Die unwahrscheinliche Unperson Ken Jebsen (mit Nachtrag)

Der Kopf hinter dem erfolgreichen Videoportal KenFM, Ken Jebsen, hat einen sehr zweifelhaften Ruf. Nach einer Auswertung von Twitter-Aktivitäten der Anti-Querfront-Szene ist Ken Jebsen der schlimmste „neurechte“ Verschwörungstheoretiker und Antisemit im deutschsprachigen Raum. Weil ich sehr neugierig war, ob daran vielleicht doch irgendetwas Wahres ist, las ich das Buch „Der Fall Ken Jebsen“ von der ersten bis zur letzten Seite. Es lohnte sich.

Als mich Ken Jebsen im Frühjahr zu einem Interview über das Thema meines Buches „Die Abschaffung des Bargelds und die Folgen“ einlud, riet mir mein Buchverlag trotz der großen Reichweite des Videoportals KenFM ab. Damit würde ich meiner Positionierung als Autor schaden. Auch ein bekannter investigativer Journalist war sehr skeptisch und riet ab. Jebsen sei ein Verschwörungstheoretiker mit Hang zu durchgeknallten Theorien, wie der Chemtrail-Verschwörung. Ich schaute mir die Website von KenFM, einige Texte und Videos an, und was man auf die Schnelle so im Internet über Ken Jebsen lesen kann. Ich fand nichts, was unseriös auf mich wirkte, dafür sehr viel, was darauf hindeutete, dass hier ein unbequemer Zeitgenosse gezielt und kampagnenhaft diskreditiert werden sollte. Die Kritiker führen nämlich selten etwas an, was er sagt oder tut, sondern fast nur angebliche oder tatsächliche Fehltritte oder Defizite von Leuten, mit denen er geredet hat oder auch nur früher mal auf der gleichen Veranstaltung aufgetreten ist. Also sagte ich zu, weil ich es unerträglich finde, wenn Menschen durch vielstimmiges Geraune zu Aussätzigen gemacht werden, zu Unpersonen, mit denen man – bei Strafe eigenen Ausschlusses aus der Gemeinschaft- nicht reden darf.

Jebsen war sehr gut auf das Interview vorbereitet, das etwa 90 Minuten dauerte und soweit ich sehen konnte, ungekürzt auf KenFM erschien. Im Vorgespräch fragte ich ihn, was er von den Chemtrail-Theorien halte. Er sagte, diese Theorien würden ihm immer wieder angetragen, aber weil ihm bisher noch keiner irgendwelche Belege oder starke Indizien präsentierte, habe er noch nichts dazu gemacht. Später erinnerte ich den investigativen Journalisten, mir die versprochenen Links zu Chemtrail-Videos mit Jebsen zu schicken, vergebens.

Umso mehr habe ich das Buch „Der Fall Ken Jebsen“ mit großem Interesse gelesen, das der Journalist Matthias Bröckers auf Basis eines langen Gesprächs mit Jebsen veröffentlicht hat, alle 256 Seiten, damit mir auch kein Hinweise auf problematische Gesinnung Jebsens entgehen würde. Das ganze Buch zu lesen war ein unerwartetes Vergnügen. Jebsen ist ein Mensch mit sehr interessantem Lebenslauf und  interessanten Gedanken, die er auch noch in einer lebhaften Sprache ausdrückt. Liest man das Buch, wird sehr deutlich, was für ein Mensch das ist. Ich will ihn für sich selbst sprechen lassen. Der Verlag verzeiht mir hoffentlich, wenn ich etwas längere Passagen als üblich zitiere.

