltungsvereinfachung oder mag eine Ermöglichung der normativen Erfassung von „Massenverfahren“ auch bisweilen wünschenswert sein; zu ihrer rechtlichen Legitimation bedarf es deutlich mehr als nur des Hinweises auf die bessere Praktikabilität. Die „Masse“ ist gänzlich undefiniert.

Rein tatsächlich kann das angefochtene Berufungsurteil zudem auch insoweit nicht überzeugen, als es überlegt, eine Ausweitung der Giralgeldsphäre könne kriminelle Handlungen mit Bargeld als Tatgegenstand zu reduzieren helfen. Es wird als gerichtsbekannt unterstellt, daß kriminelle Aktivitäten mit „virtuellem“ Giralgeld längst jede Gefährdungen des Geldsystems durch Raub oder Falschgeld („Blüten“) übertreffen. Daß das Berufungsgericht zudem darlegt, dem klagenden Zahlungsschuldner könne eine Sonderlast (Einrichtung und Aufrechterhaltung eines Girokontos nebst Nutzung der Zahlungsdienste Dritter) aufgebürdet werden, um den Gefahren behördeninterner Unterschlagungen im Hause des Beklagten entgegenzutreten, muß irritieren. Es ist nicht Sache eines Abgabenschuldners, die Rechtstreue innerhalb der Organisation des öffentlich-rechtlichen Abgabengläubigers sicherzustellen oder zu befördern.

Entgegen einer von mehreren Gerichten wiederholt dargestellten Argumentationsfigur stellt es sich auch mitnichten als eine nur „geringfügige“ Belastung eines Beitragsschuldners dar, Abgaben ausschließlich durch Inanspruchnahme der Giralgeld-Zahlungsdienste eines Kreditinstitutes leisten zu können. In einem zunehmend auch für datenschutzrechtliche Erwägungen sensibel werdenden Umfeld liegt jenseits aller bereits thematisierten Insolvenzrisiken namentlich „moderner“ Banken auch auf der Hand, daß die Einrichtung eines derartigen Kontos mitsamt aller Einschränkungen für die Privatsphäre keine nur „geringfügige“ Belastung des einzelnen darstellt, sondern sich schnell zu einem erheblichen Eingriff in seine Privatsphäre auswirken kann. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, daß – wie gerichtsbekannt – selbst Ministerien und Parlamente heute taugliche Angriffsziele sogenannter „Hackerangriffe“ sind.

Bezeichnenderweise enthält das Urteil des Verwaltungsgerichtes München, auf das sich die angefochtene Berufungsentscheidung zur Abstützung der These von den fehlenden verfassungsrechtlichen Bedenken stützt, auch seinerseits keinerlei Darstellungen dazu, warum die dem Bürger stillschweigend durch das hier in Rede stehende rundfunkrechtliche Satzungsrecht mitauferlegte Pflicht zum Innehaben eines Bankkontos keine verfassungsrechtliche Schwierigkeit darstelle. Auch hier wäre es für eine handwerklich hinreichende Entscheidungsbegründung erforderlich gewesen, diesen Gesichtspunkt hinreichend zu begründen. Jede Begründung hierzu fehlt.

Desgleichen plausibilisiert das angefochtene Berufungsurteil nicht, aus welchen Rechtsgründen – jenseits der beschriebenen „Verwaltungspraktikabilität“, die erkennbar keinen Rechtsgrund darstellt – es der beklagten Behörde oder aber auch dem entscheidenden Gericht legitim möglich sein sollte, das etablierte und einhellig für einschlägig erachtete gesetzliche Geldrecht durch ein – so wörtlich – „modernes“ Geldrecht zu ersetzen. Die unbedachtsame Gleichstellung von Notenbankgeld und Giralgeld kann nicht ansatzweise überzeugen.

Selbst wenn man sich auf den Standpunkt stellen wollte, § 14 I S. 2 BBankG könne prinzipiell auch gegen den Willen des Schuldners Einschränkungen erfahren, so bliebe für den hier entscheidungserheb-
lichen Kontext nach wie vor offen, welche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage eine Behörde für ein solches Abweichen von förmlichem Bundesrecht (und – erst recht – von europäischem Primärrecht) heranziehen könnte. Daß der landesvertragliche Rundfunkstaatsvertrag schon aus normenhierarchischen Gründen dieses Erfordernis nicht erfüllt, ist dargelegt.

Der Beklagte ist – wie auch das Berufungsurteil durch seine Berufung auf das hoheitsrechtliche Über-/Unterordnungsverhältnis zwischen den Streitparteien betont – kein privatrechtlich agierendes Rechtssubjekt, sondern eine an den Vorbehalt des Gesetzes gebundene öffent-
liche Behörde. Eine Rechtsnorm, die den Beklagten ermächtigen könnte, von der geldrechtlichen Grundnorm des § 14 I S. 2 BBankG abweichend anderweitige Zahlungsmodalitäten rechtswirksam vorgeben zu können, fehlt. Insbesondere verkennt das Berufungsurteil, daß eine Behörde nicht über dieselbe Rechtsmacht verfügt wie ein privatautonom handelnder Bürger, der im Rahmen seiner Vertragsfreiheit Abschluß- und Gestaltungsfreiheiten für das Tilgungsrecht genießt. Zwischen den hiesigen Streitparteien herrscht jedoch keinerlei Kontrahierungsfreiheit.

Unverständlich ist in allem die Argumentation des Berufungsurteiles, Banknoten verlören ihre Eigenschaft als gesetzliches Zahlungsmittel nicht dadurch, daß der Beklagte sie als Zahlungsmittel in seinem Rechtsverhältnis zu dem Kläger ausschließt. Augenscheinlich ist genau das Gegenteil richtig.(..)

Sachverhalt und Prozessgeschichte (gekürzt, trotzdem langweilig)

Grundsätzlich bedeutsame Rechtsfragen

Bargeldnoten als unbeschränktes Zahlungsmittel

Literatur und Rechtsprechung

Unerlaubte richterliche Rechtsfortbildung

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