Aus Anlass der heutigen Beschlüsse der EZB, noch einmal eine winzige Zinssenkung zu beschließen und über Käufe von verbrieften Forderungen den Banken noch mehr überschüssige Zentralbankguthaben zuzuführen, die sie nicht in zusätzliche Kreditvergabe ummünzen werden, ist besonders interessant, was Ben Bernanke, der heutige US-Notenbankchef zu dieser Art Geldpolitik zu sagen hatte, als er noch Wissenschaftler war. Die
folgenden Empfehlungen entstammen einem Vortrag aus dem Jahr 1999. Sie gelten der Bank von Japan, der er vorhält, zu wenig gegen die zu niedrige Inflation zu tun und sich hinter Ausflüchten zu verstecken. Man kann seine Problemdiagnose und die Aufzählung der Ausflüchte fast eins zu eins von der Bank von Japan damals auf die Europäische Zentralbank heute übertragen. Kurz gesagt: es gibt wirksame Alternativen zu dieser Mischung aus Symbolpolitik und versteckter Subvention der Banken.
O-Ton Bernanke: “Es mag sein, dass die gegenwärtigen monetären Bedingungen in Japan die Effektivität der üblichen Offenmarktoperationen begrenzen. Ich werde jedoch arguentieren, dass. Liquiditätsfalle hin oder her, die Geldpolitik dennoch genügend Macht hat, die nominale gesamtwirtschaftliche Nachfrage zu erhöhen. Geld wird, anders als andere Formen der Staatsschuld nicht verzinst und hat unbegrenzte Laufzeit. Die Zentralbank kann so viel Geld ausstellen wie sie will. Daher könnte sie, wenn das Preisniveau tatsächlich unabhängig von der Geldschöpfung wäre, dieses Geld nutzen, um unbegrenzte Mengen an Gütern und Vermögensgegenständen zu kaufen. Das ist offenkundig unmöglich. Daher muss Geldschöpfung das Preisniveau erhöhen, selbst wenn die nominalen Zinsen nach unten bei Null begrenzt sind.
Ich denke, dass die meisten Ökonomen zustimmen würden, dass ein Helikopterabwurf von Geld, der groß genug wäre, das Preisniveau auf jeden Fall erhöht.“ Bernanke definiert hier Helikoptergeld für praktische Zwecke als Geldüberweisungen an die Haushalte von der Zentralbank. Also weiter.
„Angenommen es täte das nicht. Dann würde das reale Vermögen der privaten Haushalte grenzenlos ansteigen, wenn sie immer mehr Geld bekommen. … Sicherlich würde die Öffentlichkeit irgendwann versuchen, dieses erhöhte Vermögen in Waren und Dienstleistungen umzustetzen, Ausgaben, die die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und die Preise erhöhen.“
„Das einzige Gegenargument, das ich mmir vorstellen kann“, so Beranke „ist, dass die Öffentlichkeit eine künftige Kopfsteuer in gleicher Höhe wie der Geldtransfer fürchten könnte, was sie veranlassen würde, das zusätzliche Geld zu halten, anstatt auszugeben. Aber die Regierung hat keinen Grund das zu tun und deshalb hat die Öffentlichkeit auch keinen Grund, es zu erwarten. Denn das neu geschaffene Geld wird nicht verzinst und hat daher keine Kosten für die Regierung, wenn sich das Preisniveau nicht verändert. Wenn sich dagegen die Preise erhöhen, was wir erwarten, hat die Regierung zwar höhere nominale Ausgaben, aber auch höhere Steuereinnahmen.“
„Natürlich hat die Bank von Japan keine Berechtigung, in eigener Hoheit Geld über die Bevölkerung regnen zu lassen“, schreibt Bernanke weiter. Ich würde das bezweifeln. Nirgends steht, dass die Zentralbank zwar den Banken so viel Geld schenken kann, wie sie will, aber keinen Cent der normalen Bevölkerung, solange die Preisstabilität gewahrt bleibt. Im Gegenteil: Wenn Geld, das sie den Banken schenkt, nur zu erhöhten Überschussreserven der Banken oder zu einer Aufblähung von Wertpapierpreisen führt, aber nicht das allgemeine Preisniveau anhebt, wenn gerade Deflation droht, dann ist die Zentralbank von ihrem Mandat aufgefordert, die wirksame geldpolitische Maßnahme der unwirksamen vorzuziehen. Aber sei es drum. Weiter mit Beranke:
„Die vorgeschlagene Politik ist eine Kombination aus Finanzpolitik und Geldpolitik. Das bedeutet lediglich, dass Kooperation zwischen den Regierungsstellen nötig ist… Ich denke übrigens nicht, dass eine solche Kooperation die neugewonnene Unabhängigkeit der Bank von Japan in irgendeiner Weise beeinträchtigen würde. Die Bank von Japan würde aus eigener Entscheidung eine Maßnahme ergreifen, die ihrem gesetzlichen Auftrag der Wahrung der Preisstabilität dient. Kooperation mit der Regierung bei der Verfolgung eines gemeinsamen Ziels ist nicht dasselbe wie Unterordnung.“