Die EU-Kommission scheut den offenen Kampf gegen das Bargeld

2. 08. 2018 | Die EU-Kommission hat einen Abschlussbericht an Parlament und EU-Rat verfasst zu ihrem Auftrag, eine EU-weite Bargeldobergrenze zu prüfen. Darin steht, das die meisten Argumente, die die Phalanx der Bargeldgegener, einschließlich EU-Kommission, immer wieder vorbringen, Quatsch sind, und dass die Kommission deshalb derzeit keine weiteren Maßnahmen gegen das Bargeld plant.

Der Bericht der EU-Kommission stammt von Juni. Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten haben ihn vor kurzem ausgegraben und berichtet. Die Kommission referiert die Ergebnisse ihrer Umfrage bei den Bürgern und von einer Studie, die sie zum Thema Terrorismus und Bargeldbeschränkungen in Auftrag gegeben hatte.

Die Bevölkerungsbefragung ergab, dass weit über 90 Prozent der Teilnehmer gegen Bargeldbeschränkungen sind (ausführlicher hier). Dabei erläuterte die Kommission, dass die ganz große Mehrzahl der 30.000 Antworten aus den drei Ländern Deutschland, Frankreich und Österreich gekommen seien. Das läge daran, dass die Medien dort die Umfrage bekannt gemacht haben. Dieser Blog leistete mit einem Aufruf zur Beteiligüng einen wesentlichen Beitrag dazu.  Zwischen den Zeilen räumt  die Kommission ein, dass sie es gern gehabt hätte, wenn die Befragung unbekannt geblieben wäre und nur die sonst gelegentlich vorkommenden wenigen Dutzend Antworten erbracht hätte. Man habe selbst nichts unternommen, um die Umfrage publik zu machen, lässt die Kommission wissen.

Die Studie zu den erwartbaren Wirkungen einer Bargeldobergrenze, mit der ein Konsortium aus den Instituten Ecorys and Centre for European Policy Studies in Brüssel beauftragt wurde, ergab, dass Bargeldbeschränkungen nichts gegen Terrorismus helfen würden. Eine moderne Terrorattacke koste kaum etwas, und oft seien für die Bezahlvorgänge ohnehin digitale Bezahlverfahren verwendet worden. Diese hätten wegen der geringen Summen und der alltäglichen Transaktionen keinen Verdacht erregt.

(Wie abseitig und verlogen die Terrorbekämpfungsrhetorik der EU-Kommission in Zusammenhang mit Bargeldbeschränkungen von Anfang an war, und was wohl dahinter steht, beschrieb ich im Januar 2017 hier:Eine mutlose EU-Kommission schleicht um das Bargeld herum)

In Sachen Steuerhinterziehung weisen die Studienautoren darauf hin, dass für großvolumigen Steuerbetrug ein bargeldloses Verschleierungssystem genutzt werde, welches von multinationalen Banken, Wirtschaftsprüfungs- und Anwaltskanzleien und den Offshore-Mantelgesellschaften betrieben wird. Bargeldbeschränkungen würden also allenfalls ein paar kleinen Fischen das Betrügen des Fiskus schwerer machen.

Lediglich bei der Geldwäsche wird in der Studie vorsichtig vermutet, dass eine Bargeldobergrenze helfen könnte. Es wird allerdings auch eingeräumt, dass Meldepflichten bei größeren Bartransaktionen das Gleiche leisten könnten, wenn auch mit größerem Kontrollaufwand.

Die Kommission schreibt, dass Restriktionen von Barzahlungen für die Bürger Europas ein heikles Thema sind, da viele von ihnen die Möglichkeit, mit Bargeld zu bezahlen, als fundamentale Freiheit einstufen, welche nicht beschränkt werden sollte.

Das vermutliche Haupthindernis, dass nämlich Bargeld laut Artikel 128 des EU-Vertrags (VAEU) gesetzliches Zahlungsmittel ist und deshalb nicht so leicht für bestimmte Transaktionen verboten werden kann, erwähnt die EU-Kommission wieder einmal mit keinem Wort.

Im Fazit des Berichts heißt es dann, dass die Kommission derzeit nicht auf  EU-Ebene gesetzgeberisch aktiv zu werden plant, um die Verwendung von Bargeld zu beschränken.  Schade. Ich hätte ihr gewünscht, mit einem solchen Versuch juristischen Schiffbruch zu erleiden.

In meinem Buch „Schönes neues Geld“, das am 16. August in die Buchläden kommt, erkläre ich, warum das keinesfalls bedeutet, dass die Kommission nicht hinten herum weiter an der Bargeldbeseitigung arbeitet. Ich zeige und belege, dass die EU-Kommission, ebenso wie Bundesregierung, Bundesbank und Europäische Zentralbank, in eine US-geführte, globale öffentlich-private Partnerschaft eingebunden sind. Sie verfolgen zusammen mit den führenden Weltkonzernen der IT- und Zahlungsverkehrsbranche das Ziel, alle Zahlungen zu digitalisieren und so die Bevölkerung gläsern und zentral überwachbar zu machen.

Wenn Sie das Buch zum Erscheinungstermin bekommen möchten, können Sie es vorbestellen, zum Beispiel im Online-Shop von Thalia, oder im lokalen Buchhandel. Es bietet für 19,95 Euro eine ziemlich gruselige, aber umso wichtigere Lektüre mit optimistischem Ausblick.

[2.8.2018]

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