In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung ist zu lesen, dass die Grünenspitze nicht länger so tun will, als sei sie gegen Ceta. Wegen Tump positioniere man sich neu. Dabei sind gerade durch Trump die Argumente gegen Ceta viel stärker geworden. Und die Nachverhandlungen, auf die Cem Özdemir angeblich setzt, sind dadurch weit weniger nützlich.
Die Grünen stecken in der Klemme, weil sie über den Bundesrat eine Ratifizierung des Handels- und Investorenschutzabkommens Ceta mit Kanada verhindern können, aber als Her Majesty Merkel’s Most Loyal Opposition nichts tun wollen, was die Regierung oder Daimler ärgern würde. Da trifft es sich gut, dass der allseits ungeliebte Trump so gegen Freihandelsabkommen ist, dass man sich schon wieder progressiv fühlen kann, wenn man dafür ist. „Ein fairer Freihandel ist in Zeiten eines stärker werdenden Protektionismus, vor allem in den Vereinigten Staaten, wichtiger denn je“, sagte Cem Özdemir, Parteichef und Spitzenkandidat, der FAS, die darüber unter der Überschrift „Grüne positionieren sich wegen Trump neu zu Ceta“ berichtet. So wie Ceta ist, werde man zwar nicht zustimmen, aber mit Nachverhandlungen könne man darüber reden.
Der Vorwand für die Ceta-Volte der Grünen-Führung ist denkbar windig. Gerade weil Trump gegenüber Freihandelsvereinbarungen so ablehnend eingestellt ist, sollte Europa unbedingt auf Ceta verzichten. Es gab bisher ein halbwegs wichtiges Plus von Ceta. Das Abkommen ist in Sachen Aushöhlung von demokratischen Rechten zugunsten von Investoren und international Handel treibenden weniger schlimm als die meisten Abkommen dieser Art und als das bisher angestrebte TTIP-Abkommen mit den USA. Insofern hätte Ceta immerhin als Vorbild für TTIP und andere Abkommen dienen können. Auf TTIP hatte jedoch schon Obama keine große Lust mehr, und unter Trump ist es tot.
Ein großer Nachteil von Ceta für Europa wird unter einem protektionistischen US-Präsidenten dagegen noch sehr viel größer. Ceta erlaubt es international tätigen US-Konzernen, die Handelsvorteile und die Investoren-Klagerechte aus Ceta zu nutzen, weil sie in aller Regel eine kanadische Tochter haben, oder diese leicht etablieren können. Im Gegenzug bekommen europäische Konzerne in Sachen erleichtertem Marktzugang von den USA genau gar nichts. Und wenn Trump sie mit Importzöllen und sonstigen Handelsbeschränkungen traktieren mag, dann lebt er in der besten aller Welten, denn Europa kann sich wegen Ceta nicht wehren, ohne von General Motors Canada und Co. auf Milliardensummen an Schadenersatz verklagt zu werden.
Wie Özdemir sicherlich weiß, sind substantielle Nachverhandlungen an Ceta in diesem Stadium nicht mehr drin. Es ist auch nicht zu sehen wie die Änderungen aussehen sollten, die die dargelegten fundamentalen Probleme dieses Abkommens im Zeitalter von Trump beseitigen könnten.
Was Cem Özdemir und seine grüne Gefolgschaft da vorführen, ist versuchte Volksverdummung der übelsten Sorte. Das lassen ihm sein Parteivolk und die Wähler hoffentlich nicht durchgehen. [5.2.17]