Der Moralist

Jebsen nimmt seinen Beruf als Journalist sehr ernst. Er ist ein Moralist:

„Da sind wir bei dem Punkt, dass man als Journalist mit einem ethischen und moralischen Werkzeug ausgestattet sein sollte. Ich habe schon auf dem Schulhof Prügeleien stellvertretend für andere angefangen, wenn drei Typen immer die ‚richtigen‘ Opfer aufmischten, also Kids, die von vorneherein absolut unterlegen waren. (…) Und hier ist es eben genauso. 9/11, Geldpolitik, Uranmunition, Posttraumatische Belastungsstörung – überall finden sich Opfer. Menschen, die einem terroristischen Willkürsystem ausgesetzt sind. Das schaue ich nicht tatenlos an. Als überzeugter Journalist geht es einem doch auch in etwa so wie einem Seelsorger oder Arzt: Man ist immer in Betrieb, immer wachsam, immer auf Draht. Man hat ja als Journalist eine wesentliche Aufgabe in der Demokratie, man soll dafür sorgen, dass Demokratie nicht korrumpiert wird, oder wenn dies geschieht, darauf hinweisen.“

Sein Verständnis von Journalismus ist zwar nicht ungewöhnlich, aber leider immer seltener anzutreffen:

„Journalismus bedeutet, etwas zu bringen, von dem andere wollen, dass es nicht veröffentlicht wird. Alles andere ist PR. Orwell hatte Recht mit dieser Erkenntnis. Was die Medien tun und immer getan haben, ist nicht die Realität zu beschreiben, sie erschaffen sie. Fast alles, was wir heute als Wirklichkeit betrachten, ist ein künstlich erzeugtes Produkt der Massenmedien, auf die wir uns dann beziehen, wenn wir unsere Urteile bilden. Nur werden die ‚Fakten‘ erst zuvor von den Medien selbst geschaffen. Sie sind oft schon ein Analyse, die uns als Status quo verkauft wird. (…) Ich bin nicht Journalist geworden, um eine Visitenkarte zu haben, aus der hervorgeht, dass ich was mit Medien mache. Gegen diese Motive bin ich allergisch. Ich nehme meinen Beruf sehr ernst, als Berufung. Journalismus ist kein Job.“

Moralisten sind selten beliebt.

Der Pazifist

Außerdem ist er ein radikaler Pazifist:

„Wir müssen anfangen, so mutig zu sein, dass wir uns die Frage stellen: Wer fordert uns eigentlich ständig dazu auf, andere Menschen umzubringen, um den Frieden zu sichern? Es ist unterlassene Hilfeleistung, wenn man nicht auf die Straße geht für die Opfer von morgen. Und die Opfer von morgen sind unsere Kinder. Und das ist mein Antrieb bei KenFM: Ich werde alles tun, um zu verhindern, dass meine Kinder oder Kinder, die ich kenne, oder Kinder überhaupt jemals wieder Uniform tragen werden, um sich gegenseitig umzubringen. Weil deren Eltern oder Großeltern oder andere ältere Menschen sagen: Das musst du machen für das Vaterland, das Leben, den Glauben, das humanitäre Dingenskirchen, die Demokratie oder für was auch immer.“

Dieser Pazifismus ist wohl eine wichtige Quelle für die Feindseligkeit, die ihm entgegenschlägt, denn sie macht ihn zu einem entschiedenen Nato-Gegner:

„Wenn Kriege einfach ‚Peacekeeping Operations‘ genannt werden, alle tragen wieder Uniform und ballern wie zuvor, aber nunmehr für den humanitären Einsatz, das kann ich mir doch nicht bieten lassen. (…) Ich kann Krieg nicht ausgewogen betrachten. Krieg ist eine sehr unausgewogene Sache. Da gibt es Täter und da existieren Opfer, und die Täter muss man als Täter benennen dürfen und die Opfer als Opfer. Da kann ich nicht sagen: Man muss das ausgewogen betrachten, man muss auch die Seite des Täters sehen, der lebt eben davon, sonst gehen Arbeitsplätze verloren.“

Er hält sich nicht für einen Antiamerikaner, Antiisraeli oder Antisemiten oder Antieuropäer, wenn er die Regierungen in Washington, Tel Aviv oder Brüssel kritisiert:

