Berufungsbegründung im Verfahren Häring gg. Hessischen Rundfunk (gekürzt)

Carlos A. Gebauer. In dem Verwaltungsstreitverfahren Dr. Häring gegen Hessischer Rundfunk 10 A 2929/16 wird die mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2016 eingelegte Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Frankfurt am Main, Az. 1 K 2903/15.F, nunmehr wie folgt begründet:

Einleitend zunächst dies: Der Beklagte hat sich nach dem Wortlaut seiner Anstaltssatzung das Privileg eingeräumt, fällige öffentlich-rechtliche Zahlungsverpflichtungen seiner Beitragsschuldner nicht in der Form von Bargeld (Notenbankgeld), sondern ausschließlich in der Gestalt von Giralgeld (Buchgeld) annehmen zu müssen.

Eine Ermächtigung zu dieser Beschränkung des Zahlungsverkehrs ist dem Beklagten in dem zugrundeliegenden Staatsvertrag allerdings nicht erteilt worden. Selbst wenn die Vertragsparteien des Staatsvertrages dem Beklagten eine solche Befugnis hätten erteilen wollen, so wäre diese Gestattung ihrerseits rechtsunwirksam. Denn Landesgesetzgeber können das insoweit entgegenstehende Bundesrecht aus § 14 I S. 2 BBankG ebensowenig wirksam abbedingen wie ein untergesetzlicher Satzungsgeber.

Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichtes hat die von dem Kläger erstinstanzlich aufgeworfene – und von ihm im Ergebnis nach umfangreicher Darlegung verneinte – Frage nach dem Vorhandensein einer rechtswirksamen Ermächtigungsgrundlage für die streitgegenständliche Bestimmung der Anstaltssatzung des Beklagten in den Entscheidungsgründen selber nicht ansatzweise thematisiert, gleichwohl aber gerade dieserhalb die Berufung zugelassen.

Im Übrigen argumentiert das Verwaltungsgericht, der Wortlaut des § 14 I S. 2 BBankG bedürfe für den hier in Rede stehenden Kontext verwaltungsrechtlicher Massenverfahren im öffentlichen Recht einer (dem Richter contra legem selbst gestatteten) teleologischen Reduktion. Zur Legitimierung dieser Reduktion des gesetzlichen Tatbestandes aus § 14 I S. 2 BBankG definiert die angefochtene Entscheidung allerdings nicht – wie bei dieser Art der Normauslegung lege artis methodisch notwendig – ein gesetzliches Regelungsziel, das der Erhaltung durch Auslegung bedürfe. Stattdessen zieht das Verwaltungsgericht einen Analogieschluß aus bundesgesetzlichen Normen, die ihre eigene Existenz indes erst der Notwendigkeit zur Schaffung einer dortigen Ausnahme von dem Regelungsgehalt des § 14 I S. 2 BBankG verdanken. Wenn aber schon der Bundesgesetzgeber die Notwendigkeit gesehen hat, Einschränkungen des von ihm selbst angeordneten Grundsatzes aus § 14 I S. 2 BBankG per legislativem Regelungsakt auf identischer normenhierarchischer Höhe vornehmen zu müssen, dann ist eine vergleichbare Tatbestandsreduzierung durch Auslegungsanalogie auf untergesetzlicher Ebene durch ein die Exekutive autonom legitimierendes Richterrecht a priori methodisch nicht erlaubt.

(…)

Nachstehend ist zunächst zu erörtern, warum eine teleologische Reduktion des § 14 I S. 2 BBankG richterrechtlich nicht in Betracht kommt. Sodann ist auszuführen, warum es an der nötigen Ermächtigungsgrundlage für eine Ausschließung der Bargeldbezahlung mangelt.

IV

1.) In den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteiles heißt es, der Anwendungsbereich des § 14 I S. 2 BBankG sei „jedenfalls dahingehend teleologisch zu reduzieren, daß in Massenverfahren im Abgabenrecht eine unbedingte Verpflichtung zur Annahme von Bargeld seitens des Abgabengläubigers nicht besteht.“Und weiter

