Tsipras lädt Dynamit in seinen Cinquecento

Der Wirtschaftsberater und Finanzminister des neuen griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras ist gelernter Spieltheoretiker. Wenn jemand weiß, wie man das Game of Chicken zwischen Athen und Brüssel/Frankfurt/Berlin gut spielt, dann Yanis Varoufakis. Tsipras spielt die einzige Stärke aus, die Griechenland in diesem Spiel hat: nicht mehr viel zu verlieren. Die andere Seite hat viel und daher auch viel zu

verlieren. Wenn sie mit ihrem Kleinlaster auf Tsipras Cinquecento zurast, passiert ihr wahrscheinlich nicht allzu viel, aber die Besatzung des Kleinwagens ist tot. Unter diesen Bedingungen kann sie hoffen, dass der kleine Cinquecento zuerst ausweicht, und verliert. Tsipras lud jedoch gleich an seinem zweiten Amtstag Dynamit in sein Fahrzeug. Er protestierte öffentlich dagegen, dass Griechenland bei einem Brüsseler Beschluss zu verschärften Sanktionen gegen Russland übergangen wurde und traf sich flugs mit dem russischen Botschafter. Die Botschaft ist klar: Entweder ihr weicht aus, pfeift die Troika zurück und ermöglicht den Griechen wieder ein Leben in Würde, anstatt als Versuchskaninchen für den neoliberalen Umbau Europas zu dienen, oder wir lassen es knallen, gehen dann zwar drauf, aber reißen dabei ein riesiges Loch in die außenpolitische Hülle der EU. Denn ein kleines Land, dem der Geldhahn zugedreht wird und das auch sonst von Brüssel gequält würde, um es gefügig zu machen, könnte hemmungslos die Blockademacht ausnutzen, die ihr die europäischen Entscheidungsregeln geben, und nebenher Brüssel und Moskau gegeneinander ausspielen.

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Wenn das geht, dann fragt man sich, warum das eine frühere Regierung nicht schon gemacht hat. Die Antwort ist ebenso leicht wie traurig. Frühere Regierungen waren nicht populistisch. Sie bekamen zwar etwas dafür, mitzuspielen, aber nicht für ihr Land, sondern für sich und ihre Freunde: etwa den Verzicht der Troika darauf, Steuereintreibung von den Reichen durchzusetzen, oder die Gelegenheit, sich bei Privatisierungen und Bankenrettungen zu bereichern, und natürlich den Machterhalt.  

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