Warum die Verbraucherzentralen sich nicht mit der Altersdiskriminierung durch DHL befassen wollen

26. 07. 2024 | Die Verbraucherzentralen haben sich bisher nicht öffentlich mit dem Smartphone- und App-Zwang durch den teilstaatlichen Paketdienstleister DHL befasst. Die naheliegende Vermutung ist, dass die Verbraucherzentralen auf staatliche Untersützung angewiesen sind. Aber der wahrscheinliche Hauptgrund ist noch weniger respektabel.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband antwortete auf meine Anfrage vom 17. Juli, ob für ihn der Smartphone-Zwang an vielen DHL-Packstationen eine Form von Altersdiskriminierung darstellt, und ob er etwas dagegen zu tun plane, das Thema Post und Pakete behandelten die Verbraucherzentralen der Länder. Ich möge mich etwa an das in NRW wenden, was ich tat.

Die Antwort aus NRW lautetete, man könne sich dazu derzeit nicht äußern, „weil wir keine aktuelle Untersuchung zu DHL durchgeführt haben“. Die Inaktivität und das Desinteresse der Verbraucherschützer sind sehr verwunderlich, wurde doch die DHL schon 2023 mit beträchtlichem Medienecho von Digitalcourage für den App-Zwang bei Packstationen mit dem Negativpreis BigBrotherAward ausgezeichnet. Das Desinteresse scheint auch  in den anderen Bundesländern vorzuherrschen. Eine Netzsuche erbrachte zum Beispiel eine recht aktuelle Seite der Verbraucherzentrale Niedersachsen zu „Ärger mit Paketdiensten“ auf der das Thema App-Zwang durch DHL nicht vorkommt.

Meine erste spekulative Erklärung dafür war, dass die Verbraucherzentralen in staatlichem Auftrag arbeiten und maßgeblich aus Steuergeldern finanziert werden. Sie sind also auf ein gutes Verhältnis mit der Regierung angewiesen. Und der Bund ist nun mal der größte Anteilseigner von DHL. Doch dann las ich bei der Recherche zu einem kürzlich erschienen Beitrag zum Thema Erstaunliches über den Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller. Die Bundesnetzagentur ist bei Post und Energie für Verbraucherschutz und Regulierung zuständig. Und ihr Chef war ausgerechnet bis zu seiner Berufung durch Robert Habeck 2022 acht Jahre lang Vorstand und Repräsentant des Verbraucherzentrale Bundesverband

Ein ausgewiesener „Verbraucherschützer“ wurde also an die Spitze der für Verbraucherschutz in Postdingen zuständigen Regulierungsbehörde gesetzt und fand nichts daran auszusetzen, dass das von ihm beaufsichtigte marktbeherrschende Unternehmen alte und datenschutzaffine Menschen mutwillig diskriminiert. Und der Verbraucherzentrale Bundesverband hätte, wenn er die Praxis von DHL öffentlich kritisiert hätte, gleichzeitig die eklatante Untätigkeit ihres langjährigen Vorstands und Repräsentanten kritisiert. Das wollte man offenbar nicht und hat lieber die diskriminierten Paketempfänger im Stich gelassen,

Auch andere Verbände schweigen

Auch die Senioren-, Behinderten-, und sonstigen Verbraucherverbände sind überwiegend untätig. Jedenfalls äußern sie sich nicht öffentlich. In Sachen Digitalzwang durch die Bahn ließen sie sich – verspätet zwar, aber doch – zum Jagen tragen und veröffentlichten eine gemeinsame Erklärung, in der sie den willkürlichen Smartphone- und Internetzwang kritisierten. Das sollte auch beim Thema Smartphone-Zwang durch DHL möglich sein

Schreiben Sie also gern an die Verbraucherzentralen und die anderen Verbände, idealerweise die, von denen Sie vertreten werden, und fordern sie höflich auf, die Interessen von Alten, Behinderten und datenschutzbewussten Menschen gegenüber DHL, der Bundesnetzagentur und den Politikern dahinter zu vertreten.

Mehr

Mit einem neuem Postgesetz heuchelt die Regierung den Willen, die Machenschaften von DHL abzustellen
25. 07. 2024 | Der teilstaatliche Paketversender DHL stellt immer mehr Packstationen auf Appsteuerung um, sodass Empfänger ein Smartphone brauchen, um ihre Pakete dort abzuholen. Das kürzlich in Kraft getretene neue Postgesetz enthält wohlklingende Formulierungen, die so tun, als wollten sie dieser Altersdiskriminierung einen Riegel vorschieben. Doch die Verantwortlichen wissen, dass die Schlupflöcher in den gewählten Formulierungen dafür sorgen, dass DHL kaum etwas ändern muss.

Es ist Zeit, dass sich die FDP in ADP umbenennt
23. 07. 2024 | Ob Digitalzwang bei der staatlichen Bahn und beim Deutschlandticket oder Sendungen, die beim teilstaatlichen Postversender DHL nur noch mit Smartphone und App abgeholt werden können: regelmäßig steckt die früher freiheitliche Partei FDP dahinter, wenn Menschen genötigt werden, ein Smartphone anzuschaffen und zu nutzen und Möglichkeiten beseitigt werden, wichtige Dinge im Umgang mit Menschen statt Computerprogrammen zu erledigen,

Petition für ein Grundrecht auf analoges Leben gestartet
28. 05. 2024 | Der Verein Digitalcourage hat zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes eine sehr unterstützenswerte Petition gestartet. Diese fordert den Gesetzgeber auf, ein Grundrecht auf Leben ohne Digitalzwang im Grundgesetz zu verankern. Es soll möglich bleiben, am öffentlichen Leben teilzunehmen, ohne gezwungen zu werden, sich gegenüber den Digitalkonzernen nackt zu machen.

Unternehmen und Events von denen smartphonefreie Menschen ausgeschlossen werden
Konzerte/Festivals: Nick Cave & The Bad Seeds: Troye Sivan in Berlin Metallica in München Twenty One Pilots in Hamburg Dua Lipa in Berlin Wallows in Köln Lollapalooza in Berlin Sport: Red Bull Arena Leipzig Basketball-Heimspiele des FC Bayern München Unis Köln ohne Smartphone kein Zutritt zur Unibibliothek für Erstsemester.

Print Friendly, PDF & Email