„Sinn und Zweck des § 14 I S. 2 BBankG ist …, daß jedenfalls auf Euro lautende Bankkonten zur Begleichung von Geldschulden grundsätzlich nicht abgelehnt werden dürfen. Dies dient zum einen dem Schutz des Schuldners, der sich jedenfalls – ohne Vorliegen einer anderweitigen privatrechtlichen Abrede – durch Zahlung von Euro-Banknoten von seiner Schuld befreien kann. Zugleich dient diese Regelung dem Schutz des Gläubigers, der – sofern keine anderweitige Abrede getroffen wurde – zur Befriedigung seines Anspruchs keine anderen Währungseinheiten anzunehmen verpflichtet ist. Die Regelung des § 14 I S. 2 BBankG ist grundsätzlich disponibel. Im Privatrechtsverkehr können die Parteien anderweitige Abreden treffen, die ihren Interessen besser entsprechen. Auch im öffentlichen Abgabenrecht finden sich Abweichungen vom – hier insoweit unterstellten – Inhalt des § 14 I S. 2 BBankG. So sind nach § 224 III S. 1 AO oder § 13 I S. 2 Nr. 1 KraftStG bestimmte Abgaben nun unbar zu leisten. Diese Öffnung für Abweichungen von dem Grundsatz, wie ihn der Kläger in § 14 I S. 2 BBankG niedergelegt sieht, belegt, daß es in bestimmten Sachzusammenhängen aufgrund der Besonderheiten der jeweiligen Rechtsgebiete zulässig sein kann, von einer unbedingten Bargeldannahmepflicht durch öffentliche Stellen Ausnahmen vorzusehen. … Bei Massenverfahren im Abgabenrecht – und hierzu ist das Recht der Rundfunkbeiträge zu zählen – ist es aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität angezeigt, einen rein unbaren Zahlungsverkehr zuzulassen. … Die Regelungen in § 10 II Rundfunkbeitragssatzung, daß der Beitragsschuldner die Rundfunkbeiträge nur bargeldlos entrichten kann, ist auch verhältnismäßig und verstößt insbesondere nicht gegen die in Artikel 2 II GG normierte allgemeine Handlungsfreiheit.“

Darüber hinaus gelte:

„Die grundsätzliche Möglichkeit der baren Bezahlung des Rundfunkbeitrages ist – nach Auffassung des Gerichtes – zudem durch die Möglichkeit, bei einem Kreditinstitut eine Bareinzahlung auf das Beitragsabwicklungskonto ARD/ZDF/Deutschland Radio zu leisten, gewährleistet. …. Die Kosten für eine Bareinzahlung auf das Beitragsabwicklungskonto des Beitragsservice sind auch nicht prohibitiv.“

2.) Die Argumentation der angefochtenen Entscheidung ist rechtsfehlerhaft. 

a.) Die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, ein Anstaltssatzungsgeber könne das Tatbestandsmerkmal von der ‚Unbeschränktheit‘ aus § 14 I S. 2 BBankG in eigener Regelungskompetenz autonom teleologisch reduzieren, ist in mehrfacher Hinsicht methodologisch verfehlt.

Durch eine teleologische Reduktion wird der Anwendungsbereich einer Rechtsregel entweder durch die Hinzufügung einer einschränkenden Norm oder durch die Annahme einer engeren statt einer möglichen weiteren Wortbedeutung geschmälert:

„Liegt die Rechtfertigung der Analogie in dem Gebot der Gerechtigkeit, dem maßgeblichen Wertungsgesichtspunkt nach gleichartige Fälle gleich zu behandeln, so liegt die der teleologischen Reduktion in dem Gebot der Gerechtigkeit, Ungleiches ungleich zu behandeln, d. h. die von der Wertung her erforderlichen Differenzierungen vorzunehmen. Sie können geboten sein entweder durch den Sinn und Zweck der einzuschränkenden Norm selbst oder durch den insoweit vorrangigen Zweck einer anderen Norm, der andernfalls nicht erreicht würde, durch die ‚Natur der Sache‘ oder durch ein für eine bestimmte Fallgruppe vorrangiges, dem Gesetz immanentes Prinzip.“

(Karl Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Auflage, Seite 392)

Will man folglich den Tatbestand einer gesetzlichen Norm legitim teleologisch reduzieren, so erfordert dies methodisch notwendig zuerst die präzise Definition eines τέλος. Kein einziges Wort hierzu enthält die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes. Warum sich aus dem Sinn und Zweck des § 14 I S. 2 BBankG selbst, aus einem gegenüber § 14 I S. 2 BBankG vorrangigen Zweck einer anderen Norm oder einem sonst nicht erreichbaren abweichenden immanenten Prinzip die Legitimation des Satzungsgebers ergeben könnte, gegen den Wortlaut dieses Bundesgesetzes Tilgungsbestimmungen abweichend normativ wirksam festzulegen, erschließt sich aus dem Urteil nicht im Ansatz. Insbesondere ist unbestimmt, warum ein hierarchisch doppelt niederrangiger Normgeber (der Satzungsgeber basierend auf Landesrecht) formales Bundesrecht in dieser Gestalt in sein Gegenteil verkehren sollen dürfte.