„Ich meine, antiamerikanisch ist die amerikanische Regierung, antideutsch ist die deutsche Regierung, antiisraelisch ist die israelische Regierung. Die Regierungen machen eine Politik, die schädlich für ihre eigenen Völker ist. Antieuropäisch ist oft auch das, was in Brüssel passiert. Die Menschen, das Individuum, spielen dort überhaupt keine Rolle mehr, dabei ist die Idee von einem vereinten Europa grandios. (…) Warum gibt es bei uns nicht, wie in der Schweiz, mehr direkte Demokratie? Weil direkte Demokratie direkter Machtverlust für die herrschende Klasse bedeutet. Wenn unser Bundespräsident sagt, die Deutschen wären gar nicht reif für direkte Demokratie, die durchschauen die komplexen Prozesse der Politik nicht, dann erklärt dieser Präsident das Volk, das er vertritt, für blöd.“

Der enttäuschte Linke

Über die Montagsmahnwachen und die Linken hat Jebsen u.a. folgendes zu sagen:

„Die Angst vor dem Krieg, die sich während der Ukrainekrise manifestierte, war ja der Startschuss für die Mahnwachenbewegung und es wurde sehr schnell eine Bewegung, die nun völlig autark, ohne feste Personen und starre Strukturen, wie sie in der alten Friedensbewegung existieren, ihre Arbeit aufnahm. Sie fing an zu atmen und entwickelte jenseits der etablierten linken Kreise ein Eigenleben. Das passte vielen in diesen Kreisen nicht, was mich wiederum nachdenklich machte. Sind diese Linken noch wirklich links? Oder haben wir es hier längst mit vom Neoliberalismus auf ‚neo-links‘ gedrehten Post-Linken zu tun? Die Heftigkeit und die scheinintellektuellen Begründungen, Studien, die man gegen die Mahnwachen und ihre bekanntesten Köpfe wie Mährholz und mich auffuhr, ließen mich am Ende zu der Überzeugung kommen, dass große Teile der Linken, in all ihren Slots wie Presse, Parteien, alter Friedensbewegung und Gewerkschaften, längst umgedreht worden sind. Sie hatten und haben es sich in dem neoliberalen System bequem gemacht. Sie haben ihren gut versorgten Platz als Berufskritiker in der Machtpyramide gefunden und sind längst Teil des Systems, das sie nur noch für die eigene kleine Gruppe von Salonkommunisten verändern wollen. Den Großteil der Bevölkerung erreichen sie nicht nur nicht mehr, die breite Masse, das Volk, ist ihnen auch eher unheimlich bis peinlich. Das kann man zum Beispiel daran erkennen, dass Linke die Plattenbauten des Landes eher meiden, während die AfD exakt in diesen Vierteln permanente Präsenz zeigt.“

Der, mit dem man nicht spricht

Aus seinen gelegentlichen Auftritten als Redner bei den Mahnwachen wird gern ein Querfrontvorwurf gebastelt, und der Vorwurf, Jebsen verkehre mit wilden Verschwörungstheoretikern. Dazu schreibt er:

„Keines von diesen Medien, die über die Montagsmahnwachen, oder über mich schrieben, hielt es für nötig, auch nur ein Wort mit mir persönlich zu reden. Das war ja der Witz, sie haben über mich geschrieben, aber für ein Interview hat es nie gereicht. Das ist bis heute so: Sie reden nur über mich, statt mit mir, nehmen sich ein, zwei Sätze aus einer langen Live-Rede und interpretieren diese Sätze neu. Ihre Interpretation wird dann als das verkauft, was ich angeblich gesagt habe. Junge Welt, Frankfurter Rundschau, taz, Tagesspiegel, Vice mögen sich von ihrem Selbstverständnis unterscheiden, die Art aber, wie sie mit Personen umgehen, ist identisch. Sie handeln wie vollkommene Dilettanten, gepaart mit einer fanatischen Verbohrtheit, wie man sie von schlechten Verlierern kennt.“

An einer Stelle stellt der Interviewer fest, Jebsen werde oft vorgeworfen, dass er mit Leuten (öffentlich) rede, die von anderen Medien gemieden würden. Gerade erst habe er bei Frauke Petry um ein Interview angefragt. Dazu Jebsen:

