Ausgerechnet Schwedens Notenbank wird zur Kämpferin für das Bargeld

6. 11. 2018 | Schweden ist nicht nur das Land, in dem die Verdrängung des Bargelds am weitesten fortgeschritten ist – unter langjähriger tätiger Mithilfe der Notenbank. Es ist auch das Land, in dem sich die Nachteile dieser Entwicklung bereits am deutlichsten zeigen. Deswegen plädiert die Schwedische Reichsbank nun für ein scharfes Gesetz, um die Banken zu zwingen, die Bargeldversorgung aufrecht zu erhalten.

Die Reichsbank hatte eine Kommission einberufen, die Vorschläge zur Sicherstellung der Bargeldversorgung machen sollte. Die Kommission schlug vor, die größten Banken zu verpflichten, in ihren Filialen Bargeld anzunehmen und auszugeben. In ihrer Stellungnahme von 17. Oktober 2018 macht die Führung der Notenbank klar, dass ihr das nicht weit genug geht. Sie will, dass alle Banken, die Zahlungsverkehrsdienste anbieten, auch Bargeld annehmen und ausgeben müssen. Wenn sie Einlagen annehmen, müsse es auch möglich sein, Bargeld einzuzahlen. Die Reichsbank sieht das als nur recht und billig, genössen doch die Banken beträchtliche Vorteile dadurch, dass die Regierung für den Fall finanzieller Schwierigkeiten ein mitunter teures Sicherheitsnetz für sie aufspannt.

Während die Kommission eine allgemeine Annahmepflicht für Bargeld ablehnte, weil das eine übermäßige Einschränkung der wirtschaftlichen Freiheit darstelle, geht die Notenbank auch hier weiter. Sie schreibt:

„Bei der Existenz oder Nichtexistenz von Bargeld geht es um mehr als physische Anforderungen. Es geht um das grundlegende Bedürfnis der Gesellschaft und ihrer Bürger nach einem Zahlungsmittel, das von der Reichsbank herausgegeben und vom Staat garantiert wird.“

Dieses Geld sei der Anker des Währungssystems und die Grundlage für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das kommerzielle Geld der privaten Banken. Daher sei es sehr wichtig, dass der Status von Bargeld als gesetzliches Zahlungsmittel klargestellt wird. Es müsse klar sein, welche Dienstleister, zusätzlich zu ärztlicher Versorgung, einem Bargeldannahmezwang unterliegen. Außerdem müsse der Reichstag eine Position dazu entwickeln, ob die Gesellschaft und ihre Bürger ein Recht auf Zugang zu einem von der Reichsbank herausgegebenem Zahlungsmittel haben sollen und welchen Status dieses Zahlungsmittel haben soll.

Ich könnte kaum mehr zustimmen. Mein vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängiges Verfahren darum, ob ich das Recht habe, meinen Rundfunkbeitrag mit dem gesetzlichen Zahlungsmittel zu bezahlen, dient genau diesem Zweck, den Status des gesetzlichen Zahlungsmittels zu klären und dessen allmählicher Aushöhlung entgegenzuwirken.

Von Euphorie will ich mich ob des Sinneswandels der schwedischen Notenbank allerdings nicht davontragen lassen. Er fällt zusammen mit Vorbereitungen dieser Notenbank für die Einführung eines digitalen Zentralbankgeldes als Ersatz für das verschwindende Bargeld. Deshalb betont sie auch, Klarstellungen des Status des gesetzlichen Zahlungsmittels sollten „technologieneutral“ formuliert werden, also so, dass ein elektronischer Bargeldnachfolger gleich mit eingeschlossen wäre. Ich vermute, der Reichsbank geht es um einen Annahmezwang für ihre geplante e-krona, nicht für das ohnehin abgeschriebene Bargeld. Das würde die Einführung von e-krona erheblich erleichtern. Mit einer e-krona als gesetzlichem Zahlungsmittel wäre die Reichsbank, die älteste Notenbank der Welt, wieder Vorreiter, wie schon bei der Bargeldzurückdrängung.

Nicht von ungefähr haben sich Kämpfer gegen das Bargeld das gut beleumundete Schweden als Speerspitze ihres Kampfes ausgesucht. Das könnte jetzt wieder so sein. Schweden könnte mit einem digitalen Zentralbankgeld, das sogar ein klein bisschen Privatsphäre (für kleine Zahlungen) ermöglichen soll, zeigen, dass man Bargeld nicht mehr braucht. Wenn es dann in Schweden und anderswo beseitigt ist, lässt sich das bisschen Privatsphäre, das man anfangs gewährt, leicht beseitigen. Die anderen Zentralbanken, die laut über die Einführung von E-Zentralbankgeld nachdenken, haben bereits klar gemacht, dass sie gar nicht daran denken, anonyme Zahlungen damit zu ermöglichen.

Die ganze Aktion könnte also auch ein raffinierter Trick sein, bei dem die Reichsbank sich als Anwältin des Rechts auf Bargeld geriert, nur um es umso reibungsloser beseitigen zu können, mit dem Ziel, die Totalüberwachung der Bürger zu perfektionieren – erst in Schweden, dann weltweit.

Ich weiß, das wirkt jetzt auf viele Leserinnen und Leser übermäßig misstrauisch, ja zynisch. Wer allerdings „Schönes neues Geld“ gelesen hat, wo ich die sehr langfristige, globale und gut geplante Strategie zur Bargeldbeseitigung darstelle, wird eher geneigt sein, mit einer solchen Möglichkeit zu rechnen. In dem Buch begründe ich auch ausführlicher, warum ich staatliches E-Geld für ein trojanisches Pferd halte.

Alle, die am Bargeld und der finanziellen Privatsphäre, die es ermöglicht hängen, rufe ich auf, etwas dafür zu tun, dass es erhalten bleibt. Machen Sie mit bei der #BargeldChallenge. Nutzen Sie Bargeld wann immer es ohne allzu großen Aufwand geht. Warum das so wichtig und erfolgversprechend ist, erkläre ich hier. [6.11.2018]

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