Das Patentrezept der TagesCoronaSchau lautete: Nicht gegen Corona-Maßnahmen der Regierung protestieren. Denn vor allem auf solchen Protestveranstaltungen kann man in gefährlichen Kontakt mit Rechten, Antisemiten und Verschwörungstheorien kommen. Das sagen Susanne Daubner, Robert Habeck von den Grünen und verschiedene Nebendarsteller pädagogisch vorbildlich mehrmals auf verschiedene Weise, insgesamt drei Mal in Sachen Rechte und Rechtsradikale, zwei Mal in Sachen Antisemiten und fünf Mal in Sachen Verschwörungstheorien und -theoretiker. Das fünfte Mal fällt das Wort Verschwörungstheoretiker als Ankündigung des Schwerpunktthemas für die Tagesthemen am gleichen Abend, nach Corona-Spezial und Corona-Talkshow.
In den TagesCoronaThemen wurde das bereits Gelernte durch Wiederholung mit etwas Abstand gefestigt. Wir lernten, dass die Demonstrationen der Protestler bestehen aus Esoterikern, Impfgegnern, Antisemiten, Extremisten von links und rechts. Dafür hat man intensiv recherchiert, vermutlich vor allem im Wikipedia-Eintrag zu „Fehlinformationen zur Covid-19-Epidemie„, von wo man diese Informationen ggf. fehlerfrei übernommen hat und wo man wohl auch auf eine geeignete Expertin in Ausbildung zum Interviewen aufmerksam wurde. Diese, die Doktorandin für Sozialpsycholgie Pia Lamberti, erklärte uns welche schweren Macken Leute haben, die an Verschwörungstheorien glauben, und dass sie menschenfeindlich, gewaltbereit und gefährlich sind.
Zum Schluss allerdings sorgte Kommentator Michael Stempfle für Verwirrung, die bei einigen den Lernerfolg in Gefahr gebracht haben könnte. Es sei in einer Demokratie das gute Recht eines Jeden, zu demonstrieren. Wenn aber Rechtsradikale oder gar Antisemiten auf der gleichen Demonstration seien, dann spucke jeder, der dort hingehe, auf die Demokratie. Lässt sich dieser scheinbare Widerspruch wohl noch aushalten, und durch Nichtdemonstrieren einfach auflösen (man hätte ja das Recht, aber man muss es ja nicht wahrnehmen), war das dann Folgende problematischer. Gegner einer Impfpflicht hätten guten Grund, den Beteuerungen nicht zu glauben, dass es diese nicht geben werde, sagte Stempfle und fügte dann zu allem Überfluss auch noch hinzu, dass manche Maßnahmen gegen die Epidemie schon weit überzogen und schlecht begründet seien, etwa die fortgesetzte Schließung der Grenze zu Frankreich für Nicht-Berufspendler.
Klar, man kann die scheinbaren Widersprüche auflösen, aber ein bisschen mehr Führung dahin hätte der Kommentator schon geben können. Die Auflösung lautet: Kritisiert werden Maßnahmen der Regierung nicht auf der Straße, sondern allenfalls daheim, oder durch das Fernsehen, aber erst dann, wenn die baldige Aufhebung der kritisierten Maßnahmen schon signalisiert ist oder entsprechende Pläne schon begraben wurden. Eigentlich gar nicht so schwer. Wer das beherzigt hat Soziale Distanzierung 2.0 gemeistert.