„Ja, warum denn nicht? Ich möchte gerne wissen, wie tickt eine Ex-Hausfrau und Mutter von vier Kindern, die Chemie studiert hat, die sehr viele Brüche in ihrem Leben hatte, vom Osten in den Westen gegangen ist, nachdem der Vater die Familie verlassen hat und in den Westen ging, die sich dann selbständig machte und die AfD mitgründete? Mich interessiert einfach, warum tut eine Frau wie Petry das. Sie hätte doch einfach eine Industriekarriere machen können. Warum hat sie sich stattdessen für dieses verlogene Geschäft der Politik entschieden. Ich muss mich, wenn ich als Journalist später ernst genommen werden will, mit ihr treffen und sie befragen. Ich finde es höchst merkwürdig, dass ausgerechnet eine Gesellschaft, die von sich behauptet offen zu sein, Menschen nicht zu Wort kommen lässt, nur weil diese vom Mainstream abweichen. Auch wenn das Gesagte verstörend ist. Es gibt diese Menschen, und die Gesellschaft muss lernen, mit ihnen umzugehen. Sie meinetwegen auch ertragen. Was sollen diese ständig um Personen errichteten Tabuzonen? Wer hat da vor wem etwas zu verbergen? Zudem hilft diese Unart nur den echten Blendern, denn es wertet sie auf. Ich versuche unvoreingenommen gegenüber Menschen, die warum auch immer am medialen Pranger stehen, zu bleiben. Ich muss Menschen, die eine mir völlig unverständliche Haltung zu Thema X haben, nicht mögen, aber ich sollte sie fair beurteilen und nicht vorverurteilen, weil zum Beispiel Massenmedien hier vorgearbeitet haben.“

Der Neurechte (i.S.v. Nichtrechte)

Ob er nun links ist, oder „neurechts“, wie manche Kritiker behaupten, lässt sich nach Lektüre des Buches leicht beantworten. Folgende Passage ist nicht untypisch:

„Wir haben den größten Niedriglohnsektor in Europa, also eine riesige Klientel für linke Politik, und die Leute wählen trotzdem AfD. Wie unfähig muss man eigentlich sein im Vermarkten von linken Inhalten? „Hallo, wir, die Linken, sind eure Partei?“ – dass man das nicht rüberbringt, sagt mehr, als die meisten ahnen oder wahrhaben wollen. Da kann man sich schon manchmal fragen: Wer sind eigentlich in all diesen linken Gruppen, linken Parteien, linken Zeitungen die Leute, die die Strippen ziehen? Und die vor allem verhindern. Die verhindern, dass sich Bodengruppen zusammentun und zum Beispiel eine lagerübergreifende Friedensbewegung bilden. Und mich dann dumm anpinkeln, wenn ich auf einer Versammlung in Bautzen rede, wo wahrscheinlich auch der eine oder anderer AfD-Wähler im Publikum stand. Diesen AfD-Wählern sagte ich das Folgende: Wisst ihr was? Die Arbeitslosigkeit, die niedrigen Löhne, die prekäre Lage – gab es schon vor den Flüchtlingen! Ihr habt mit den Flüchtlingen, die jetzt über die Grenze kommen, rein ökonomisch mehr gemeinsam als mit den Eliten im eigenen Land. Wenn ihr euch mit den Millionen Flüchtlingen zusammentätet und kollektiv nach Berlin marschieren würdet, dann gäbe es diesen Spuk nicht mehr. Wenn man es aber schafft, euch gegeneinander aufzuhetzen, sodass ihr euch gegenseitig an die Gurgel geht, seid ihr schon wieder auf denselben Trick reingefallen. Ihr lasst euch von den Tätern erneut zu Opfern machen, die sich an anderen Opfern abarbeiten. Macht das nicht!“

Andererseits ist die Bezeichnung „neurechts“ dann nicht ganz falsch, wenn man sie im Sinne der immer mehr um sich greifenden orwellschen Neusprech-Diktion versteht, nach der „neo“ oder „neu“ das Gegenteil von dem bedeutet, dem es vorangestellt wird, wie in „Neue Soziale Marktwirtschaft“ oder „Neukeynesianisch“ oder „neoklassisch“ oder „neoliberal“.

