Halali auf die Meinungsfreiheit: EU-Kommission erklärt Zensur im Internet zur Norm

8. 06. 2017 | Dass unser Justizminister Heiko Maas die Vorarbeit zu seinem Facebook-Zensurgesetz von befangenen Rechtslaien hat machen lassen, und keine Ahnung hat, wie die vorgegangen sind, machte ein Rechtsanwalt öffentlich. Die EU-Kommission dagegen hat nun selbst öffentlich gemacht, dass sie ebenso vorgeht, mit dem gleichen Ziel: möglichst viel Zensur.

Rechtswidrige Inhalte sollten möglichst schnell von Internetplattformen verschwinden. Darüber herrscht weitgehend Einigkeit. Nicht verbotene Meinungen und Inhalte sollten auf allen sozialen Medien frei und unzensiert geäußert werden dürfen. Diesen zweiten Teil der Abwägung – also das für die Demokratie elementare Grundrecht auf freie Meinungsäußerung – vergessen Justizminister und EU-Kommission gerne. Und so liest man im Factsheet zur Auswertung der Erfahrungen mit einem Jahr Code of Conduct gegen illegale Hassrede im Internet von EU-Rechtskommissarin Vera Jourová Sätze wie den folgenden:

„Facebook löschte Inhalte in 66,5 % der Fälle, Twitter in 37,4% und YouTube in 66% der Fälle. Das bedeutet eine substantielle Verbesserung für alle drei Unternehmen.

Es geht also nicht darum, die richtigen Inhalte zu löschen, sondern möglichst viele Inhalte, über die sich irgendjemand beschwert hat. Jemand kritisiert Sie auf YouTube oder Facebook? Kein Problem. Einfach Hatespeech-Beschwerde und die Kritik wird gelöscht – mit dem Segen der EU-Kommission.

Wie schon bei Heiko Maas und seinem unsäglichen Netzdurchsetzungsgesetzt, das sich auf einen ganz ähnlichen Erfahrungsbericht mit dem Verhaltenskodex stützt, erwähnt die Kommissarin an keiner Stelle auch nur die Möglichkeit, dass ein Inhalt, der von den meldenden Rechtslaien als rechtswidrig gemeldet wird, vielleicht gar nicht rechtswidrig sein könnte, sondern einfach nur ihr Anstandsempfinden verletzt.

Dabei fällt bei genauem Lesen der Kontrast auf, dass mitgeteilt wird, dass über 2500 Fälle von als nach jeweiligem nationalen Recht illegal eingestuften Postings den Social-Media-Anbietern mitgeteilt wurden, aber nur 212 von diesen den Strafverfolgungsbehörden angezeigt wurden. In Deutschland wurde bekannt, dass dem Justizministerium kein einziger Fall bekannt ist, in dem die Strafverfolgungsbehörden aufgrund von Meldungen durch jugendschutz.net tätig geworden wären. Jugendschutz.net hat die Evaluierung des Verhaltenskodex in Deutschland durchgeführt, auf die sich Minister Maas stützte. Jugendschutz.net ist auch eine der 34 Organisationen, die für die EU-Kommission nachverfolgten, was mit ihren Hasssprech-Meldungen an die Social-Media-Anbieter geschah.

Darf man sich wirklich darauf verlassen, dass nur illegale Postings bemängelt werden, wenn (sympatisch) befangene Laienorganisationen mit Namen wie „Bewegung gegen die Intoleranz“ darüber befinden, ob ein Posting etwa über Kriminalität von Ausländern, nur von einer intoleranten Haltung zeugt, oder strafbare Volksverhetzung  ist. Nur letztere sollten Facebook und Co. löschen. Die EU-Kommission und Maas drängen sie mit Macht, alles zu löschen. Die Meinungsfreiheit bleibt dabei auf der Strecke.

[8.6.2017]

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