Der historische Gesetzgeber des § 14 I S. 2 BBankG hat im Jahre 1956, d.h. u.a. 37 Jahre nach Inkrafttreten der Reichsabgabenordnung, bereits zwangsläufig gewußt, daß es – auch im Abgabenrecht – verwaltungsrechtliche Massenverfahren gibt. Er hat § 14 I S. 2 BBankG dennoch in keiner Weise normativ eingeschränkt (z. B. durch die Regelung „… sofern anderweitiges Normenwerk dies nicht abweichend bestimmt“ oder durch „… sofern praktische Bedürfnisse des Alltages keine andere Regelung erfordern“ o. ä.). Die adjektivische Bestimmung von der Unbeschränktheit dieses Zahlungsmittels ist daher bundesgesetzlich kategorisch. Sie gilt für Behörden als Gläubiger ebenso wie für Private.

Warum im privatrechtlichen Massenzahlungsverkehr eine teleologische Reduktion der gesetzlichen Unbeschränktheit von Bargeld als Zahlungsmittel nicht jenseits privatautonomer Sondervereinbarung möglich sei, wohl aber – nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes exklusiv? – im staatlichen Abgabenrecht, erweist sich weder aus den Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichtes, noch wäre eine solche Differenzierung anderweitig verständlich.

Selbst wenn man einen Gesetzgeber oder auch nur einen untergesetzlichen Normgeber (Satzungsgeber) für befugt halten wollte, Bundesgesetze teleologisch wirksam zu reduzieren, so wäre doch jedenfalls auch die Frage zu problematisieren gewesen, ob ein landesrechtlicher Satzungsgeber eine solche Verkehrung des bundesgesetzlichen Gesetzgeberwillens ohne ausdrückliche landesgesetzliche Ermächtigung hierzu überhaupt wirksam vornehmen könnte. Alles spricht dafür, daß dies satzungsrechtlich ohne entsprechende gesetzliche Ermächtigung hierzu rechtlich wirksam nicht möglich ist. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes argumentiert zu dieser Frage mit nicht einem Wort.

Bezeichnenderweise argumentiert das Gericht der Sache nach auch gar nicht im gedanklichen Rahmen einer teleologischen Reduktion, sondern vielmehr normauslegend damit, eine Vergleichsgruppe aus (vermeintlich) anderweitigen Ausnahmetatbeständen darzulegen und diese dann in abstrahierender Überhöhung für analogiefähig zu erklären. Dabei wird der normenhierarchische Unterschied zwischen den herangezogenen Vergleichsfällen und dem Anwendungsfall ebenso übergangen wie die methodische Notwendigkeit, diesenfalls eine planwidrige Regelungslücke darzustellen.

Rechtsmethodologisch ebenso mißglückt ist die Erwägung des Verwaltungsgerichtes, daß § 14 I S. 2 BBankG im Privatrechtsverkehr disponibel ist. In der diesseits bekannten verwaltungsgerichtlichen Judikatur der Bundesrepublik Deutschland gibt es keine Entscheidung, die den Handlungsspielraum eines öffentlich-rechtlichen Normgebers unter Verweis auf privatautonome Befugnisse ausgedehnt hätte. Mit anderen Worten: Der Umstand, daß grundrechtlich geschützte Sphären der Privatautonomie existieren, wird zur Legitimation einer untergesetzlichen, öffentlich-rechtlichen Satzung herangezogen, die ihrerseits den Handlungsrahmen privatrechtlicher Aktivität einschränkt. Dies verkehrt die staats- und verwaltungsrechtliche Dogmatik unserer Rechtsordnung in das Gegenteil des bislang allgemein für richtig Gehaltenen. Anders als im Privatrechtsverkehr genießt der öffentlich-rechtlich verpflichtete Rundfunkteilnehmer ersichtlich weder Vertragsabschluß- noch Vertragsgestaltungsfreiheiten gegenüber den Rundfunkanstalten. Er hat folglich keinerlei Handhabe, sich an einen anderen Anbieter zu wenden, der grundsätzlich oder in seinem Einzelfall bereit wäre, die fälligen Beitragszahlungsschulden mit Notenbankgeld tilgen zu lassen.