Der Holocaustmahner

Natürlich wollte ich auch wissen, unter welchen Umständen genau, er vor etwa fünf Jahren beim Radio Berlin Brandenburg ging oder gehen musste, wo er mit KenFM eine lange laufende, sehr erfolgreiche Musik- und Politsendung für junge Leute moderierte. Er beschreibt das ausführlich. Auslöser war nach seiner Darstellung ein langer und zunehmend hitziger E-Mail-Wechsel mit einem provozierenden Hörer, der einen Satz aus diesem Mailwechsel an verschiedene Zeitungen zu geben versuchte, als Beweis für die antisemitische Gesinnung eines populären rbb-Radiomoderators. Diese hätten jedoch abgelehnt, sodass der Hörer sich an Henryk Broder wandte. Dieser ist mit seiner extrem weiten Auslegung von Antisemitismus in einer militaristischen pro-Nato-Einkleidung so etwas wie der geistige Ziehvater der Antideutschen Bewegung innerhalb der Linken. Für ihn gibt es explizit keinen Unterschied zwischen Antizionismus und Antisemitismus, und wenig Unterschied zwischen Kritik an der israelischen Regierung und Antisemitismus. Dieser gefürchtete Henryk Broder setzte den rbb unter Druck, und dieser wiederum Jebsen. Jebsen gibt sich sehr enttäuscht darüber, dass er von jüdischer Seite keine Unterstützung gegen diese Anwürfe bekam, obwohl er sich seit vielen Jahren in jeder seiner KenFM-Radiosendungen unter der Rubrik RückblickKEN mit dem Holocaust beschäftigt habe, meist mit aktuellen Bezügen zur Gegenwart. Der Satz lautete: „Sie müssen mir nicht den Holocaust erklären, ich weiß, wer ihn als PR erfunden hat.“ Wenn diesen Satz nicht jemand geschrieben hätte, der seit Jahr und Tag wöchentlich an den Holocaust erinnerte, hätte man tatsächlich meinen können, er leugne dessen Existenz. So aber schied diese Interpretation eigentlich aus. Was er nach eigenen Angaben meinte und in der E-Mail auch ausgeführt habe, war, dass Edward Bernays, Autor von „Propaganda“, die Techniken der Massenmanipulation entwickelt habe, mit denen das Aufwiegeln der Massen gegen die Juden erst möglich geworden sei. Auch Goebbels habe „Propaganda“ gelesen und die darin beschriebenen Techniken angewendet.

Der Sender stellte sich zwar, was den Antisemitismusvorwurf anging, hinter ihn. Unter Vorwänden wurde er aber dann trotzdem gegangen. Keine der Zeitungen, die darüber berichteten, sprach nach seinen Angaben mit ihm.

Der Elsässer-Gegner

Auch über Ken Jebsens Verhältnis zur Ein-Mann-Querfront Jürgen Elsässer, Chefredakteur von Compact, einem zunehmend rechtsradikalen Magazin aus dem Pegida-Umfeld, erfährt man einiges. Es deckt sich mit dem, was ich darüber schon wusste. Jebsen beschreibt, wie Elsässer, der ursprünglich aus der Linken Szene kommt, der einzige war, der nach seinem rbb-Rauswurf mit ihm redete und ihn zu Wort kommen ließ. Er nahm Einladungen an, auf von Elsässer organisierten Veranstaltungen zu reden. Beide traten auf Friedensmahnwachen auf. Als Elsässer immer stärker Richtung Pegida driftete, distanzierte sich Jebsen mit einigen Anderen öffentlich von ihm. Dennoch wird von Seiten der selbsternannten Bekämpfer einer imaginären Querfront KenFM habituell in Zusammenhang mit Elsässer und seinem Compact-Magazin gestellt.

