Zwei aktuelle Vorfälle zeigen die große Gefahr von Identifizierungsregeln im Internet für Datenschutz und Informationsfreiheit

27. 07. 2025 | Die Dating-App Tea hat Zehntausende Fotos und Identitäts-Dokumente, zum Teil mit genauen Ortsangaben, öffentlich werden lassen. Dies und zensierte Bilder von einer Demonstration zeigen die Gefahr von Gesetzen, die Altersfeststellung vorschreiben.

Tea ist eine ebenso populäre wie problematische App (Anwendung) für Handys, die der Sicherheit von Frauen beim Dating dienen soll. Diese teilen dort Fotos und Infos über Männer, mit denen sie zu tun hatten oder haben – vorher müssen sie sich mit Foto und Identitätsdokument als Frau ausweisen. Tea hat diese Daten nicht verschlüsselt und praktisch nicht gesichert verwahrt. Sie wurden heruntergeladen und öffentlich verbreitet.

Überall auf der Welt arbeiten Regierungen und Parlamente derzeit an Gesetzen, die allen digitalen Plattformen, die irgendwie problematisch für Kinder oder sonstwie heikel sein können, vorschreiben, die Identität der Nutzer sicher festzustellen. Ein Beispiel ist der Online Safety Act in Großbritannien, der verlangt, dass Nutzer bestimmter Online-Kanäle amtliche Identitätsdokumente oder Fotos von sich für die Gesichtserkennung hochladen. Das bedeutet, dass bei allen Betreibern solcher Kanäle – und es werden wohl mit der Zeit immer mehr werden – Datenbanken mit höchstsensiblen persönlichen Daten aller Nutzer entstehen.

Da solche Datenbanken selbst bei guter Sicherung nie ganz sicher gegen Hackerangriffe sind und man gute Sicherung nicht einmal voraussetzen kann, wie der Fall Tea zeigt, sind solche gesetzlichen Vorschriften eine Katastrophe für die Datensicherheit der Bürger.

Wie leicht sich Vorschriften zur Altersfeststellung für Zensur nutzen lassen, zeigte sich schon am Freitag 25.7., dem Tag des Inkrafttretens des Online Safety Act in Großbritannien. Da gab es Demonstrationen vor einem als Flüchtlingsunterkunft genutzten Hotel in Epping (Essex), nachdem ein dort wohnender Asylbewerber mutmaßlich eine 14-Jährige sexuell angegriffen hatte. Ein Polizeiauto wurde gefilmt, wie es einen Demonstranten anfuhr. Wer sich auf der Plattform X Fotos und Filme von den Demonstrationen anschauen wollte, erhielt nur die Botschaft:

„Aufgrund örtlicher Gesetze beschränken wir vorübergehend den Zugang zu diesem Inhalt, bis X Ihr Alter eingeschätzt hat.“

X-Eigner Elon Musk schrieb am Samstag auf seiner Plattform, ohne konkret auf diese Sperre einzugehen, der Zweck des Online Safety Act sei „Unterdrückung der Bürger“. Die Free Speech Union erklärt, wenn Sie einen Standard-X-Account haben (ohne verifiziertes Alter), was für die Mehrheit der britischen Nutzer zutreffen dürfte, scheinen Sie kein Bildmaterial von Demonstrationen sehen zu dürfen, die Gewalt zeigen. Wir haben mehrfach gewarnt, wie zensurlastig dieses Gesetz sein wird.“

Das Ziel, Kinder vor Pornographie und anderen für sie schädlichen oder gar gefährlichen Inhalten im Internet zu schützen, ist ehrenvoll und wichtig. Aber dafür muss die Pflicht zur Identitätsfeststellung auf die wirklich dringenden Fälle begrenzt werden. Wenn jeder Inhalt, der dazu führen kann, dass Jugendliche dem Schlankheitswahn verfallen, jede unbedeckte Brustwarze und jede Form von Gewalt unter die Definition von gefährlichen Inhalten fallen, gibt es kaum noch Grenzen. Dem Missbrauch ist dann Tür und Tor geöffnet und die Risiken potenzieren sich.

Wo Altersfeststellung vorgeschrieben ist, müssen Methoden entwickelt und verwendet werden, die es dem Betreiber erlauben, ohne Datenspeicherung zu verifizieren, dass der Nutzer die Altergrenze überschreitet. Das ist möglich. Die Verpflichtung, Identitätsdokumente hochzuladen ist, wie in einem Wohngebiet mit Kanonen auf Bierdosen zu schießen. Der Kollateralschaden steht in keinem Verhältnis zum Erfolg.