Die 5-Prozent-Hürde sorgt tatsächlich dafür, dass Stimmen für Kleinparteien verloren sind, was die Zusammensetzung des Bundestags angeht. Die anderen Parteien teilen die Prozente, die sie nicht bekommen haben, unter sich auf.
Doch es gibt zwei starke Gründe, trotzdem eine der kleinen Parteien zu wählen, wenn einem diese mehr zusagt als die Parteien im Bundestag:
- Die Botschaft an die Bundestagsparteien, wenn erstmals seit langem mehr als 10% der Stimmen an sonstige Kleinparteien gingen, wäre eine viel stärkere, als wenn die Wahlbeteiligung etwas niedriger ist. Denn wer sich die Mühe macht zur Wahlurne zu gehen, um ausdrücklich eine andere als die etablierten Parteien zu wählen, sendet ein stärkeres Signal als Nichtwähler, von denen man nicht weiß, ob sie aus Bequemlichkeit, Zufriedenheit oder Frust nicht gewählt haben.
- Wichtiger noch: Für die Parteienfinanzierung aus Steuermitteln zählt jede Stimme an Parteien, die auf mindestens 0,5% der Stimmen kommen. Für die ersten vier Millionen Stimmen erhalten die Parteien sogar einen erhöhten Satz von über einem Euro pro Stimme, plus etwa einen halben Euro pro Euro Mitgliedsbeitrag oder Spendeneinnahme von Einzelpersonen.
Dafür, dass aufstrebende kleine Parteien mittelfristig einen Chance bekommen, mit den gut finanzierten Bundestagsparteien zu konkurrieren, ist also jede Stimme wichtig. Es lohnt sich deshalb, sich über die vielen kleinen Parteien zu informieren. Zwar ist auch die 0,5%-Hürde für viele von ihnen unüberwindlich, aber durchaus nicht für alle.
Bei der Bundestagswahl 2017 übertrafen Die PARTEI und die Tierschutzpartei die 0,5-Prozent-Hürde, während Piraten und ÖDP (die Nachdenkseiten haben sie kürzlich porträtiert) knapp darunter blieben. Neu im Rennen mit Chancen diese Hürde zu nehmen sind dieses Jahr unter anderem die basisdemokratische und coronamaßnahmenkritische Partei dieBasis (die Nachdenkseiten haben sie kürzlich porträtiert) und die europäisch-modernistische Partei Volt. Den konservativen Freien Wählern (Porträt auf den Nachdenkseiten) werden sogar vereinzelt Chancen zugeschrieben, die 5-Prozent-Hürde zu nehmen.
Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz)
§ 18 Grundsätze und Umfang der staatlichen Finanzierung
„(3) Die Parteien erhalten jährlich im Rahmen der staatlichen Teilfinanzierung:
- 0,83 Euro für jede für ihre jeweilige Liste abgegebene gültige Stimme oder
- 0,83 Euro für jede für sie in einem Wahl- oder Stimmkreis abgegebene gültige Stimme, wenn in einem Land eine Liste für diese Partei nicht zugelassen war, und
- 0,45 Euro für jeden Euro, den sie als Zuwendung (eingezahlter Mitglieds- oder Mandatsträgerbeitrag oder rechtmäßig erlangte Spende) erhalten haben; dabei werden nur Zuwendungen bis zu 3300 Euro je natürliche Person berücksichtigt.
Die Parteien erhalten abweichend von den Nummern 1 und 2 für die von ihnen jeweils erzielten bis zu vier Millionen gültigen Stimmen 1 Euro je Stimme. Die in Satz 1 Nummer 1 und 2 sowie in Satz 2 genannten Beträge erhöhen sich ab dem Jahr 2017 entsprechend Absatz 2 Satz 2 bis 5.
(4) Anspruch auf staatliche Mittel gemäß Absatz 3 Nr. 1 und 3 haben Parteien, die nach dem endgültigen Wahlergebnis der jeweils letzten Europa- oder Bundestagswahl mindestens 0,5 vom Hundert oder einer Landtagswahl 1,0 vom Hundert der für die Listen abgegebenen gültigen Stimmen erreicht haben; für Zahlungen nach Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 muss die Partei diese Voraussetzungen bei der jeweiligen Wahl erfüllen.
Anspruch auf die staatlichen Mittel gemäß Absatz 3 Nr. 2 haben Parteien, die nach dem endgültigen Wahlergebnis 10 vom Hundert der in einem Wahl- oder Stimmkreis abgegebenen gültigen Stimmen erreicht haben. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Parteien nationaler Minderheiten.