Schlaglöcher auf dem Weg zum digitalen Euro – Finanzminister wollen erst wissen, wofür er gut sein soll

22. 06. 2023 | Die EU-Kommission hat die offizielle Vorstellung ihres Vorschlags für eine Verordnung zum digitalen Euro verschoben, nachdem die EU-Finanzminister Zweifel am Nutzen des neuen Geldinstruments für Bürger und Unternehmen geäußert haben.

Zuletzt sah der Zeitplan vor, dass die Kommission ihren Vorschlag für eine Verordnung zum digitalen Euro am 28. Juni vorstellt. Letzte Woche wurde ein Entwurf bereits publik und – auch von mir – kommentiert:

Verordnung zum digitalen Euro: Mit Zwangsmitteln soll ein Bargeldersatz in den Markt gedrückt werden
16. 06. 2023 | Der Vorschlag der EU-Kommission für die Verordnung zur Einführung des digitalen Euro, der mir vorliegt, enthält eine Vielzahl von Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung der Verbreitung des neuen Zahlungsmittels ohne erkennbaren Mehrwert für die Nutzer. Die einzige erkennbare Funktion des eEuro ist es, Bargeld verdrängen zu helfen, und der digitalen Totalüberwachung näherzukommen.

Nun hat die Kommission die Vorstellung des Vorschlags nach Information von CoinDesk auf unbestimmte Zeit verschoben.

Meine Einschätzung, dass das neue Geldinstrument, so wie geplant, keinen Mehrwert für Bürger und Unternehmen bietet, sondern nur dazu dient, die Bargeldverdrängung zu beschleunigen und für die Zeit nach dem Bargeld gerüstet zu sein, teilen offenbar auch die EU-Finanzminister, die sich am 15. Juni mit dem digitalen Euro befassten. Sie sagten, sinngemäß: ‚Wir sehen noch nicht, wie wir den Menschen erklären sollen, was der Vorteil eines digtitalen Euro ist“. Ausführlicher und freundlicher formuliert, in den Worten des Eurogruppenvorsitzenden Paschal Donohoe:

„Die heutige Diskussion fand vor dem Hintergrund statt, dass die Kommission ihre Arbeiten zur Vorlage eines Legislativvorschlags zu diesem Projekt abschließt. (…) Die Minister haben heute erörtert, wie wichtig es ist, eine überzeugende und klare Darstellung des Mehrwerts dieser Entwicklung und des Unterschieds zu entwickeln, den sie für das Leben der europäischen Bürger und für die Geschäftstätigkeit der Unternehmen in der Europäischen Union bedeuten würde. Wir erkennen an, dass es zwar eine breite Unterstützung für das laufende Projekt gibt, dass aber die Minister innerhalb unserer Institutionen diese Arbeit unterstützen, aber auch prüfen wollen, wie wir diese Darstellung weiter entwickeln können.“

Ein Vorschlag für eine parallele Verordnung zum Bargeld, bezüglich einer Harmonisierung von Annahmevepflichtung und Ausnahmen davon mit denen des digitalen Euro, sollte ebenfalls am 28.6. vorgestellt werden und dürfte auch von der Verschiebung betroffen sein.

Für alle, die der Diskussion um den digitalen Euro bisher noch nicht gefolgt sind, hier eine Erklärung, was das eigentlich ist:

Was ist ein digitaler Euro?

Digitale Guthaben, die auf Euro lauten und mit denen man bezahlen kann, gibt es schon heute in Form des Bankengeldes, auf dessen Basis wir Geld überweisen oder per Karte bezahlen. Diese digitalen Guthaben bei Banken stellen aber rechtlich nur Kredite an die Bank dar. Man hat dafür Anspruch auf Auszahlung echter Euro von der Zentralbank. Wenn die Bank Pleite geht, kann das Geld weg sein. Ein digitaler Euro ist, wie Bargeld, von der Zentralbank ausgegebenes und garantiertes Geld dar.

Bisher haben nur Banken Zugang zu digitalem Zentralbankgeld. Sie haben Guthabenkonten bei der Zentralbank über die sie den Zahlungsverkehr untereinander abwickeln. Die wesentliche Neuerung an digitalem Zentralbankgeld (für alle) bestünde darin, dass alle direkt oder indirekt Zugang zu solchem im digitalen Zahlungsverkehr einsetzbaren Zentralbankgeld bekämen.

Für den Euroraum ist die Variante vorgesehen, dass die Bürger zwar kein Konto bei der Zentralbank unterhalten können, aber spezielle Konten bei den Banken für digitales Zentralbankgeld. Anders als normale Bankguthaben ist das Guthaben darauf kein Kredit an die Bank, sondern ein Treuhandkonto, etwa so wie bei einem Wertpapierdepot. Der Kontoinhaber ist Eigentümer des Geldes darauf, die Bank verwaltet es nur als Dienstleister. Zentralbank und Bankaufsicht würden garantieren, dass ein digtialer Zentralbankeuro und ein Euro Bankguthaben den gleichen Wert behalten auf gleiche Weise im Zahlungsverkehr genutzt werden können.

Zum Schutz der finanziellen Privatsphäre sieht der Plan für den Euroraum vor, die Möglichkeit zu bieten, den digitalen Euro auf elektronische Geldbörsen zu laden, mit denen im direkten Kontakt mit dem Gläubiger bezahlt werden kann, ohne dass den Dienstleistern mehr bekannt wird als die Information, wie viel Geld abzubuchen ist.

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Mein Dossier zum digitalen Euro

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