Für die Anbindung der weniger entwickelten Länder an das von den USA kontrollierte Internet haben Weltwirtschaftsforum, Weltbank und US-Entwicklungsbehörde US-Aid eine Vielzahl von Programmen. Die angestrebte Kontrolle und kommerzielle Erreichbarkeit aller Menschen auch in den hintersten und ärmsten Winkeln der Welt wird mit dem schönen Begriff „Bridging the Digital Divide“ schöngefärbt, zu Deutsch: Überwinden der digitalen Spaltung.
Da man keine Krise ungenutzt verstreichen lassen soll, wird auch die Corona-Pandemie genutzt, diese Agenda mit Macht voranzutreiben. Die vielfältigen diplomatischen Möglichkeiten einer Regierung der globalen Führungsmacht und der Einfluss ihrer Digital-Konzerne kommen hier zu voller Entfaltung.
Am 26. März beschlossen die G20-Regierungen unter der umsichtigen Führerschaft des Folter- und Zerstückelungsregimes in Riad die Selbstverpflichtung, „digitale Technologien zu hebeln“ um Covid-19 zu bekämpfen.
Sofort machte sich das Weltwirtschaftsforum, die Lobby der größten multinationalen Konzerne, ans Werk, zusammen mit der Weltbank, der GSMA und der ITU einen „beschleunigten Aktionsplan“ zu entwickeln, „um digitale Technologien während der Covid-19 Pandemie besser zum Wohle der Bürger, Regierungen und Unternehmen zu hebeln“ – und danach damit weiterzumachen („and beyond“).
Die UN-Regulierungsbehörde ITU, die International Telecommunications Union, hat Regierungen und rund 900 Unternehmen als Mitglieder. Microsoft gehört zu den „Platinum Partnern“. Die GSMA ist die weltweite Industrievereinigung der Mobilfunkanbieter und der Hersteller von Netzwerkinfrastruktur und Mobiltelefonen.
Das Ergebnis war eine Wunschliste zur Förderung der Telekom- und Digitalkonzerne, bis hin zum Wunsch nach Abbau der Regulierung, Steuervergünstigungen und Subventionen, Förderung der Digitalwirtschaft, der digitalen Lehre und Gesundheitsversorgung und des bargeldlosen Bezahlens. Der Chef der ITU, Houlin Zhao, durfte diese Forderungen den fürs Digitale zuständigen Ministern der G20 vortragen. Er schließt seinen Bericht davon so:
„Ich sagte den Ministern, dass die Branche (…) bereit ist, neue Herausforderungen anzunehmen, aber dass sie auch auf deren Unterstützung zählt und Verbesserungen des Investitionsklimas erwartet, sowie größere Flexibilität bei der Nutzung begrenzter Ressourcen, einschließlich Frequenzen.
Ganz den Wünschen der Konzerne entsprechend beschlossen die Digitalminister am 30. April die folgende Selbstverpflichtung:
- mit den (überwiegend us-amerikanischen; N.H.) Telekomunikations- und Internetkonzernen zusammenzuarbeiten, um die Konnektivität von unterversorgten Regionen und verletzlichen Gruppen zu verbessern,
- „die Macht der Daten und der Künstlichen Intelligenz“ zu nutzen,
- Mobiles Arbeiten und die Entwicklung digitaler Fertigkeiten in Unternehmen, öffentlichen Institutionen, Schulen und Universitäten zu fördern,
- Fernbetreuung von Kranken zu fördern, durch virtuelle Betreuung, Telemedizin und Chatbots,
- Austausch von Massendaten untereinander,
- Die Hochleistungs-Rechenkapazitäten zu nutzen, die verfügbar sind (vor allem bei Microsoft und Amazon; N.H.).
Übersetzt man diese Selbstverpflichtung aus dem Diplomatischen in Normalsprache, so liest man, neben den klar verständlichen Förderungsversprechen, dass die EU und die 19 wichtigsten Industrieländer, einschließlich Deutschland, versprochen haben, den US-Telekom und Internetkonzernen auf absehbare Zeit keine regulativen Steine mehr in den Weg zu legen, in Form von Datenschutzverfahren oder Untersuchungen von Missbrauch von Marktmacht, und dem Abfluss von Daten der Bürger und Unternehmen in die USA alle Türen und Tore zu öffnen.
Nachtrag (7. 05. 2020): Wie zur Bestätigung ist heute im Handelsblatt zu lesen, wie die EU-Kommission die Digitalkonzerne zu bändigen gedenkt. Nicht etwas, indem sie diese zum Steuerzahlen nötigt, oder zur Einhaltung der europäischen Datenschutzregeln, Gott bewahre. Nein, indem sie mehr Druck macht, dass unliebsame Inhalte schnell entfernt werden.