UN will Wahrheitskontrolle nach EU-Vorbild weltweit ausrollen

11. 07. 2025 | Finanziert von Deutschland und vier weiteren Ländern hat die UN einen „Global Risk Report 2024“ veröffentlicht. Darin wird „Fehl- und Desinformation“ als das bedrohlichste Risiko für die Welt herausgestellt. Damit begründet die UN, dass sie ihre bisher informellen Aktionen zur Wahrheitskontrolle formalisiert und auf Dauer stellt.

In dem um den 7. Juli veröffentlichten Bericht (kein Datum) bedankt die Weltorganisation sich unter anderem beim Weltwirtschaftsforum für Beratung und Rückmeldungen zu Entwurfsfassungen des Berichts.

Die absurde Einstufung der Risiken basiert auf einer Befragung von Vertretern von UN-Organisationen, Regierungen, Forschungseinrichtungen, „zivilgesellschaftlichen Organisationen“ und Unternehmen. Letztere zwei Kategorien mussten bei der UN akkreditiert sein.

Die UN hatte also durch die Auswahl der Befragten alle Möglichkeiten, das gewünschte Ergebnis herbeizuführen. Mutmaßlich dient der Bericht dazu, eine neue Task Force der UN zu begründen. Ganz hinten lernt man nämlich nebenher, dass die UN als erste, sofort umsetzbare Maßnahme gegen die angeblich noch nicht ausreichend angegangene Großrisko Desinformation eine neue Task Force gründen will, beziehungsweise schon gegründet hat (übersetzt):

„Unverzügliche Einsetzung einer Arbeitsgruppe (Task Team) zur Stärkung der Fähigkeit des Systems der Vereinten Nationen, Risiken im Informationsökosystem zu begegnen. Das Team wird sich auf die Auswirkungen von Fehlinformationen und Desinformation auf die Erfüllung des Mandats der Vereinten Nationen konzentrieren, unter anderem durch Forschung, Risikobewertung und Reaktionsstrategien.“

Im ganzen Bericht gibt es nicht einmal die Andeutung einer Anerkennung des Spannungsverhältnisses zwischen Bekämpfung von Fehlinformation, die eine verbindliche Wahrheitsfestlegung voraussetzt, und Meinungsfreiheit und Wissenschaftsfreiheit.

Dabei ist es keineswegs so, dass die UN sich in der Vergangenheit hilflos gegen Desinformation gefühlt hat. Nach eigenen Aussagen galt eher das Gegenteil. So sagte Melissa Fleming, stellvertretende Generalsekretärin für Kommunikation der UN, bei einer Diskussionsveranstaltung des Weltwirtschaftsforums im September 2022:

„Die Wissenschaft gehört uns (We own the science)“

Es ging in der Diskussion darum, „wie Regulierer und Social-Media-Plattformbetreiber zusammenarbeiten können, um die Online-Sicherheit zu erhöhen.“ Der Moderator vom Weltwirtschaftsforum fragt im Video Fleming: „Was war der Werkzeugkasten, den Sie entwickelt haben, um anzufangen, die Information dort [im Internet; N.H.] zu entgiften, zu säubern?“ Flemings Antwort:

„Wir gehen dorthin, wo auch die Desinformation hingeht. Wir müssen herausfinden, wo die Menschen suchen und zuerst dorthin gehen. Eine weitere wichtige Strategie, die wir verfolgten, war der Einsatz von Influencern, die eine große Fangemeinde haben, aber auch sehr daran interessiert waren, Botschaften zu verbreiten, die ihren Gemeinschaften dienen sollten. Und sie wirkten viel vertrauenswürdiger als die Vereinten Nationen, die etwas aus dem Hauptquartier in New York City erzählen. Und schließlich hatten wir noch ein weiteres Projekt mit vertrauenswürdigen Boten, das Team „Heiligenschein“ (Halo), bei dem wir Wissenschaftler auf der ganzen Welt und einige Ärzte auf TikTok geschult haben. Und TikTok hat mit uns zusammengearbeitet. Und diese Wissenschaftler, die anfangs so gut wie keine Anhänger hatten, bekamen verifizierte Ticks (Profile auf TikTok; N.H.). Sie fingen an, Menschen aus ihrer Gemeinschaft in ihre Labore und Büros zu bringen, deren Fragen zu beantworten und sich mit ihnen auszutauschen. Die Sache nahm richtig Fahrt auf, und viele von ihnen wurden zu so etwas wie Ansprechpartnern für die nationalen Medien. (…) Wir sind eine Partnerschaft mit Google eingegangen. Wenn Sie beispielsweise nach „Klimawandel“ googeln, erhalten Sie ganz oben in Ihrer Suche alle möglichen UN-Ressourcen. Wir haben diese Partnerschaft ins Leben gerufen, als wir schockiert feststellten, dass wir bei der Suche nach „Klimawandel“ an erster Stelle unglaublich verzerrte Informationen erhielten. Wir werden also viel proaktiver. Die Wissenschaft gehört uns, und wir denken, dass die Welt das wissen sollte, und die Plattformen selbst tun das auch.“

Es geht hier also nicht darum, der UN erstmals Instrumente an die Hand zu geben mit Desinformation umzugehen, die sie bei der Umsetzung ihrer Agenda behindert. Es geht darum, die während der Corona-Zeit und in Reaktion auf abweichlerische Meinungen in Sachen Klimapolitik eingesetzten informellen freiheitsfeindlichen Maßnahmen, auf eine dauerhafte formelle Basis zu stellen.

Die UN setzt damit fort, was sie 2023 mit dem „Freiwilligen Verhaltenskodex für die Integrität von Informationen auf digitalen Plattformen“ begonnen hat. Dieser ermutigt Regierungen, Technologieunternehmen, Nachrichtenorganisationen „Zivilgesellschaft“ und Werbetreibende, bei der Unterdrückung von Inhalten zusammenzuarbeiten. Zu den Empfehlungen gehören eine strengere algorithmische Kontrolle, eine Werbeboykott gegen Anbieter für schädlich befundener Inhalte und groß angelegte „Faktencheck“-Programme. Damit soll erkennbar der europäische Ansatz der Plattformregulierung und Inhaltemoderation global zur Nachahmung empfohlen werden.