Thomas Mayer: Die neue Ordnung des Geldes

Der ehemalige Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Thomas Mayer, hat ein aufklärerisches und engagiertes Buch geschrieben. Er klärt darüber auf, was die Banken entgegen einem von den Lehrbüchern befeuerten Missverständnis tatsächlich machen, nämlich nicht Geld von Sparern and Investoren vermitteln, sondern Geld schaffen, indem sie Kredit geben.

Die_neue_Ordnung_des_GeldesDaraus folgt dann auch die Feststellung, dass entgegen dem Ansatz der Regulierer die Kreditbanken der gefährliche Teil des Finanzsystems sind, nicht die Investmentbanken. Denn die Investmentbanken schichten nur existierendes Geld um. Kreditbanken schaffen es, und oft schaffen sie zu viel davon, und später dann wieder zu wenig.

Es ist kein Zufall, dass dieses Buch von einem der Österreichischen Schule der Nationalökonomie nahestehenden Ökonomen geschrieben wurde. Denn die Mainstream-Ökonomen, die den Unsinn aufgesogen haben, der in den Lehrbüchern darüber steht, wie Banken Geld „vermitteln“, haben meist ein unterentwickeltes oder völlig verzerrtes Verständnis unseres Geldwesens. Man muss schon bei den Österreichern oder etwa den Postkeynesianern nachlesen, um dazu Vernünftiges zu finden.

Wie es sich für einen staatsskeptischen Österreicher gehört, ist Mayer sehr skeptisch gegenüber der Planbarkeit der Wirtschaft und auch gegenüber allen Gleichgewichtstheorien in der Ökonomik. Etwas erstaunlich ist für mich in diesem Zusammenhang, wie unbeschwert er gleichzeitig die österreichische Vorstellung vom „natürlichen Zins“ übernimmt. Dieser hypothetische Zins (Welcher? Haben? Soll? Kurzfristig? Langfristig?) ist für mich ein Musterbeispiel dessen was Mayer an anderer Stelle kritisiert: die Anmaßung von Wissen, das es gar nicht geben kann. Aber das spielt für die Hauptaussagen des Buches soweit ich erkennen kann keine größere Rolle.

Mayer tritt für ein sichereres Geldsystem ein, in dem die Banken nicht nach Art eines „Kettenbriefes“, Giralgeld schaffen können, dessen versprochene Einlösbarkeit in Bargeld sie nicht wirklich sicherstellen können. Er nennt es Aktivgeldsystem. Es hat große Ähnlichkeit mit dem Vollgeldsystem, wie es etwas Joseph Huber und die Monetative propagieren, oder mit dem Chicago Plan aus den 1930er Jahren von Irving Fischer, Henry Simons und anderen.

Mayer sieht, dass der Staat weitgehend entschuldet werden könnte, wenn er den Geldschöpfungsgewinn von den Banken an sich zöge. Er ist aber zu staatskritisch eingestellt, um das gut zu finden. „Schließlich hat sich der Staat im Lauf der Geschichte als notorischer Geldverschwender erwiesen“, schreibt er. Er will das neu zu schaffende Aktivgeld, das nach und nach das Kreditgeld der Banken ersetzen soll, direkt an die Bürger verteilen. Größenordnung: Drei Jahre lang 4000 Euro pro Person. Damit will er auch die Ungerechtigkeit der Verteilung von Einkommen, die bei der Schöpfung von Kreditgeld entstanden sind, korrigieren.

Nach diesem sechsten Kapitel wird es etwas schwierig der Argumentationslinie zu folgen. Denn dann kommt Mayers Analyse der Eurokrise und der demokratietheoretisch aus seiner Sicht sehr problematischen Gegenmaßnahmen, die getroffen wurden, und dann ein altes Hobby des liberalen Ökonomen, konkurrierende Parallelwährungen als Alternative zur Einheitswährung. Spätestens da war ich ziemlich verwirrt, wie dieser Vorschlag denn nun zum Staatsgeld mit Bürgerdividende aus Kapitel 6 steht. Am Ende bringt er das wieder zusammen, aber auf mich wirkt das etwas gewollt, so als habe er sich nicht zwischen zwei Analysesträngen und politischen Weltanschauungen entscheiden mögen und deshalb versucht passend zu machen, was nicht richtig zusammen passt.

Thomas Mayer: Die neue Ordnung des Geldes. FinanzBuch Verlag, Taschenbuch 17,99;-  E-Book 13,99,-.

Reaktion von Thomas Mayer: Vielen Dank für die Rezension. In meinem Konzept des Aktivgelds wird das Geld weder durch Forderungen an den Staat (wie bei den „Neo-Chartalisten“) noch durch Gold (wie bei den Neo-Austrians) sondern durch Vertrauenskapital („Good Will“) gedeckt. Prinzipiell kann eine Zentralbank versuchen, über die Zeit den optimalen Good Will zu finden, oder es können mehrere „Zentralbanken“ dies in Konkurrenz tun. Angesichts der politischen Ökonomie der EWU scheint mir in diesem Fall die Konkurrenz die bessere Lösung. Dies hätte ich in dem Buch klar zum Ausdruck bringen sollen. Im übrigen würde ich nie behaupten, die Höhe des „Wicksellschen Zins“ zu kennen. Gerade deshalb ist eine Geldpolitik so gefährlich, die diese Kenntnis voraussetzt (siehe z.B. die „neutral rate“ in der Taylor Formel).

Interview mit Mayer von Malte Fischer in der Wirtschaftswoche

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