Offenbar hat man bei Vattenfall nicht daran gedacht, dass man den etwa eine halbe Million Menschen ohne Bankkonto in Deutschland laut Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts eine zumutbare Möglichkeit bieten muss, ihre Rechnungen zu bezahlen. Auf Anfrage, welche Möglichkeiten für Menschen ohne Bankkonto man nach Schließung der Kassenautomaten anbiete, damit sie ihre Rechnung bezahlen können, antwortete Vattenfall:
„Die Zahlart von Energieversorgern ist in der Grundversorgungsordnung (GVV) geregelt: Der Grundversorger hat in den ergänzenden Bedingungen mindestens zwei mögliche Zahlungsweisen anzugeben (§16, Abs. 2). Alle bundesweiten Kunden von Vattenfall können bei uns per Überweisung oder in bar bei einer Bank zahlen. Oder sie erteilen uns ein SEPA-Lastschriftmandat.“
Ich fragte nach und wies auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in meinem Verfahren gegen den Hessischen Rundfunk um das Recht auf Barzahlung des Rundfunkbeitrags hin:
„Was bedeutet „in bar bei einer Bank“ zahlen? Ist das die normale Barüberweisung, die nur noch wenige Banken anbieten, und wenn sehr teuer? Von dieser Bezahlmöglichkeit hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Verfahren gegen den Hessischen Rundfunk (BVerwG 6 C 6.18.) geurteilt, dass sie für Menschen ohne Konto nicht zumutbar ist, weil zu teuer. Oder hat Vattenfall eine Vereinbarung mit Banken, die die Bareinzahlung für die Kunden günstiger macht?“
Das Unternehmen antwortete:
„Eine spezielle Vereinbarung mit Banken haben wir nicht. Wir sind jedoch keine Öffentliche Stelle, auf die sich das Urteil bezieht. Grundsätzlich erfüllen wir mit den geltenden Bezahloptionen unsere gesetzlichen Verpflichtungen. Dennoch sind wir uns als Grundversorger natürlich unserer Verantwortung bewusst, auch Kunden ohne Konto praktikable Zahlungen zu ermöglichen. Wir arbeiten deshalb aktuell an Lösungen, unseren Kunden perspektivisch auch Zahlungen an der Supermarktkasse zu ermöglichen.“
Fazit
Ein Grundversorger käme vor Gericht wohl nicht damit durch, sich auf Vertragsfreiheit zu berufen. Das scheint auch Vattenfall einzusehen. Das Unternehmen weiß auch, dass es mit Barzahlen/Viacash einen Finanzdienstleister gibt, der es Unternehmen (und öffentlichen Stellen) zu – meines Wissens – günstigen Bedingungen ermöglicht, ihre Rechnungen und Gebühren an der Supermarktkasse bar bezahlen zu lassen.
Wenn Sie also mit anderen Grundversorgungs-Unternehmen oder öffentlichen Stellen die Erfahrung machen, dass diese keinerlei Option zur Barzahlung anbieten, weisen sie diese gern auf die Rechtslage und die Möglichkeiten zur Abhilfe hin. Wenn das nichts nützen sollte, sind die jeweiligen Aufsichtsbehörden, die an Recht und Gesetz gebunden sind, sicherlich für einen Hinweis dankbar.
Der Gesetzgeber könnte gehalten sein, die „ergänzenden Bestimmungen“ der Grundversorgungsordnung dahingehend zu ändern, dass klargestellt wird, dass die Grundversorger eine Möglichkeit anbieten müssen, Rechnungen auch bar zu bezahlen.
Wir werden natürlich beobachten, wie lange Vattenfall braucht, um einen Vertrag mit einem Dienstleister abzuschließen, der Barzahlung ermöglicht, und hier darüber berichten.