Irgendwelche abseitigen Verschwörungstheorien habe ich in den 256 Seiten, in denen Jebsen seine Gedanken ausbreitet, nicht gefunden.

Hinweis: Dieser Text beruht nicht auf einer vertieften Recherche über Ken Jebsen, sondern nur auf eigener Erfahrung, dem Inhalt des hier besprochenen Buches „Der Fall Ken Jebsen“ und der Beobachtung der Anti-Querfront-Szene und ihrer Methoden.

Ein gelegentlicher Gesprächspartner von Jebsen, der ebenfalls ganz hoch auf der Hassliste der Querfrontbeobachter steht, ist der Schweizer Historiker Daniele Ganser. Über ihn hat der Anwalt und Ex-Pirat Markus Kompa folgendes geschrieben, das ich hier verlinken möchte. Hier ein Auszug:

„Ein Bündnis begabter Verschwörungstheoretiker, getragen von Wittener SPD und Jusos, Wittener Bündnis90/Die Grünen und sogar der ehemals zensurkritischen Piratenpartei NRW, fordert von der privaten Universität Witten-Herdecke die Ausladung des Schweizer Historikers Dr. Daniele Ganser, der am Donnerstag dort einen Vortrag über Medienkritik halten soll. Außerdem fordern die Wittener Verschwörungstheoretiker Distanzierung von Gansers „Thesen“, ohne solche jedoch konkret zu benennen.“

 Unter anderem mit dieser Episode von 2015 bergründete er dieser Tage seinen Abschied von den Piraten.

Nachtrag (3.12): Ein empörter Leser hat mich auf ein Video von Ken Jebsen aus dem Jahr 2012 hingewiesen, auf das Querfrontwächter verlinken. Ich habe es mir angeschaut. Darin entgleist er verbal bei seiner Kritik am Umgang Israels mit den Palästinensern. Er beschreibt diesen mit Begriffen, die ansonsten der Beschreibung des Holocaust vorbehalten sind. Dafür wurde er zu Recht scharf kritisiert. Er hat die Kritik angenommen, sich entschuldigt (u.a. in einem Video mit dem Titel „Ken Jebsen zum Antisemitismusvorwurf“, und hat das Video gelöscht. Er sei wütend gewesen, weil seine Karriere gerade durch einen konstruierten Antisemitismusvorwurf zerstört worden sei, erklärte er seine Entgleisung. Er habe provozieren wollen, weil alle sich weggeduckt hätten, um nicht mit ihm assoziiert zu werden und selbst etwas abzukriegen.  Es sagte,  er würde so etwas nicht wieder sagen. Meines Wissens hat er es auch nicht getan (auch wenn er die Behandlung der Palästinenser durch die israelische Regierung weiterhin kritisiert).

Es ist völlig legitim, wenn jemandem Jebsens Entschuldigung und Distanzierung nicht genügt und er die Umstände nicht für hinreichend mildernd hält, um ihm seine Entgleisung zu verzeihen, und er deshalb nichts mit ihm zu tun haben will und ihn kritisiert. Wenn jedoch jeder, der das anders sieht und bereit ist, eine (meines Wissens) einmalige Entgleisung Vergangenheit sein zu lassen  und  mit ihm zu reden, in Gefahr steht, dadurch zum Ziel von Rufmordkampagnen zu werden, dann läuft etwas sehr verkehrt. Wenn Angehörige angesehener Königshäuser in Europa sich einen Spaß daraus machen, sich in der Halböffentlichkeit als Nazis zu verkleiden, werden sie (zu Recht) kritisiert und dann ist es irgendwann (zu Recht)wieder vergessen und vergeben. Wenn die Relationen so aus dem Lot geraten, dann ist das verdächtig. Dann darf man eher vermuten, dass hier Tabuzonen um Themen verteidigt werden sollen, die Jebsen und seine Gäste immer wieder verletzen.

 
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