Kampf der EU gegen Italiens bargeldfreundliche Reformen macht überdeutlich, wohin die Reise gehen soll

10. 12. 2022 | Italiens neue Regierung hatte Pläne angekündigt, bei Beträgen unter 60 Euro keine Strafen mehr gegen Einzelhändler zu verhängen, die Kartenzahlungen ablehnen, und die Obergrenze für Barzahlungen anzuheben. Die EU-Kommission bekämpft diesen Plan und zeigt damit einmal mehr ihre Absicht, Bargeld schrittweise abzuschaffen.

Unter dem Druck der EU-Kommission ist Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni von den Fratelli d‘ Italia am 4. Dezember teilweise von ihrem Plan abgerückt, die Vorschriften gegen die Verwendung von Bargeld bei der Zahlungsabwicklung zu lockern. Der Haushaltsplan für 2023 hatte vorgesehen, dass die Geldstrafen für Einzelhändler, die keine Kartenzahlungen akzeptieren, ab Januar für alle Zahlungen von weniger als 60 Euro aufgehoben werden.

Die EU-Kommission ist der Ansicht, dass dies dem Geist der mit der EU eingegangenen Verpflichtungen gegen die Verwendung von Bargeld zuwiderläuft. Italien erwartet, bis 2026 rund 200 Milliarden Euro aus dem EU-Rettungsfonds für die Zeit nach der Pandemie zu erhalten. Als Bedingung muss es eine Reihe von Reformzielen und Meilensteinen“ erfüllen, die zwischen der Kommission und Melonis Vorgänger Mario Draghi vereinbart wurden. Eine dieser Bedingungen war die Einführung von Strafen für Einzelhändler, die Kartenzahlungen verweigern.

Meloni sagte in einem auf Facebook geposteten Video:

„Sagen wir, die 60-Euro-Grenze ist ein Richtwert, für mich könnte sie sogar noch niedriger sein. Außerdem gibt es natürlich Diskussionen mit der Europäischen Kommission darüber, weil die Frage der elektronischen Zahlungen eines der Themen des [EU-Konjunkturprogramms] ist, also müssen wir abwarten und sehen, wie die Diskussionen ausgehen.“

Die geplante Anhebung der Bargeldobergrenze auf 5000 Euro ist bereits ein Kompromiss. Melonis Koalitionspartner Matteo Salvini von Frente wollte eine Anhebung auf 10.000 Euro. Das ist die europaweite Obergrenze die nach dem Willen von EU-Kommission und EU-Regierungen eingeführt werden soll. Es ist keine Rede davon, dass die zum Teil deutlich niedrigeren Obergrenzen, die in einigen Mitgliedsländern gelten, auf die EU-weite Grenze nach oben hin harmonisiert werden sollen.

Meloni sieht in der Förderung des digitalen Zahlungsverkehrs zulasten des Bargelds ein Programm zur Bankenförderung und zur Kontrolle der Bürger. Während des Wahlkampfs im Sommer schrieb sie auf ihrer Facebook-Seite:

„Sie wollen das elektronische Geld fördern, um die Italiener zu kontrollieren und um den Banken einen weiteren Gefallen zu tun!“

Bei einer Anhörung im italienischen Parlament am 5. Dezember sagte Fabrizio Balassone, hochrangiger Ökonom der Banca d’Italia, die Pläne der Regierung würden den Modernisierungsbestrebungen des Landes und dem Kampf gegen die Steuerhinterziehung zuwiderlaufen. Dem hielt ein hoher Regierungsvertreter entgegen, die Intervention der Zentralbank zeige, dass diese nur die Interessen der privaten Banken vertrete.

Wenn die EU ihre schärfsten finanziellen Waffen auspackt um zu verhindern, dass in einem Mitgliedsland Geschäftsinhaber das Recht zurückbekommen, selbst nur bei kleinen Rechnungen die teuren Kartenzahlungen abzulehnen und auf das gesetzliche Zahlungsmittel zu bestehen, dann weiß man, wo die Reise hingehen soll: in eine Zukunft ohne Bargeld, in der jede Handlung aller Bürger, die Geld kostet, aufgezeichnet, dauerhaft gespeichert und automatisch analyisiert wird.

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