Erläuterungen 2: ** Faire Lebenschancen, *** Wohnungspolitik

**Faire Lebenschancen für alle

Sozialbeiträge

Gerade für Geringverdiener fallen die Sozialbeiträge viel stärker ins Gewicht als die Einkommensteuer, da es kein beitragsfreies Existenzminimum gibt, die Beitragsschuld unabhängig von der Anzahl der zu versorgenden Familienmitglieder ist, und die Beiträgssätze unabhängig vom Einkommen.

Besonders betroffen sind Familien vom fehlenden Grundfreibetrag und der Nichtberücksichtigung der Leistungsfähigkeit. Eltern, deren finanzielle Leistungsfähigkeit dadurch stark reduziert ist, dass sie gerade die Kinder großziehen, die zur Aufrechterhaltung des Generationenvertrags in der Rente unbedingt gebraucht werden, bekommen ebenso viel abgezogen wie Singles oder kinderlose Paare, die diese Belastung nicht haben und diese Leistung nicht erbringen. Geringverdiener, vor allem solche mit Kindern, bezahlen in beträchtlichem Umfang direkte und vor allem indirekte Steuern und Sozialabgaben, um dann zum Sozialamt gehen und Aufstockung ihres Verdienstes beantragen zu müssen.

Siehe dazu Beitrag von Jürgen Borchert (auf diesem Blog) und Kommentar von Ralf Krämer mit Replik von Borchert. Für mich hat Borchert Recht.

Damit nicht vor allem die Besserverdiener von dem Grundfreibetrag in der Sozialversicherung profitieren, muss dieser zwingend in Verbindung mit der Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenzen eingeführt werden. Auch eine Erhöhung des Mindestlohns gehört dazu, damit nicht indirekt vor allem die Arbeitgeber von sozialversicherungsfreier Beschäftigung von Niedriglöhnern proftieren. Der Mindestlohn muss mindestens reichen, dass zwei vollzeitbescchäftigte Mindestlohnbezieher mit einer vierköpfigen Familie über das Existenzminimum kommen.

Rente

Österreich beweist, dass erhebliche bessere Rentenleistungen als bei uns ohne weiteres finanzierbar sind, wenn alle in die Rentenversicherung einzahlen.

*** Wohnungs- und Bodenpolitik

Grund und Boden sind speziell, weil sie nicht produziert werden müssen, sondern einfach da sind und ihren Wert vor allem aus ihrer Lage beziehen. Einkommen aus Grundbesitz ist ökonomisch eine „Rente“, ein leistungsloses Einkommen. Das ist die ideale Steuerbemessungsgrundlage, weil Grundbesitz nicht davonlaufen kann und weil niemand wegen der Steuer seine Leistung vermindert, wie es etwa bei der Einkommensteuer der Fall sein kann. Steigt die Grundsteuer, sinkt der Wert der Grundstücke in entsprechend. Wohnen und gewerbliches Bauen werden dadurch also nicht verteuert.

Die Steuer sollte vor allem nach dem (hypothetschen) Wert des unbebauten Grundstücks bemessen werden. Denn nur das ist die Lagerente. Dann sinkt der Anreiz, Grundstücke in Erwartung steigender Preise ungenutzt zu lasssen. Das drückt die Preise für Bauland.

Bisher liegt die Traglast der Grundsteuer langfristig beim Vermieter, da er unabhängig von der Steuer nur so viel verlangen kann, wie die Mieter zu zahlen in der Lage sind. Kurzfristig liegt sie aber meist beim Mieter. Denn bei bestehenden Mietverhältnissen steigt bisher die Warmmiete mit der Grundsteuer automatisch, weil die wenigsten Mieter direkt ausziehen, wenn sich die Nebenkosten erhöhen. 

Damit eine Erhöhung der Grundsteuer nicht die Mieten treibt sollte daher eine Umlage der Erhöhung als Nebenkosten ausgeschlossen werden. Für neue Mietverhältnis sollte die Umlage gänzlich ausgeschlossen werden. Das kostet die Vermieter nichts, denn sie können entsprechend eine höhere Miete fordern.

Wenn die kurzfristige und langfristige Traglast der Grundsteuer zusammenfällt und klar wird, dass die Last beim Vermieter liegt, dann wird es politisch leichter die verteilungspolitisch sehr günstige Grundsteuer zu erhöhen, um zum Beispiel die Mehrwertsteuer zu senken.

Wien hat seit jeher sozialen Wohnungsbau betrieben und diese Wohnungen nie privatisiert. Heute ist ein sehr großer Teil der Wohnungen in städtischem Besitz und die Mieten für Wiener sind viel niedriger als zum Beispiel in München. Damit die Bodenspekulation die Preise für Bauland nicht nach oben treibt und den sozialen Wohnungsbau sehr teuer macht, weist die Stadt Flächen nur dann als Bauland aus, wenn sie zuvor an die Stadt verkauft wurden. Das ermöglicht der Stadt eine sehr aktive Bodenvorratspolitik, die nicht teuer ist, und entsprechend viel städtischen Wohnungsbau.

Subventionen für den Kauf bestehender Häuser, wie das Wohnkindergeld, treiben die Preise nach oben. Der positive Effekt auf den Neubau ist wegen Angebotshindernissen (Bauland, Baugenehmigungen) in aller Regel viel geringer als der preistreibende Effekt steigender kaufkräftiger Nachfrage bei gegebenem Angebot.

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