Linke, die gern Erfüllungsgehilfen des Kapitals sein wollen – aber bitte mit Haltung (mit Nachtrag zu Telepolis)

Es ist bezeichnend. Auf meine mit Belegen gespickten, hundertausendfach gelesenen Blogposts dazu, wie das Migrationsabkommen die Interessen der internationalen Großkonzerne bedient und dass es auch auf deren Lobbying zurückgeht, ernte ich von linker Seite nichts als dröhnendes Schweigen. Kaum ein Ansatz von Kritik, nur Schweigen. Wenn mit Sahra Wagenknecht eine führende Politikerin der Linken einen derartigen Text zustimmend zur Lektüre empfiehlt, löst das angeblich sogar eine Revolte in ihrer Fraktion aus.

Reisebedingt mit etwas Verspätung habe ich von der bisher ausgebliebenen „Revolte“ in der Linksfraktion heute bei Spiegel-Online gelesen, wo der Beitrag am Donnerstag erschien. Dort heißt es unter der Überschrift  „Streit über Sahra Wagenknecht: Revolte der Genossen“:

„Im jüngsten Fall empfahl Wagenknecht in ihrem Newsletter einen Artikel, der das Uno-Migrationsabkommen aus einer linken Perspektive kritisiert: Migration nütze vor allem großen Unternehmen; die Arbeiter auf dem heimischen Märkten würden unter der Konkurrenz aus dem Ausland leiden. Das Uno-Abkommen wird in dem Artikel als „letzten Sargnagel für die linken Parteien“ bezeichnet.  Die nächste Provokation aus Sicht vieler Linker.“

Hier der Link zum inkriminierten Artikel: Das Migrationsabkommen als letzter Sargnagel für die linken Parteien

Darin zitiere ich einen führenden Wissenschaftler des globalen Südens und die Citigroup dazu, dass die Behauptung, die Abwanderungsländer profitierten, eine interessengeleitete Lüge ist. Auch dass die mit Migration befassten UN-Organisationen das anders sahen, bevor das Weltwirtschaftsforum sie umdrehte, bleibt nicht unerwähnt, ebensowenig, dass gerade die untersten Lohngruppen mit Zuwanderern um Jobs und soziale Leistungen konkurrieren dürfen.

Es ist also im linken auf-die-Haltung-kommt-es-an-Umfeld verboten über solche Probleme auch nur zu diskutieren. Wenn Widerlegen nicht geht, ist Totschweigen von unangenehmen Ziel- und Haltungskonflikten die erste Linkenpflicht.

Passend zum von mir gewählten Sargnagel-Bild resümiert der SPON-Artikel über eine Zeit nach einer möglichen Vertreibung der Fraktionsvorsitzenden:

„Wagenknechts Gegner hoffen, dass dann endlich Ruhe einkehrt.“

Das dürfte stimmen. Auf dem medialen Friedhof der „sonstigen“ Parteien  ist es meist ziemlich ruhig.

[12.11.2018}

Nachtrag (13.11.) Auf Telepolis zeigt der berüchtigte Peter Nowak wozu haltungslinke Dialektik fähig ist. Er weist die Verantwortung für die Diskussionsverweigerung des Kipping-Lagers Wagenknecht zu, die zwar Recht habe, die aber dieses Lager mit Diskussionsaufforderungen unnötig provoziere. Unter der Überschrift „Grüne und Linke und die Migration“ heißt es bei ihm:

„Wagenknecht hat auch keine Schritte getan, um den Konflikt zu deeskalieren. Das zeigte der letzte Tweet, in dem sie ihre Ablehnung des UN-Migrationspaktes mit einem Artikel des Handelsblatt-Journalisten Norbert Häring begründet, der schon lange als Wagenknecht-Anhänger auftritt und der sich auch von KenFM interviewen lässt. Dass sie damit ihren Kritikern neue Argumente liefert, muss ihr bewusst sein. Da bleibt dann keine Zeit mehr, über Sinn und Unsinn des UN-Migrationspakts zu diskutieren. Dessen primäres Ziel ist die regulierte Einwanderung nach ökonomischen Aspekten. Es gäbe also genügend Grund für linke Kritik auch an den UN-Migrationspakt. Vor 20 Jahren gab es noch eine stichhaltige linke Kritik am Konzept der multikulturellen Gesellschaft als einer Form des Rassismus. Heute scheint es keine fundierte Position zu geben, die den UN-Migrationspakt mit genau dem gleichen Anspruch kritisiert. Am Parteitag der Grünen gab es kurz Diskussionen über einen Passus im Leitantrag zur Asylpolitik, in dem festgestellt wurde, dass man nicht alle Migranten, die kommen wollen, aufnehmen könne. Doch dabei ging es nur darum, wo dieses Bekenntnis stehen soll. Es wurde dann in den hinteren Teil des Leitantrags verbannt. Der Streit war schnell beigelegt. Die Linke kann da von den Grünen noch lernen, wie man strittige Positionen im Kleingedruckten versenkt. Und Sahra Wagenknecht hätte für weniger Aufregung gesorgt, wenn sie statt des Artikels von Norbert Häring genau diese Stelle des grünen Leitantrags zur Untermauerung ihrer Position verbreitet hätte. (Peter Nowak) „

 

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