b.) Abgesehen davon, daß Verweisungen auf die Ausschließung der Bargeldannahmenpflicht durch Bundesgesetz normenhierarchisch verfehlt sind, irrt die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Frankfurt am Main zudem, indem sie auf § 224 III S. 1 AO Bezug nimmt. In jener Vorschrift heißt es, „Zahlungen der Finanzbehörden sind unbar zu leisten.“ Was für Zahlungen der Finanzbehörde an den Bürger gilt, hat für das reziprok tilgungsrechtliche Leistungsverhältnis zwischen Bürger und Staat keine tatbestandliche Relevanz. Dies folgt im übrigen auch schon aus der nur einen Gesetzesabsatz später getroffenen Regelung in § 224 IV AO. Nach dieser Bestimmung haben alle Finanzämter, die ihren Kassenraum rein tatsächlich geschlossen haben, eine Zweiganstalt der Deutschen Bundesbank oder – hilfsweise – ein Kreditinstitut zu ermächtigen, Zahlungsmittel (Bargeld) gegen Quittung anzunehmen. Anders gesagt: § 224 IV S. 2 AO ist im Steuerrecht genau diejenige Vorschrift, die von den staatsvertragschließenden Landesgesetzgebern für das Rundfunkrecht nicht erlassen wurde (und – wie dargelegt – aus normenhierarchischen Gründen wirksam auch gar nicht hätte erlassen werden können: Landesrecht kann Bundesrecht nicht brechen).

§ 224 IV S. 2 AO ist im Rahmen der Normauslegung kraft Analogie und/oder Reduktion sogar der Beleg dafür, daß es in § 14 I S. 2 BBankG eine planwidrige Lücke überhaupt nicht gibt. Denn § 14 I S. 2 BBankG und § 224 IV S. 2 AO fügen sich widerspruchsfrei in denselben gesetzgeberischen Plan, Geldschulden ausnahmslos mit dem Zahlungsmittel „Bargeld“ in Banknotenform tilgen können zu sollen. Würde der Gesetzgeber geglaubt haben, § 14 I S. 2 BBankG sei keine kategorische Anordnung an jeden Gläubiger einer Geldzahlungsschuld, Bargeld zur Schuldtilgung unbedingt annehmen zu müssen, hätte es des Erlasses dieser sämtlichen Ausnahmebestimmungen durch den Bundesgesetzgeber denknotwendig überhaupt nicht bedurft.

c.) Daß die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Frankfurt am Main an der betreffenden Stelle der Urteilsgründe auf die „im Ergebnis ebenso“ judizierenden Entscheidungen der Verwaltungsgerichtes München, Regensburg und Augsburg Bezug nimmt, ist in mehrfacher Hinsicht mißlich. Denn die dort zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtes Augsburg und des Verwaltungsgerichtes Regensburg hatten § 14 BBankG nicht einmal gesehen und folgerichtig auch nicht mit einem Wort problematisiert. Das Verwaltungsgericht München hat in dem dort zitierten Urteil zwar wiederholt einen „§ 14 S. 2 BBankG“ (?) erwähnt, den dort zur Entscheidung stehenden Sachverhalt jedoch nicht ansatzweise unter diese – tatsächlich überhaupt nicht existierende – Norm subsummiert. Auch diese vermeintlich bestärkende Verweisung der Frankfurter Verwaltungsrichter auf anderweitige, scheinbar gleichlautende Judikatur geht somit also faktisch ins Leere.

d.) Ebenfalls rechtsirrig stützt die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes die dortige Rechtsauffassung hilfsweise auch noch auf die von ihm für legitim erachtete Möglichkeit, „bei einem Kreditinstitut eine Bareinzahlung auf das Beitragsabwicklungskonto“ zu
leisten. In derartigen Fällen entstehen indes neben der monatlichen Hauptschuld von € 17,50 Rundfunkbeitrag stets und unausweichlich zusätzliche Überweisungskosten. Diese erklärt das Verwaltungsgericht in weiterer eigener Rechtsschöpfung für „nicht prohibitiv“.

Ob eine solche zusätzliche Gebühr indes prohibitiv wäre oder nicht, ist nach geltendem Recht überhaupt nicht entscheidend. Denn eine nominal auf einen bestimmten Eurobetrag lautende Geldschuld wird dadurch getilgt, daß sie in genau dieser Höhe rechtswirksam mit Tilgungswirkung geleistet wird, nicht aber dadurch, daß auf sie weitere Transaktionskosten wegen Einschaltung Dritter (Kreditinstitute) aufgeschlagen werden müssen.

