Am 18.2. hatte ich in meiner Handelsblatt-Kolumne auf den Skandal hingewiesen, dass verheirateten Frauen, die im Minijob arbeiten daran gehindert werden, ihren Arbeitseinsatz zu erhöhen, weil sie sonst erheblich weniger zum Netto-Familieneinkommen beitragen würden. Das sei in Sachen berufliche Emanzipation der Frau viel schlimmer als jedes Betreuungsgeld. LESER: Anlässlich Ihrer aktuellen Kolumne frage ich mich, was die angesprochenen Frauen daran hindert, eine getrennte Veranlagung
zu beantragen? Sie müssten dann nicht den Steuersatz des Ehegatten zahlen.
HÄRING: Der Einwand ist ja wohl nicht wirklich ernst gemeint. Wenn der Preis für das Mehrarbeiten ist, dass man auf den Splittingvorteil verzichten muss, wird es ja noch teurer, mehr zu arbeiten.
LESERIN: Endlich greifen Sie mal dieses Thema auf. Danke! Meiner Meinung nach gehört die Familienversicherung längst abgeschafft. Dann fällt es allen Frauen leicht, die Entscheidung zu treffen ob sie arbeiten oder nicht. Und dann eben auch mit einem Vorteil gegenüber den „nicht arbeitenden Frauen“ ( die natürlich auch arbeiten)…und die Sozialversicherungsbeiträge sinken!!! Die letzten Jahrzehnte wurden die Frauen vor allem vor die Entscheidung zu Hause bleiben oder arbeiten gestellt. So wäre eben Kinder und Teilzeitjob auch attraktiv und nicht nuuuuur Minijob.
HÄRING: Ich würde deswegen nicht gleich die Familienmitversicherung abschaffen. Das würde das Kinderkriegen und Familie-Gründen noch schwerer machen als ohnehin schon. Für arbeitsfähige, nicht erwerbstätige Ehepartner kann man darüber reden. Für Eltern mit Kindern, die Teilzeit arbeiten, sollte man die Mitversicherung eher noch ausweiten, sodass bei Teilzeitarbeit eine Teilzeitmitversicherung erhalten bleibt.
JOHANNES JAKOB (DGB Bundesvorstand): Sie haben völlig Recht, das Thema Minijobs wird von der Politik nur mit spitzen Fingern angefasst. Angeblich leiden die Politiker noch unter dem Trauma von 1999, als die Minijobs von der damaligen rot-grünen Koalition schon einmal eingeschränkt wurden. Sie erinnern sich vielleicht an den „Shit-Storm“ (würde man heute sagen). Die Presse – vor allem die Springer Presse – war maßgeblich beteiligt. Der Widerstand vor allem von Seiten der Arbeitgeber dürfte aber nach wie vor groß sein. Allerdings ist das AG Lager gespalten, vor allem die Bereiche, die unter Fachkräftemangel leiden, revidieren inzwischen ihre Position. Der DGB hat im letzten Jahr Reformvorschläge vorgelegt. Aus Befragungen von Betriebsräten hören wir, dass diese Vorschläge bei den Beschäftigten, die den Minijob als Hauptbeschäftigung haben, auf Akzeptanz stoßen. Anders sieht es allerdings vermutlich bei denjenigen aus, die den Minijob als Nebenbeschäftigung ausüben. Die Politik hat 2003 ohne Not diese Regelung – die 1999 abgeschafft war – wieder eingeführt. Jetzt erweist sie sich als schwere Bürde bei Reformbemühungen. Aber da muss die Politik durch. Es wäre gut, wenn sie weiterhin kritisch am Ball bleiben.