Helge Peukert. Im September hat das Handelsblatt den facettenreichen Subventionswahnsinn für E-Autos beleuchtet. Unter Verweis auf Berechnungen der Research-Einheit der Deutschen Bank war da zu lesen, dass die Steuerzahler hierzulande jedes Elektroauto über die Nutzungsdauer des Fahrzeugs hinweg mit 15.000 bis 20.000 Euro sponsern, gegenüber 8200 Euro, die der Staat pro Jahr und Kind für die Schulbildung ausgibt.
Dabei ist die Behauptung klimaschonender E-Mobilität sehr fragwürdig. Laut einem erfreulich informativen Nachhaltigkeitsbericht von Audi geht aus der Lebenszyklusanalyse des Audi e-tron 55 quattro hervor, dass alleine die Produktion 20 Tonnen Treibhausgas verursacht. Die meisten Emissionen entfallen auf die Batterien. In der Produktionsphase setzen daher Elektroautos rund das doppelte an CO2 frei wie Verbrenner, denen hier aber keinesfalls das Wort geredet werden soll.
Fast alle Berechnungen der Vorteilhaftigkeit von E-Autos unterliegen einem grundsätzlichen Fehler. Solaranlagen und Windkraft tragen in Deutschland etwas über 30 Prozent zur Elektrizitätserzeugung bei. Jeder zusätzliche Elektrizitätsbedarf wird über Differenzstrom aus Braunkohle gedeckt. Jedes neue E-Fahrzeug fährt dementsprechend dank fossiler Zuschaltung zu 100 Prozent mit Kohlestrom.
Die Berechnung über den Strommix, also dem durchschnittlichen Ökostrom auch für E-Autos, ist daher irreführend. Selbst bei fälschlicher Unterstellung des Strommixes liegen die Emissionen eines E-Autos im Lebenszyklus immer noch bei 35 Tonnen CO2 und selbst für den kleineren ID.3 von VW bei etwas unter 30 Tonnen CO2. Das wäre dann weniger als bei Verbrennern gleicher Größe, aber immer noch deutlich zu viel, um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen.
E-Autos wären nur bei einer hundertprozentigen Deckung des Strombedarfs durch Ökostrom klimafreundlich. Doch selbst der ambitionierte jüngste Vorschlag der EU-Kommission sieht bis 2030 nur eine Anhebung des Anteils erneuerbarer Energien auf 40 Prozent vor. Klimapolitisch einzig sinnvoll wäre es, wenn die Autokonzerne für jeden zusätzlichen Strombedarf für verkaufte E-Autos für die entsprechende zusätzliche Produktion von Ökostrom sorgen müssten.
Doch diese Eigenproduktion der Hersteller erfolgt nur geringfügig und auf freiwilliger Basis. Wird hierfür noch die gedeckelte EEG-Förderung in Anspruch genommen, verdrängen sie womöglich andere Ökostromproduzenten. Und ganz nebenbei werden noch Millionen Verbrennerautos von den Autokonzernen bis 2035 in die EU und auch später noch in alle Welt verkauft, wovon angesichts des Werberummels um die E-Mobilität abgelenkt wird.
Schließlich tritt auch hier das grüne Paradox auf. Die EU-Kommission schlägt in ihrem umfassenden Fit for 55-Programm auch ein in Deutschland bereits bestehendes, zweites Emissionshandelssystem für Gebäude und Verkehr mit Obergrenzen vor. Sinkt die Ölnachfrage im Verkehrssektor dank E-Mobilität, werden die freiwerdenden Emissionsquoten anderweitig dankbare Abnehmer finden.
Fazit: Klimaneutralität ist auf absehbare Zeit sicher nicht durch E-Mobilität zu erreichen. Zeit haben wir laut jüngstem Bericht des Weltklimarats (IPCC) aber nicht mehr. Nur eine drastische Schrumpfung des Auto-, Flugzeug- und Schifffahrtsverkehrs kann die Klimakatastrophe halbwegs begrenzen. Die massive Subventionierung der E-Mobilität wirkt in die Gegenrichtung des Nötigen.
Helge Peukert ist Professor für Plurale Ökonomik an der Universität Siegen und Autor von „Klimaneutralität jetzt! – Politiken der Klimaneutralität auf dem Prüfstand„