Der geldrechtliche Grundsatz des Nennwertprinzips ist nach ressortübergreifender höchstrichterlicher Rechtsprechung ein ungeschriebener Rechtssatz, der als eine tragende Säule der Geldwertstabilität unserer Rechts- und Wirtschaftsordnung verstanden werden muß (so Palandt-Grüneberg, 70. Auflage, 2011, § 245 BGB Rn 12 m. w. N.). Würde man die Frage nach der Tilgungsfähigkeit einer (wie auch immer gearteten) Geldleistung von dem verunklarenden Werturteil abhängig machen, ob die hierdurch veranlassten Zusatzkosten „prohibitiv“ seien, dann verlöre das Zahlungsmittel Geld seinen rechteklärenden Charakter. In der soeben erschienenen, jüngsten Auflage des „Palandt“ formuliert Grüneberg nun wörtlich:

„Geld im gegenständlichen Sinn (Bargeld) sind Münzen und Banknoten. Dabei sind Geld in diesem Sinne die gesetzlichen Zahlungsmittel, die jeder Gläubiger einer Geldschuld kraft Gesetzes annehmen muß, in Deutschland und weiteren Mitgliedsstaaten der EU den €.“

(Palandt-Grüneberg, 76. Auflage, 2017, § 245 BGB Rn 3)

Das Verbot, Kosten des Gläubigers zu Lasten des Schuldners tilgungsrelevant auf eine Geldschuld aufzuschlagen, ist nicht nur ein Kernelement des monetären Nominalprinzips der deutschen Rechtsordnung. Es ist auch für sich höchstrichterlich gesichert. Der Bundesgerichtshof hat hierzu in einem Urteil vom 30. November 1993 (XI ZR 80/93) unter anderem wörtlich ausgeführt:

„Nach § 270 I BGB hat der Schuldner Geld auf seine Kosten an den Gläubiger zu übermitteln. Zu den Übermittlungskosten zählen nur die Versendungs- und Zustellungskosten, nicht aber die Kosten des Gläubigers bei der Entgegennahme von Bargeld. Diese hat der Gläubiger zu tragen. … Vergütungspflichtig sind grundsätzlich nur Haupt- und gegebenenfalls Nebenleistungen. Allgemeine Betriebskosten sowie Arbeiten des Gläubigers zur Erfüllung eigener gesetzlicher Verpflichtungen sind grundsätzlich nicht gesondert anteilig zu vergüten. Zu diesen Verpflichtungen gehört auch die Pflicht, Bargeld, d. h. gesetzliche Zahlungsmittel (§ 1 II Währungsgesetz, §§ 2, 3 Münzgesetz, § 14 I BBankG) anzunehmen.“

(BGH a. a. O. Rn 23, 27 bei juris)

Einen weiteren Gesichtspunkt hat die angefochtene Entscheidung im Zusammenhang mit der vermeintlich fehlenden ‚Prohibitivität‘ des Mehrkostenaufwandes bei Giralgeldbezahlungspflichten übersehen: Werden nicht nur einzelne, sondern – im logisch folgerichtigen Falle – alle Zahlungsverpflichtungen in verwaltungstechnischen Massenverfahren einer generellen Giralgeldzahlungspflicht unterworfen, so ist jeder einzelne Transaktionsakt mit weiteren Kosten zu beaufschlagen, was, in der Summe, durchaus die Grenze der Unzumutbarkeit erreichen kann.

e.) In der – von dem Verwaltungsgericht in der genannten Entscheidung mit keinem Wort thematisierten – Kommentarliteratur zu § 14 BBankG (beispielsweise Henning Berger/Katrin Rübsamen, Bundesbankgesetz, 2. Auflage 2014, § 14 BBankG Rn 4) heißt es ebenso:

„Jedermann hat die Euro-Banknoten als ordnungsgemäße Erfüllung einer monetären Verbindlichkeit zu akzeptieren.“

Das Ausgabemonopol der Zentralbank und die allumfassende Entgegennahmepflicht von Banknoten stehen demgemäß in einem untrennbaren geldrechtlichen Zusammenhang miteinander. Das eine ohne das andere ergäbe keinen Sinn. Anders gesagt: Wer die Annahmepflicht zur Tilgung von Schulden auf Geld in bar teleologisch reduziert, der schränkt spiegelbildlich auch das Ausgabemonopol der Zentralbank bzw. Banknoten ein; es liegt nahe, daß dieser Kontext den Frankfurter Verwaltungsrichtern nicht im Ansatz bewußt gewesen ist, weil sie sicher sonst eine solche Entscheidung nicht abgesetzt hätten.

Zu Teil 2 (von 2)

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