Die Bahn zwingt ihre Kunden systematisch per Salamitaktik in die digitale Totalüberwachung. Anonymes Bahnfahren ist seit Oktober 2023 nur noch für Kunden möglich, die den vollen, sehr hohen Normalpreis bezahlen. Aus den Automaten wurde dafür die Option entfernt, Sparpreistickets zu kaufen. Am Schalter gibt es diese nur noch gegen Identifizierung. Eine ernst zu nehmende Begründung hat die Bahn nicht dafür, und sie kommunizierte die Neuerung auch sehr zurückhaltend.
Derzeit wird der nächste Schritt umgesetzt. Die Bahncards, die Fahren mit 50% oder 25% Nachlass ermöglichen, sollen nur noch digital unter Nutzung des datenschutzrechtlich hochproblematischen DB Navigator nutzbar sein. Bei der Probe-BahnCard ist das bereits umgesetzt. Wer die Probe-BahnCard bestellt, kann das bestenfalls erahnen. In den Fragen und Antworten zur Probe-BahnCard steht kein Wort von der öffentlich kaum kommunizierten Neuerung. Dafür bekommt man, wenn man sich weiter Richtung Kauf klickt, einen Link zu „Bedingungen zur Nutzung und zum Erwerb von BahnCards“ angeboten. Keine der sehr vielen Dokumente dort hat im Titel das Wort BahnCard oder etwas Gleichbedeutendes.
Im Lauf dieses Jahres sollen auch die regulären BahnCards auf Smartphone- und App-Zwang umgestellt werden.
Der Datensicherheits- und Datenschutzblog Kuketz hat schon im Oktober 2021 geurteilt, der DB Navigator sei ein Fall für die Datenschutz-Aufsicht. Digitalcourage hat im Oktober 2022 Klage gegen die Bahn eingereicht, wegen rechtswidrigen Trackens (Nachverfolgens) der Nutzer des DB Navigators, dem die Nutzer nicht widersprechen könnten. Die Klageerwiderung der Bahn fasste Digitalcourage im Juni 2023 so zusammen: „Sehr kurz gefasst steht auf diesen vielen Seiten: Die Bahn möchte gerne auch weiter ihre Nutzer.innen tracken, ohne ihnen eine Möglichkeit zu geben, dies abzustellen.“
So ist also der Stand, während das Staatsunternehmen Bahn, unter den wegschauenden Augen der staatlichen Datenschutzbehörden und mit Zustimmung der Staatsvertreter im Aufsichtsrat, ihre Kunden, die das noch nicht tun, zwingen will, den DB Navigator zu nutzen. Dafür nutzt die Bahn auch noch perfidere Methoden. So wird oder wurden z.B. in Berlin die Wagenstandsanzeigen abgeschafft. Man erfährt (oder erfuhr) nur noch per App oder mit Glück von freundlichen Schaffnern, ob das eigene Abteil in Abschnitt A oder E halten wird. Gerade gegenüber der Hauptgruppe von Nicht-Smartphone-Nutzern, älteren Menschen, die nicht schnell mal einen Kilometer ans andere Ende des Bahnsteigs eilen können, ist das an Rücksichtslosigkeit kaum noch zu überbieten.
Die arrogante Begründung der Bahn für die digitalen Zwangsmaßnahmen gegenüber ihren Kunden sei nicht unterschlagen:
„Die Bahn begründet diesen Schritt im Rahmen ihrer Digitalisierung mit Einsparung von Plastik sowie digitaler Affinität der BahnCard-Kundschaft, die zu 60% bereits jetzt das digitale Angebot nutzt.“
Die politisch Verantwortlichen
Als Vertreter des Anteilseigners sitzen im Aufsichtsrat der Bahn:
- Anja Hajduk, Staatssekretärin im grün geführten Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz,
- Susanne Henckel, Staatssekretärin im FDP-geführten Bundesministerium für Digitales und Verkehr,
- Michael Sven Puschel, Leiter der Abteilung Bundesfernstraßen im FDP-geführten Bundesministerium für Digitales und Verkehr,
- Bernd Reuther, MdB (FDP)
- Stefan Gelbhaar, MdB (Grüne),
- Dorothee Martin, MdB (SPD).
Politisch verantwortlich für das kundenfeindliche Agieren des Staatsmonopolisten sind danach in etwa dieser Reihenfolge FDP, Grüne und SPD. Sie könnten das jederzeit abstellen, wenn sie wollten.
Nicht von ungefähr verspricht die Zwangsdigitalisierungspartei FDP Umfragen zufolge bei den nächsten Wahlen an der 5%-Hürde zu scheitern, und kämen Grüne und SPD zusammen nicht einmal mehr auf 30%.